Misanthropen - die "anderen" Menschen
03.02.2015 um 10:19
Bevor ich meine ersten Gedanken zum Thema schreibe, möchte ich ein Gedicht eines meiner Lieblingsdichter anbringen:
Sosehr Du vermagst
Wenn du dein Leben nicht gestalten kannst, wie du willst,
Bemühe dich zumindest, soweit wie möglich,
Es nicht herabzuwürdigen
Durch zuviel Kontakt mit der Welt,
Durch zuviel Geschäftigkeit und Gespräch.
Würdige es nicht herab,
Indem du es überall hinträgst
Und es dem täglichen Unsinn
Von Beziehungen und Kontakten aussetzt,
Bis es zu einem lästigen Besucher wird.
Die Übersetzung ist suboptimal, der Inhalt aber ist quasi unverfälscht wiedergegeben. Ich bin seit meiner Jugendtage dabei, meine gesellschaftlichen Wünsche und Hoffnungen mit politischem Engagement zu verwirklichen, nach über zehn Jahren "im Geschäft" bin ich aber aus mehreren Gründen mittlerweile zu einem ziemlich pessimistischen Menschen geworden.
Zum einen wegen der strukturellen Schwäche, welche die Gruppen, die ich bisher immer unterstützt habe vorweisen. Ich habe eine Zeit lang mit einer Hochschulgruppe gearbeitet, die mir sehr sympathisch war, weil sie zum Ziel hatte, nicht nur Hochschulpolitik zu machen sondern auch Streiks und außeruniversitäre Kämpfe zu unterstützen, was mich als Kind nicht akademisch gebildeter Eltern sehr angesprochen hat. Aber es kam wie es irgendwie bei Hochschulgruppen immer kommt, am Ende mußte ich feststellen, daß eine wirklich offene Diskussion bzw. Meinungsvielfalt nicht geschätzt wurde und die ziemlich vereinheitlichte Linie der Gruppe dann auch noch einem bescheuertem Neusprech verfasst wurde, hab ich aufgehört darin meine Zeit zu verschwenden.
Abseits der Uni habe ich mich auch betätigt und stand im Bundestagswahlkapf 2013 für eine Partei am Wahlstand, die u.a. das Verbot der Leiharbeit, einen Mindestlohn von 10 € und eine solidarische Mindestrente von 1050 € als Forderungen ausgab. Abgesehen von den üblichen Diskussionen ist mir besonders ein Ehepaar zwischen 40 und 50 aufgefallen. Das kam zu mir und hat freudestrahlend mitgeteilt, daß sie es sehr richtig finden, daß wir gegen die Leiharbeit sind, sie wären schon so lange in solchen Arbeitsverhältnissen und kämen einfach nicht mehr raus. Sie fühlten sich behandelt wie der letzte Dreck und sie wären so froh, wenn sie einfach wieder einfach einer sicheren, geregelten und gerecht bezahlten Arbeit nachgehen könnten. Somit wären die Themen Mindestlohn und Verbot der Leiharbeit incl. Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen usw.usf. alles Themen gewesen, denen sie aus tiefem Herzen zustimme hätten wollen. ABER: wählen wollen sie uns trotzdem nicht, weil es nicht sein kann, daß man einfach so 1050 € Mindestrente bekommt, auch wenn man nie etwas gearbeitet hätte. Auf die Frage, wie viele Menschen es denn gäbe, die nie etwas arbeiten würden kam die übliche Antwort "genügend"- auf den Hinweis, daß dies ja nur eine MINDESTrente, die das Existenzminimum sichern sollte, sei, wurde nicht mehr weiter eingegangen, sie sind einfach weiter dann.
Und ich dachte mir: gut, dann wählt weiter eure Knechter, laßt euch weiterhin behandeln wie Dreck und sagt euren Kindern und Enkeln: Ihr müßt euch weiterhin behandeln lassen wie den letzten Dreck, es war uns nämlich lieber, daß diejengen, die NOCH weiter unten stehen als wir, nicht auch von etwas leben können.
Von Jean-Paul Sartre stammt der Satz: "Wer die Menschen liebt, muß sehr stark das Hassen, was sie unterdrückt."
ich habe diesen Satz immer als Prämisse gesehen, aber manchmal weiß ich nicht, ob bei meiner Wahrnehmung die Grenze nicht allmählich verschwimmt. Es ist wirklich sehr schwer dieser so starken Dummheit, die so allgegenwärtig ist, so entgegenzustehen, daß die Wut darüber nicht auch den Menschen an sich erwischt. Die ganze Unaufrichtigkeit und Verlogenheit (mit der ich vor allem in den zurückliegenden 12 Monaten auf unerträgliche Weise auch im Privatleben konfrontiert war) die man allenorten sehen muß, die Cliquenwirtschaft, die Feigheit. Es ist dann zwar eine echte Inspiration dann einmal Menschen zu treffen, die das ganze dann nicht mitmachen (wie z.B. meine Griechischdozentin in Berlin, die in ihrem Institut geschnitten und gemobbt wurde, weil sie "e-Learning" nicht benutzen wollte und auf das ganze akademische Gepfurze und Gekrieche verzichtet hat. Andernfalls tut es mir immer schrecklich weh, diese Menschen, die für mich zu den wirklich wertvollen zählen und die ich gern als meine Freunde bezeichne, in diesem "Pariadasein" sehen zu müßen in mitten dieser ganzen Zombies, die an nichts anderes denken können als ihre besch...ssene Karriereleiter hochzukommen und dafür ihre Seele verkaufen.