Wenn ich mir die Masse der Berichte und Erzählungen ansehe – und eben gerade nicht nur auf Allmy – dann komme ich nicht umhin, zu glauben („glauben“ im Sinne von „mit guten Gründen für wahr halten, ohne es 100 Prozent beweisen zu können“ – solche „Beweise“ gibt es ja ohnehin nur in der Mathematik und der formalen Logik), dass da „was dran ist“.
Ich selbst habe noch nie eine Geistererscheinung erlebt oder etwas anderes, was man als „Paranormal“ bezeichnen müsste. Aber ich bin ja auch nur der kleinste Teil der Welt, und kann mir nicht anmaßen, meine subjektive Erfahrung (oder eben Nicht-Erfahrung) zum absoluten Maßstab für alle zu machen.
Das Erleben von Geistererscheinungen ist nunmal zunächst ein subjektives Erlebnis. Und – sofern wir Wahrnehmungen und Erlebnisse nicht mit Telepathie direkt ins Hirn des Anderen „beamen“ können – wenn andere von diesem Erlebnis erfahren sollen, dann muss halt derjenige, der es erlebt haben will, davon erzählen. Diese Erzählung kann nun wahr sein oder auch nicht – 100 Prozent kann ich meistens weder das eine noch das andere beweisen. Ich muss dann halt in jedem einzelnen Fall abwägen, für wie glaubwürdig ich das Zeugnis halte. Diese Arbeit muss ich mir aber schon machen, statt einfach von vorne herein pauschal alles „wegzubügeln“, was nicht in ein vorgefasstes Weltbild passt, demzufolge es gefälligst keine Geister zu geben hat.
Wenn man partout etwas glauben – oder eben auch nicht glauben will –, dann findet man immer Gründe, warum man das, was man nicht glauben will, bezweifelt. Im einfachsten Fall bezeichnet man es halt einfach als „Halluzination“ - damit könnte man sogar eigene Geistersichtungen leicht und bequem „wegerklären“. Natürlich kann ich immer sagen: „Ich WILL das einfach nicht glauben – und deshalb MÜSSEN all diese Berichte auf Lüge, Täuschung oder Halluzination beruhen“. Dann beißt sich die Katze wunderschön in den Schwanz: „Alle Berichte, die auf die Existenz von Geistern hinweisen könnten, müssen auf Täuschung oder Lüge beruhen, denn es gibt ja keine Geister. Und Geister gibt es deshalb nicht, weil alle Berichte, die auf die Existenz von Geistern hinweisen könnten, auf Täuschung und Lüge beruhen. Woher ich das weiß? Na ja, Geister gibt es nicht und deshalb müssen ja alle Berichte ….“ etc. etc. ad infinitum Wenn man mit dieser Einstellung an die Sache herangeht, dann hat man es natürlich bequem und braucht seine persönliche Komfortzone niemals zu verlassen - confirmation bias at its best!
Ich halte mich dagegen lieber im Urteil zurück, beobachte und stelle fest, dass zahlreiche Menschen immer und immer wieder über Geistererscheinungen und Spuk berichtet haben und berichten - und zwar eben nicht nur die hier viel zitierten betrunkenen Jäger am Stammtisch nach der dritten Mass oder gelangweilte Teenager in den Ferien, die auf Foren wie Allmy rumtrollen, sondern auch viele ganz nüchterne (in jedem Sinne des Wortes), ehrliche und verantwortungsbewusste Menschen, die von ihren Geistersichtungen berichten, obwohl sie von diesen Berichten absolut nichts zu gewinnen, sondern allenfalls an Reputation und Ansehen zu verlieren haben.
Wenn man den festen Willen zum Unglauben nicht hat, sondern sich einfach nur nüchtern und unvoreingenommen mit der entsprechenden Literatur beschäftigt – bester Ausgangspunkt ist immer noch
https://www.esalen.org/ctr-archive/book-phantasms.html (Archiv-Version vom 19.08.2017) –, muss man feststellen: Da ist ein Geheimnis, das wir nicht adäquat erklären können.
Und deshalb halte es da auch mit dem Philosophen Immanuel Kant und sage, dass diese „Unwissenheit macht (...), daß ich mich nicht unterstehe so gänzlich alle Wahrheit an den mancherlei Geistererzählungen abzuleugnen, doch mit dem gewöhnlichen, obgleich wunderlichen Vorbehalt, eine jede einzelne derselben in Zweifel zu ziehen, allen zusammen genommen aber einigen Glauben beizumessen. Dem Leser bleibt das Urtheil frei; was mich aber anlangt, so ist zum wenigsten der Ausschlag (...) bei mir groß gnug, mich bei Anhörung der mancherlei befremdlichen Erzählungen dieser Art ernsthaft und unentschieden zu erhalten. Indessen da es niemals an Gründen der Rechtfertigung fehlt, wenn das Gemüth vorher eingenommen ist, so will ich dem Leser mit keiner weiteren Vertheidigung dieser Denkungsart beschwerlich fallen.“