FlamingO schrieb:Als was wird denn "Seele" hier aufgefasst? Gibt es da einen begrifflichen Konsens? "Seele" alttestamentarisch verstanden, wo Gott dem Menschen seinen Atem einhaucht – und ihn damit "beseelt? Oder begriffen als Gesamtheit persönlicher Empfindungen, als bewusstes Wahrnehmen seiner selbst und all dessen, was davon außerhalb steht, als Persönlichkeit, als Indivuduum, als Ich, als subjektives Begreifen innerer und äußerer Eindrücke?
Ich denke, man müsste das nicht mal unterscheiden, da es ohnehin über bestimmte Punkte verbunden durchaus zusammengehörend verstanden werden kann.
Nehmen wir erstmal die religiöse Semantik auseinander, nach der Gott (den ich schon weiter oben als stellvertretendes Mysterium für den Ursprung allen Seins definiert hatte) allem Leben einen Teil von sich gibt, wodurch es eigenständig wird. Im religiösen Vokabular als Seele bekannt. Seele ist also gleich "ein Teil eines ewigen Mysteriums, der dafür sorgt, dass das Leben in all seinen Facetten ist wie es ist."
Heute könnte man das auch gut und gerne als Programm verkaufen, das sich von einem Urheber geschrieben so oft vervielfältigen lässt, wie es gebraucht wird, und sich auch selbst organisieren, umschreiben kann, je nach Art der Anwendung. usw.
Etwas moderneres und damit griffigeres Vokabular.
Wie sind die Begründer dieser Idee von Gott und Seele überhaupt drauf gekommen, könnte man sich jetzt fragen. Da hab ich auch eine Überlegung zu:
Viele Dinge im Leben verlaufen zyklisch. Tageszyklus, Wochenzyklus, Monatszyklus, Jahreszyklus, selbst die Galaxis, in der unser Sonnensystem seine Kreise zieht, rotiert.
Das gleiche gilt auch für unseren Alltag. Viele Tätigkeiten, die wir täglich erledigen, verlaufen nach bestimmten Routinen, ausgetretenen Pfaden, nach wiederkehrenden Mustern. Im großen und ganzen auch zyklisch, mit gewissen Abweichungen, die aber auch wieder durch die Routinen anderer beteiligten Faktoren aus dem eigenen Takt gebracht werden. Könnte man sich auch durchaus wie ein Programm vorstellen, das ganz fein aufeinander abgestimmt, seine Routinen abarbeitet.
Darauf ist unsere ganze Biologie ausgelegt, und die bedingt selbstverständlich auch unsere Kognition. Man erkennt solche Prozesse, denkt in diesen, baut seine Modelle danach. Immer jeweils im Vokabular und mit der Semantik des vorherrschenden Zeitgeistes.
Das macht die Menschen bzw. sogar alle Lebewesen erstmal ein Stück weit vergleichbar, was ihre Verhaltensweisen und ihren Lebensverlauf angeht. Jeder spiegelt sich auch ein Stück weit in allem, was er erlebt. Weil die Muster sehr ähnlich sind. Geburt, Stoffwechsel, ggf. Reproduktion, tägliche Routinen abwickeln bis zum Tod.
Hier wird der Übergang noch mal interessant. Es geht weiter mit aufgehen der Einzelteile in der Natur - dem Kosmos - dem Grundprogramm, was schon seit Anbeginn offenbar laufen muss. Also aufgehen in allem was ist, was ja wieder das zu Anfang postulierte Ur-Mysterium ist. Wobei natürlich jedes Lebewesen den eigenen Lebensraum und damit das Laufende Grundprogramm entsprechend seiner Möglichkeiten geprägt und verändert hat.
Das Lebewesen verursachte durch sein bloßes Dasein was, und das wirkte auf die Umwelt, wurde im dortigen Programm für immer "eingespeichert". Dieses Kausalprinzip wäre hier als Karma - oder in anderen Kulturen als Seelenweg zu verstehen.
Ich vermute, dass das die Erfinder der Seele dazu bewog, auch von einer Art großem kosmischem Zyklus auszugehen. Der Mythos findet sich oft in verschiedenen Religionen. Eine immerwährende Neuordnung von allem was ist, wobei das was schon war nach dem Kausalprinzip immer auch entsprechend auf das wirkt, was ist. Da könnte man die berühmte Wiedergeburt, Seelenwanderung etc. hinein deuten.
Nur mal einpaar Gedanken, um hier zumindest bezüglich der Begrifflichkeiten einen Konsens zu zu suchen. Dass man das auch alles anders einordnen könnte, ist mir durchaus bewusst.