Nemon schrieb:Hier der Artikel, um den es geht:
https://www.nature.com/articles/s43247-022-00393-x
Nach einem ersten Überfliegen sehe ich nach wie vor keine überzeugenden Argumente.
Ich muss es mir die Tage mal genauer ansehen.
Aber ich wüsste mach wie vor unter anderem nicht, wie das Szenario auf das reale Szenario passen sollte.
Es wäre ja alles so schön einfach, würde aber vorne und hinten nicht in die Details der Unglücksnacht passen.
War die St. Petersburger Meteorologin nicht die, die zuvor schon komplett daneben lag?
Auch unterscheidet sich der Schnee da alle paar Meter je nach Höhe, Geländebeschaffenheit, Sonneneinstrahlung und Wind etc. Was sagt da eine Beobachtung 3km entfernt vom Zeltplatz aus.
Also denn, jetzt etwas zu dem neuen Artikel der Schweizer. Ich hatte meine Zweifel, die so weit gingen, das könnte gefaked sein. Günter Wolf hat jetzt einige Stunden investiert und sich das genau angesehen. Er hat die Fachkenntnisse und das technische Instrumentarium, um das Gelände und die Windverhältnisse kompetent zu lesen.
Ich versuche es jetzt mal kurz zu halten. Im Wesentlichen lautet das Fazit: Mit diesem nachgereichten Artikel haben die Schweizer kein Stück weit etwas neu belegt oder gar ihre bekannte Arbeit besser untermauert. Es ist sogar noch dubioser geworden. Der gesamte Artikel folgt keinen wissenschaftlichen Standards. Anscheinend reicht es aber, damit die Presse mitzieht und unkritische Zeitgenossen darin eine Bestätigung der Lawinen-These sehen.
Da machen sich also die zwei Russen auf die aufwändige und extrem gefährliche Expedition an den Kholat Syakl, um was mit zurückzubringen? Eine Drohnen-Aufnahme und drei, vier Fotos? Keine Dokumentation, die wissenschafltichen Ansprüchen auch nur im Ansatz genügt? Jedenfalls hält Puzrin sie zurück. Wird wohl wissen, warum. So oder so.
Zur Sache:
Dieser angebliche Lawinen-Abgang auf der Abbildung mit der erkennbaren Geländeformation ist keiner und war nie einer. Dieser "Krater" befindet sich dort schon immer oben an der Kante des Hanges. Von dort ist kein Schnee abgerutscht. Es hat sich eine Schneewechte gebildet, von denen es unzählige gibt (die Unglücksstelle Slobodin war dasselbe in kleinerem Maßstab). An dieser Stelle des Bergrückens ist die Geschwindigkeit des Windes, der von Westen her über den Berg zieht, ca. 50% geringer als im Norden, auf der Seite, unter der das Zelt stand. Daher bildet sich hier eine solche Wechte mit überhängender Schnee-Kante. Mehr Schnee sammelt sich aber auch dort nicht an. Und wer sich das Bild genau ansieht, wird auch verstehen, dass da nichts ist, was einen Hang hinabrutschen kann. In der Talsohle dieser Ausbuchtung zeigen sich auch nicht die Schneebrocken, die jede Lawine kennzeichnen.
Im Übrigen befand sich diese Geländeformation schon immer dort, und sie sieht immer gleich aus. Günther hat Fotos und Videos aus verschiedenen Jahren analysiert. Das ist eindeutig. Bildmaterial werde ich ggf. noch nachreichen.
Nun zum anderen Foto: Dieser Hang hat eine Neigung von 45°, also 100%. Einen solchen Hang-Abschnitt gibt es am Kholat Syakl weit und breit nicht, und der Artikel weist nicht einmal nach, wo sich die fotografierte Stelle mit der Lawine denn befinden soll. Da sind wir hart an der Grenze von Fake News. Hat mit dem Zeltplatz sowieso alles rein gar nichts zu tun.
Dann die Visualisierung anhand der Drohnen-Aufnahme: Die zeigt uns überhaupt nichts Neues. Dass das Gelände eine felsige Buckelpiste ist, die voll von Senken ist, war schon immer bekannt, abgebildet und auch handvermessen. Abbildungen hierzu reichlich im Thread. Wenn das also mal über zwei, drei Meter 30°+ Neigung herrschen, macht das keinen Lawinenhang. Im Gegenteil ist die stark kompaktierte, vereiste Schneeschicht (die kaum Schichtaufbau zeigt, wie belegt) mit dem Gelände stark verzahnt. Die angeblich 1,50 m aufgetürmten, herangewehten Schnee hat es nie gegeben. Sowie auch die beim Zeltbau in den Hang gearbeitete Schneekante nur 40 - 50 cm hoch war. Etc. pp. Alles schon ausgiebig im Thread besprochen.
Der neue Artikel liefert nichts Neues, und erst recht keine Untermauerung der Lawinen-These.