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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

15.766 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Vorfall, Dyatlov, Dyatlov Pass ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Dyatlov-Pass-Vorfall

31.03.2022 um 09:20
Zitat von NemonNemon schrieb:Sie waren gewarnt - von Rempel bezüglich des gefährlichen Waldrandes.
Wo hast du das her? In dem mir bekannten Vernehmungsprotokoll warnt Rempel davor, am Uralkamm entlangzugehen, weil es dort Schluchten und starken Wind gäbe. Sicherlich ist das Wort "Schlucht" hier diskutabel, das könnte aber auch an der Übersetzung vom Russischen bzw. einem dort anderen Sprachgebrauch liegen.

"To my statement, they answered that this for them will be considered the first class of difficulties." - Ich verstehe das in etwa so, dass auf die von Rempel geäußerten Bedenken eingewendet worden wäre, jene Schwierigkeit sei bei einer Wanderung der fraglichen höchsten Klasse eben notwendig. Hiermit kann lediglich das fortbewegen und campieren oberhalb der Baumgrenze gemeint sein - wovon Rempel ihnen offensichtlich abriet.

Im Übrigen kann ich mir immer, wenn ich diese Aussage lese, nicht verkneifen, den Verschwörungsmodus anzuwerfen: Die Route ist am 26. Januar noch unklar. Rempel warnt eindrücklich vorm wandern am Kamm um diese Jahreszeit; es sei lebensgefährlich. Sie geben an, sich an der "second northern mine" entscheiden zu wollen. Also am Abend des 27. Januar. In der Nacht wird Yudin angeblich krank - und kehrt am Morgen um. Zufall? *Verschwörungsmodus aus*

(ich bin schon auch der Auffassung, dass der irgendwann mal was gesagt hätte, wenn dem so gewesen wäre.)

Gibts eigentlich irgendwas von Yudin zum Thema Rempel, was dokumentiert ist?
Zitat von NemonNemon schrieb:Die wussten im Großen ud Ganzen schon, worauf sie sich einlassen, und bis auf ein paar bestimmte Dinge (wie eben die kalte Übernachtung im provisorischen Zeltmodus) war das keine der extremen Touren
Die Tour war also nicht extrem, wenn man die extremen Komponenten mal außenvor lässt. Ok... Also etwas wie eine Wanderung durch die Wüste, wenn man die Sache mit dem knappen Wasser mal ignoriert. ;)


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

31.03.2022 um 10:29
@Barabbas
Zitiere bitte den Rempel mit Quelle, dann sehe ich es mir noch mal an.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Die Tour war also nicht extrem, wenn man die extremen Komponenten mal außenvor lässt. Ok... Also etwas wie eine Wanderung durch die Wüste, wenn man die Sache mit dem knappen Wasser mal ignoriert. ;)
Es gibt höhere Berge und kältere Regionen.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

31.03.2022 um 11:26
Zitat von brownbunnybrownbunny schrieb am 01.08.2015:Hallo erstmal!
bin ja schon eine Weile stiller Mitleser dieses Threads und führe mir deshalb das Buch: "Dead Mountain" von Donnie Eichar zu Gemüte. Bin bei der Hälfte...
Was die Warnung vor dem Trip angeht, fiel mir nur diese Stelle ins Gedächtnis...
Dabei geht es meiner Meinung nach nur um die schwierigen klimatischen Bedingungen in diesen Bergen...

While Yudin was enraptured by these fantasy snowscapes, the
forester warned the rest of the hikers of the real winter condi-
tions outside. After Igor expressed the group’s intention to reach
Otorten Mountain, the forester strongly advised against such a trip.
“I expressed my opinion that it is dangerous to go over the Ural
ridge in winter,” Rempel later said, “as there are large ravines and
pits where one can sink, and winds are so strong that people can
be blown away.” Rempel told the hikers that although he hadn’t
experienced these dangers firsthand, he had heard stories of locals
making the mistake of similar trips.
But whatever argument the forester made, Igor insisted that
they were looking for a challenge. “We are prepared, we’re ready,
we’re not afraid,” Yudin remembers Igor saying. “The level of
preparation for the campaign of the Dyatlov group was much bet-
ter than that assumed by local residents.”
Even if Igor had believed that significant danger lay ahead,
as the forester was insisting, he wouldn’t have let that discourage
his group. Igor was “a fan of extremely dangerous situations—an
addict,” Yudin says. “He was deliberately finding and choosing
the most dangerous situations and overcoming them.” Perhaps,
then, the forester’s warning had the opposite effect to the one
intended: It only convinced Igor that he and his friends were on
the right path. After Igor copied down one of Rempel’s maps, which
was more detailed than the one they were carrying, the friends
thanked the forester, cast a last glance at the miniature curios and
went on their way.

Quelle: https://books.google.de/books?id=DlWjBxs45O0C&pg=PA112&lpg=PA112&dq=While+Yudin+was+enraptured+by+these+fantasy+snowscapes,+the++forester+warned+the+rest+of+the+hikers+of+the+real+winter+condi-+tions+outside.&source=bl&ots=v7IGR7IhXm&sig=FpN5JGns66VoSef4DEYInYZld34&hl=de&sa=X&ved=0CCQQ6AEwAGoVChMIqe-u9KKIxwIVww0sCh0mVQNa#v=onepage&q=While%20Yudin%20was%20enraptured%20by%20these%20fantasy%20snowscapes%2C%20the%20%20forester%20warned%20the%20rest%20of%20the%20hikers%20of%20the%20real%20winter%20condi-%20tions%20outside.&f=false
War Dyatlow ein Adrenalin-Freak, so wie Yudin das darstellt?


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31.03.2022 um 12:03
Hier war das Original Rempel bereits zitiert (Formatierungen gehen jetzt verloren, ich helfe ein wenig nach):
Zitat von NemonNemon schrieb am 19.07.2020:Übrigens wurde die Gruppe bei ihrer letzten Begegnung mit einem Menschen vom Forstmeister Rempel ausdrücklich vor den Tücken des Waldrandes in dieser Gegend gewarnt. Dort seien schon mehrere Menschen verunglückt. Er beschreibt genau, was dann auch passierte:
on January 25, 1959, a group of hikers addressed me as the head of the forestry, they showed me their route seeking advice what is the best way to get to Mt Otorten and asked me to familiarize them with our maps of the area where they are going. When I got acquainted with their route I expressed my opinion that in wintertime it is dangerous to go along the Ural ridge because there are large gorges, pits in which you can fall and besides there are strong winds raging, people have been hurt. I told them my concern because I know this area of the Ural range from the words of local resident, I myself have not been there. To my statement, they answered that this for them will be considered the first class of difficulties. I answered, good, but first I have to go through with it. I gave them a plan of the terrain, they copy their route on top and outlined the border of the forest plantations of the Ural range. I advised them to take a shortcut on one of our forest paths. They said that they will decide when they arrive at the 2nd Northern mine.
Quelle: https://dyatlovpass.com/case-files-46-47 (Hervorhebungen durch mich). Den Rest des Zitates habe ich einfach mal drangelassen, weil es interessante Aufschlüsse über die Ortskenntnis und Routenplanung im Vorfeld bietet.

Auch die Suchtrupps hatten Verletzungen zu beklagen und mussten Aktionen abbrechen, weil es zu gefährlich wurde - tagsüber.



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31.03.2022 um 12:17
Zitat von NemonNemon schrieb:Zitiere bitte den Rempel mit Quelle, dann sehe ich es mir noch mal an.
Свидетель показал: 25 января 1959 г. ко мне, как к руководителю лесничества обратилась группа туристов, которые показали свой маршрут движения и получить консультации как лучше им попасть на гору Оттортен и спрашивали ознакомить их с нашим планом той местности куда они пойдут. Когда я ознакомился с их маршрутом высказал свое мнение, что в зимнее время итти по уральскому хребту опасно т-к там имеются большие ущелья, ямы в которые можно провалиться и кроме того там свирепствуют сильные ветры, сносят людей. Это опасение я им высказал потому, что мне этот район уральского хребта известен со слов местного жителя, сам я там не бывал. На мое высказывание они ответили что это для нас будет считаться первым классом трудностей. Тогда я ответил, да сначала надо его пройти. Я дал им план местности они сделали выкупировку своего маршрута и нанесли границу лесонасаждений уральского хребта намеченного маршрута. Здесь же я им посоветовал чтобы они пошли более близким путем по одной из наших лесных просек. На это они ответили данный вопрос разрешим когда прибудем на второй северный рудник. После чего они от меня ушли и 26 января на попутной машине выехали в пос. 41 квартала.
Quelle: https://dyatlovpass.com/gallery-case-files-46-47
Zitat von NemonNemon schrieb:Es gibt höhere Berge und kältere Regionen.
Ich hab auch nicht von sportlichen Leistungen an der Grenze des Möglichen oder von einem Himmelfahrtskommando gesprochen. Sicherlich war es das nicht; sondern eine herausfordernde Schinderei, die in jener lebensfeindlichen Umgebung das Potential hatte, mit etwas Pech gefährlich zu werden.
Zitat von StreuselStreusel schrieb:War Dyatlow ein Adrenalin-Freak, so wie Yudin das darstellt?
Sind das gesicherte Originalzitate von Yudin?

Ich glaube ansonsten, es sollte niemanden überraschen, dass ein Mensch mit der Vita von Igor Dyatlov was für Abenteuer übrig hat. Für mich wäre eher fraglich, ob er zum Überschätzen der eigenen Fähigkeiten neigte. Wobei ich damit weniger körperliche Fähigkeiten meine, sondern vielmehr Abwägung und Erfahrung. Selbstreflexion, ob man die Natur oberhalb der Baumgrenze im Winter wirklich so gut kennt, um eine potentielle Gefahr korrekt einzuordnen.


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31.03.2022 um 12:34
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Ich glaube ansonsten, es sollte niemanden überraschen, dass ein Mensch mit der Vita von Igor Dyatlov was für Abenteuer übrig hat. Für mich wäre eher fraglich, ob er zum Überschätzen der eigenen Fähigkeiten neigte. Wobei ich damit weniger körperliche Fähigkeiten meine, sondern vielmehr Abwägung und Erfahrung. Selbstreflexion, ob man die Natur oberhalb der Baumgrenze im Winter wirklich so gut kennt, um eine potentielle Gefahr korrekt einzuordnen.
Bisher habe ich keine Aussage von relevanter Stelle gesehen, die ihn als Hasardeur kennzeichnet. Man hätte ihm wohl auch keine Gruppen anvertraut, wenn er in diesem Verdacht gestanden hätte. Und auch Yudin hätte sich ihm nicht angeschlossen.
Das Ganze ist per se Abenteuertum, ist doch klar. Und wie junge Männer drauf sind, ist auch bekannt. Er ging aber so in diesem ganzen Thema auf, dass es schon bei der Vorbereitung begann. Auch hatten sie formale Kriterien zu erfüllen. Das alles ist m. E. nichts, woraus man jetzt irgendwas basteln kann.
Sie waren gewarnt, und ihnen ist ziemlich genau das passiert, wovor sie gewarnt wurden. Man muss hierbei aber berücksichtigen, dass es eine Verkettung unglücklicher Umstände war. Das Ganze wäre wahrscheinlich gut gegangen, wenn nicht das Ereignis X eingetreten wäre.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

31.03.2022 um 14:29
Zitat von NemonNemon schrieb:Bisher habe ich keine Aussage von relevanter Stelle gesehen, die ihn als Hasardeur kennzeichnet.
Ein Verzicht auf Grautöne ist nicht wirklich angezeigt. Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen einem Hasardeur und einem Menschen, der aufgrund einer Führungsrolle Entscheidungen zu treffen hat, welche ein Experte so ggf. anders fassen würde.
Zitat von NemonNemon schrieb:Das Ganze ist per se Abenteuertum, ist doch klar. Und wie junge Männer drauf sind, ist auch bekannt.
Eben.

Ich halte es weder für zielführend, Dyatlov oder die Gruppe als Ganzes als jugendlich-leichtsinnige Amateure hinzustellen, noch jeglichen Schimmer dahingehender Gedanken von vornherein zu verteufeln. Es handelt sich hier weder um Pappnasen, noch um Experten fürs winterliche Gebirge. Und bei Dyatlov sicherlich weder um einen Adrenalinjunkie, noch um einen unautoritären entscheidungsschwachen Menschen.

Das eigentlich ärgerliche an dieser Diskussion ist, dass es überhaupt nicht darum geht, Dyatlov zum Schuldigen zu machen. Sondern darum, sich an die psychologische Situation der Gruppe heranzutasten, welche zu dieser Katastrophe führte, obwohl im Zelt womöglich keine akute Lebensgefahr herrschte. Ich weiß, du gehst von kollektiver fortgeschrittener Hypothermie aus; aber mir haben die Folgeereignisse dafür zu viele logische Fehler.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

31.03.2022 um 18:35
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Das eigentlich ärgerliche an dieser Diskussion ist, dass es überhaupt nicht darum geht, Dyatlov zum Schuldigen zu machen. Sondern darum, sich an die psychologische Situation der Gruppe heranzutasten, welche zu dieser Katastrophe führte, obwohl im Zelt womöglich keine akute Lebensgefahr herrschte. Ich weiß, du gehst von kollektiver fortgeschrittener Hypothermie aus; aber mir haben die Folgeereignisse dafür zu viele logische Fehler.
Was ist hier jetzt ärgerlich? Ich gehe nur nicht so ohne weiteres mit, wenn pychologisiert wird in die Richtung, dass da Spannungen sich entladen haben oder so. Das waren keine Dschungelcamper von heute, sondern Sowjet-Menschen, die zunächst mal im Kollektiv gedacht und gehandelt haben. Andererseits waren diese Abenteuer auch ein Ausbruch aus diesem allgegenwärtigen System, und dass es alles andere als Roboter waren, ist ja auch klar. Aber ohne eine entscheidende Einwirkung, einen Faktor X, lässt sich da nach meinem Dafürhalten eher keine Eskalation triggern.

Bei mir ist die Hypothermie auch nur ein Teil einer Eskalation von Umständen und Effekten. (Es gibt u. U. noch einen, den ich bislang nie ausgeprochen habe, weil ich das noch nicht recherchieren konnte). Bei der Version, die ich bevorzuge, und die von Günter Wolf besser untermauert wurde als alles andere, das da mit Wind und Wetter zu tun hat, ist die Situation im Zelt durchaus unmittelbar lebensbedrohlich. Wab hat sich darauf nie richtig eingelassen, er meint, das sei alles im Rahmen gewesen. Dabei nimmt er aber das extreme Wetterereignis nicht richtig an, und bringt den unbelegbaren Infraschall ein. Bei Günter bekommt dieser innerhalb des Karman-Vortex mit den Windpeitschen immerhin eine nachvollziehbarere Form.

Soll ich jetzt auf die angeblichen Logik-Fehler eingehen? Eher nicht. Wahrscheinlich waren wir da eh schon durch 😜


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.04.2022 um 10:40
Zitat von NemonNemon schrieb:Aber ohne eine entscheidende Einwirkung, einen Faktor X, lässt sich da nach meinem Dafürhalten eher keine Eskalation triggern.
Sag ich ja auch nicht. Vielmehr bin ich der Überzeugung, dass die notwendige Intensität des Faktor X durchaus wesentlich von Gruppenpsychologie abhängig ist.
Zitat von NemonNemon schrieb:Das waren keine Dschungelcamper von heute, sondern Sowjet-Menschen
Himmel, was sind denn Sowjet-Menschen? Ich bin Ossi und kann versichern, dass im Sozialismus sozialisierte Menschen weitgehend genauso ticken, wie alle anderen. Menschen sind egoistisch. Und jeder der was anderes behauptet, macht sich selbst was vor. Zuerst ans Kollektiv gedacht wird nur, wenn das Kollektiv für das individuelle Vorankommen essentiell ist. Dies war bei der Dyatlov-Gruppe der Fall - und keine besondere kommunistisch-kameradschaftliche Prägung notwendig. Dass die Teilnehmer allein durch die Tatsache, dass sie offensichtlich Spaß an solchen Aktionen hatten, sicherlich geselliger/kollektiver veranlagt waren als so mancher Eigenbrötler, ist ja dennoch richtig und wichtig.
Zitat von NemonNemon schrieb:Bei der Version, die ich bevorzuge, und die von Günter Wolf besser untermauert wurde als alles andere, das da mit Wind und Wetter zu tun hat, ist die Situation im Zelt durchaus unmittelbar lebensbedrohlich.
Die Schwäche an dieser Version, die mir prinzipiell herausragend 'gefällt', ist nun einmal die Tatsache, dass im Zelt keinerlei kollektive Vorbereitung auf eine potentiell bedrohliche Situation stattfand. Plötzliche Fallwinde, Windpeitschen, herabsinkende Kaltlufttropfen hin oder her: Sowas kommt nicht unvermittelt aus der Flaute. Da muss schon vorher 'Wetter' sein und der Temperaturschock kommt zwar schnell, aber nicht in Wimpernschlägen. Und dann widersprecht es jeder Vernunft und der analytischen Betrachtungsweise, ein paar Dinge (Schuhe!), die bei einer möglichen Verschlimmerung der Situation wichtig wären, nicht zumindest griffbereit zu haben. Ich denke dabei immer an ein Schiff in einem Sturm. Selbst wenn der noch beherrschbar scheint, wird sich da auch nicht nur auf die Diensthabenden Matrosen verlassen, sondern alle sind in Alarmbereitschaft.

Aber ja, das ist wahrscheinlich bereits ausdiskutiert.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.04.2022 um 10:56
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Die Schwäche an dieser Version, die mir prinzipiell herausragend 'gefällt', ist nun einmal die Tatsache, dass im Zelt keinerlei kollektive Vorbereitung auf eine potentiell bedrohliche Situation stattfand. Plötzliche Fallwinde, Windpeitschen, herabsinkende Kaltlufttropfen hin oder her: Sowas kommt nicht unvermittelt aus der Flaute.
Ohne es jetzt ganz neu aufrollen zu wollen, denn das war tatsächlich alles schon besprochen:
Die Wetterlage war ja schon extrem. Aus der Flaute kam daher auf keinen Fall etwas. Ich sehe die Kritikpunkte als berechtigt an, muss aber auch sagen: Merkt man noch den Unterschied zwischen -30° C und -50° C, so dass es einen Moment gibt, an dem es heißt: Kleidung und Werkzeug sammeln? Oder ist der graduelle Übergang ins Delirium nicht vielleicht eher der maßgebliche Faktor? Aber das Erkennen des sicheren Todes war ja auch bei mir ein wesentlicher Panik-Faktor. Bis dahin musste man aber sich darüber im Klaren sein, dass, wenn überhaupt, nur das Zelt eine Überlebenschance bietet. Für das Zelt waren sie bestens angezogen, da hätte eine feuchte Oberschicht/Schuhe nichts verbessert. Werkzeug etc. war nicht einfach so greifbar in dieser Situation, der Enge unter den Schlägen der Zeltplane.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Himmel, was sind denn Sowjet-Menschen? Ich bin Ossi und kann versichern, dass im Sozialismus sozialisierte Menschen weitgehend genauso ticken, wie alle anderen.
So ganz an den Haaren herbeigezogen ist das nicht. Die waren schon so sozialisiert, dass individuelle Befindlichkeiten hinter dem Kollektiv zurückstehen. Das ist dann eine Grundeinstellung, die zunächst mal dominiert. Kameradschaft bzw. Prinzipien und Verhaltensregeln in Sportlergruppen kommen hinzu. Sogrin hat es in seinem Buch aufgegriffen. Er idealisiert vielleicht etwas und nimmt die Gruppe gegen jeden Dreck in Schutz, der da geworfen wurde. Aber wenn er sagt, die hätten sich damals eher einen Arm abgehackt, als einen Kameraden liegen zu lassen, wird da schon was dran sein. Ohne, dass man es überbewertet.

Im Übrigen wurde das Sowjet-Thema ja auch ganz konträr gespielt. Für einige User war eher eine Todes-Schwadron der Roten Armee unterwegs - ein Pulverfass, das jederzeit explodieren konnte.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.04.2022 um 12:08
Zitat von NemonNemon schrieb:Merkt man noch den Unterschied zwischen -30° C und -50° C, so dass es einen Moment gibt, an dem es heißt: Kleidung und Werkzeug sammeln? Oder ist der graduelle Übergang ins Delirium nicht vielleicht eher der maßgebliche Faktor?
Wir hatten das schon ausdiskutiert. Ich meinte, dass bei bereits im Zelt vorliegender Hypothermie - wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt - der folgende Ablauf nicht vorstellbar scheint. Du hattest entgegnet, dass das aus deiner Sicht trotzdem machbar gewesen wäre. Fertig.

Was hinzukommt ist, dass Temperatur und Windgeschwindigkeit, wie sie Günther Wolf beschreibt, zwar extrem sind, aber dennoch im Rahmen dessen, was man auf einem Berg im subpolaren Ural um diese Jahreszeit erwarten muss. Dass Gebirge gerade am Abend schnelle Wetterumschwünge mit sich bringen, ist auch kein Geheimnis. Dennoch ist zu lesen, dass das Campieren an der fraglichen Stelle nicht wirklich Kritik in Fachkreisen hervorrief . Andererseits äußert Wolf, die Bedingungen waren (wenn ich mich recht entsinne, schon bevor der Kaltlufttropfen abgesackt sein soll) am Hang nicht zu überleben. Das beißt sich. Es kann doch nicht sein, dass die Position des Zeltes keinen überraschte, wenn diese doch bei sehr ungünstigem aber durchaus vorkommendem Wetter der sichere Tod gewesen sein soll. Ein Grund für die dennoch lebensgefährliche Situation soll das von vornherein nicht gänzlich intakte Zelt gewesen sein. Ergo eine Fehleinschätzung, von der wir erneut nicht wissen, ob diese von einzelnen Gruppenmitgliedern schon vor der Katastrophe benannt worden war und zu einer erhöhten (womöglich voreiligen) Fluchtbereitschaft samt gruppendynamischer Folgen beigetragen haben könnte, welche in der bekannten panischen Flucht gipfelte. Die Fehleinschätzung vom Vortag, welche überhaupt dazu führte, dass man sich in der fraglichen Nacht an der fraglichen Stelle befand, wird immerhin noch in den Köpfen gewesen sein.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.04.2022 um 12:20
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Andererseits äußert Wolf, die Bedingungen waren (wenn ich mich recht entsinne, schon bevor der Kaltlufttropfen abgesackt sein soll) am Hang nicht zu überleben. Das beißt sich. Es kann doch nicht sein, dass die Position des Zeltes keinen überraschte, wenn diese doch bei sehr ungünstigem aber durchaus vorkommendem Wetter der sichere Tod gewesen sein soll.
Na, jetzt wird es ungenau. Das müsste man wirklich am Wortlaut beurteilen. Ich habe es plausibel in Erinnerung.
Ob dann so eine Situation kippt und tödlich wird, kann an Kleinigkeiten liegen. Das wusste die Gruppe in dieser Form nicht, und solche Fehler in Pionierzeiten haben einen Lerneffekt für die Nachfolger. Sie werden vor nicht berechnet haben, wie viel Wärmeverlust in Watt sie gerade unterliegen, weil ein Loch in der Zeltwand ein Stückchen zu groß ist. Ab welchem Punkt bei Günter die Energiebilanz tödlich ist, weiß ich nicht mehr auswendig Aber es ist ja alles dokumentiert ...

Wir haben eben gesprochen, aber über etwas anderes. Dazu nachher mehr.


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01.04.2022 um 12:50
Zitat von NemonNemon schrieb:Hier der Artikel, um den es geht:
https://www.nature.com/articles/s43247-022-00393-x

Nach einem ersten Überfliegen sehe ich nach wie vor keine überzeugenden Argumente.
Ich muss es mir die Tage mal genauer ansehen.
Aber ich wüsste mach wie vor unter anderem nicht, wie das Szenario auf das reale Szenario passen sollte.
Es wäre ja alles so schön einfach, würde aber vorne und hinten nicht in die Details der Unglücksnacht passen.

War die St. Petersburger Meteorologin nicht die, die zuvor schon komplett daneben lag?

Auch unterscheidet sich der Schnee da alle paar Meter je nach Höhe, Geländebeschaffenheit, Sonneneinstrahlung und Wind etc. Was sagt da eine Beobachtung 3km entfernt vom Zeltplatz aus.
Also denn, jetzt etwas zu dem neuen Artikel der Schweizer. Ich hatte meine Zweifel, die so weit gingen, das könnte gefaked sein. Günter Wolf hat jetzt einige Stunden investiert und sich das genau angesehen. Er hat die Fachkenntnisse und das technische Instrumentarium, um das Gelände und die Windverhältnisse kompetent zu lesen.

Ich versuche es jetzt mal kurz zu halten. Im Wesentlichen lautet das Fazit: Mit diesem nachgereichten Artikel haben die Schweizer kein Stück weit etwas neu belegt oder gar ihre bekannte Arbeit besser untermauert. Es ist sogar noch dubioser geworden. Der gesamte Artikel folgt keinen wissenschaftlichen Standards. Anscheinend reicht es aber, damit die Presse mitzieht und unkritische Zeitgenossen darin eine Bestätigung der Lawinen-These sehen.

Da machen sich also die zwei Russen auf die aufwändige und extrem gefährliche Expedition an den Kholat Syakl, um was mit zurückzubringen? Eine Drohnen-Aufnahme und drei, vier Fotos? Keine Dokumentation, die wissenschafltichen Ansprüchen auch nur im Ansatz genügt? Jedenfalls hält Puzrin sie zurück. Wird wohl wissen, warum. So oder so.

Zur Sache:

Dieser angebliche Lawinen-Abgang auf der Abbildung mit der erkennbaren Geländeformation ist keiner und war nie einer. Dieser "Krater" befindet sich dort schon immer oben an der Kante des Hanges. Von dort ist kein Schnee abgerutscht. Es hat sich eine Schneewechte gebildet, von denen es unzählige gibt (die Unglücksstelle Slobodin war dasselbe in kleinerem Maßstab). An dieser Stelle des Bergrückens ist die Geschwindigkeit des Windes, der von Westen her über den Berg zieht, ca. 50% geringer als im Norden, auf der Seite, unter der das Zelt stand. Daher bildet sich hier eine solche Wechte mit überhängender Schnee-Kante. Mehr Schnee sammelt sich aber auch dort nicht an. Und wer sich das Bild genau ansieht, wird auch verstehen, dass da nichts ist, was einen Hang hinabrutschen kann. In der Talsohle dieser Ausbuchtung zeigen sich auch nicht die Schneebrocken, die jede Lawine kennzeichnen.
Im Übrigen befand sich diese Geländeformation schon immer dort, und sie sieht immer gleich aus. Günther hat Fotos und Videos aus verschiedenen Jahren analysiert. Das ist eindeutig. Bildmaterial werde ich ggf. noch nachreichen.

Nun zum anderen Foto: Dieser Hang hat eine Neigung von 45°, also 100%. Einen solchen Hang-Abschnitt gibt es am Kholat Syakl weit und breit nicht, und der Artikel weist nicht einmal nach, wo sich die fotografierte Stelle mit der Lawine denn befinden soll. Da sind wir hart an der Grenze von Fake News. Hat mit dem Zeltplatz sowieso alles rein gar nichts zu tun.

Dann die Visualisierung anhand der Drohnen-Aufnahme: Die zeigt uns überhaupt nichts Neues. Dass das Gelände eine felsige Buckelpiste ist, die voll von Senken ist, war schon immer bekannt, abgebildet und auch handvermessen. Abbildungen hierzu reichlich im Thread. Wenn das also mal über zwei, drei Meter 30°+ Neigung herrschen, macht das keinen Lawinenhang. Im Gegenteil ist die stark kompaktierte, vereiste Schneeschicht (die kaum Schichtaufbau zeigt, wie belegt) mit dem Gelände stark verzahnt. Die angeblich 1,50 m aufgetürmten, herangewehten Schnee hat es nie gegeben. Sowie auch die beim Zeltbau in den Hang gearbeitete Schneekante nur 40 - 50 cm hoch war. Etc. pp. Alles schon ausgiebig im Thread besprochen.

Der neue Artikel liefert nichts Neues, und erst recht keine Untermauerung der Lawinen-These.


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07.04.2022 um 18:07
@Nemon, im Artikel https://www.nature.com/articles/s43247-022-00393-x im Anhang --> Movie #2 ( https://static-content.springer.com/esm/art%3A10.1038%2Fs43247-022-00393-x/MediaObjects/43247_2022_393_MOESM3_ESM.mov ) - dort erkennt man aber deutlich dass da ein Schneebrett abgegangen ist. Wobei "man" vielleicht nicht für den Durchschnittsbürger steht, sondern zumindest für Skitourengänger oder Höhenbergsteiger. (Du bezeichnest es als Lawine - kann man machen - da ein Schneebrett ein Lawinentyp ist, also quasi für Dich auch als einen angeblichen Schneebrett-Abgang zu bezeichnen )

Und vielleicht könnte man sich auf darauf einigen dass der Mindestgehalt an wissenschaftlichem Beitrag in der Vermessung des Hanges (mit Auflösung 9 cm) und der 3D-Modellierung besteht - mit der Möglichkeit das Profil mit der bekannten kritischen 30° - Hangneigung zu vergleichen.

Eine (erstmalige) Fotodokumentation einer Lawine/Schneebrett in diesem Gebiet (wenn auch nicht exakt vor Ort) mag durchaus auch als wissenschaftlicher Beitrag gelten. Die anderen aufgeführten Kritik-Punkte am ursprünglichen Artikel die geprüft werden sollten (Schneehöhe oberhalb des Zeltes, damalige Windbedingungen und Schneetransport Menge/Winter) und auf die in diesem Artikel eingegangen wird kamen ja von anderen Quellen.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

07.04.2022 um 19:22
Zitat von bergfreundbergfreund schrieb:dort erkennt man aber deutlich dass da ein Schneebrett abgegangen ist.
Lawine oder Schneebrett - wie auch immer. Wo genau soll die denn abgegangen sein? Ist das im Bericht lokalisiert oder vage gehalten? Es gibt eine Stelle, 12 km entfernt, die dafür bekannt ist. (Mit Foto hier im Thread). Das ist nicht am Zeltplatz und auch nicht am Ort der abgebildeten Wechte/Einbuchtung.
Zitat von bergfreundbergfreund schrieb:Und vielleicht könnte man sich auf darauf einigen dass der Mindestgehalt an wissenschaftlichem Beitrag in der Vermessung des Hanges (mit Auflösung 9 cm) und der 3D-Modellierung besteht - mit der Möglichkeit das Profil mit der bekannten kritischen 30° - Hangneigung zu vergleichen.
Ja, von mir aus. Drohnen-Aufnahme hatte ich aber auch erwähnt. Der Hang wurde schon vermessen, und wie er im Winter und Sommer aussieht, ist bekannt. Also kein Game Changer. Aber eine wissenschaftliche Foto-Dokumentation sehe ich hier nicht.

Ich werde, wie angekündigt, noch Bildmaterial hier einstellen, das zeigt, dass die angesprochene Geländeformation auf der anderen Seite des Gipfels schon immer da war und nichts mit Schneebrett oder Lawine zu tun hat. Und die bekannte Stelle Richtung Otorten wird auch noch mal dabei sein.


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08.04.2022 um 18:25
Zitat von NemonNemon schrieb:Wo genau soll die denn abgegangen sein?
Das ist exakt beschrieben und mit Ziffer(n) 3x in den Fotos referenziert, eben die erwähnten knapp 3 km vom letzten Zeltstandort entfernt. Und neben den offensichtlichen Gemeinsamkeiten mit 1959 führen sie ja auch die Unterschiede in 2021/2022 auf: steilerer Hang, weicheres Schneebrett und vermutlich anderer Auslösemechanismus.


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08.04.2022 um 18:32
Zitat von bergfreundbergfreund schrieb:Das ist exakt beschrieben und mit Ziffer(n) 3x in den Fotos referenziert
Wir kommen nicht drum herum, das hier genau abzubilden...
Wie gesagt, ich habe was in Arbeit und mache es. Solltest du vorher schon deine Aussage belegen, hätte ich auch nichts dagegen ;)


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09.04.2022 um 00:24
@bergfreund
@Nemon
Geht es wieder darum ob ein Schneebrett möglich, aber zu diesem Zeitpunkt als jedwederart Auslöser für Irgendwas als sehr unwahrscheinlich verteidigt werden soll?


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09.04.2022 um 11:55
@skagerak
Ich verstehe deine Frage nicht so recht. Ich dachte, ich hätte in etwa gesagt, worum es mir geht. Und wie soll ein Schneebrett gleichzeitig als möglich, aber unwahrscheinlicher Auslöser verteidigt werden?


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09.04.2022 um 12:11
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Geht es wieder darum ob ein Schneebrett möglich, aber zu diesem Zeitpunkt als jedwederart Auslöser für Irgendwas als sehr unwahrscheinlich verteidigt werden soll?
Wenn Schweizer belegen, dass eine Lawine dort abgehen kann, dann ist das nicht viel mehr als ein belegbarer Elch.
Also steht es gegenüber meiner Theorie 1:1 unentscheiden. :D

Ich muss tatsächlich zustimmen. Wer für sich in Anspruch nehmen will, des Rätselslösung zukennen, der sollte auch alle Fakten erklären.


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