Würdet ihr ein behindertes Kind abtreiben?
04.08.2017 um 20:06
Ich gieße mal ein wenig die Blumen, damit die Diskussion neue Früchte tragen kann. ;)
Ich halte es für fragwürdig, Kinder mit Einschränkungen zu gebären, sofern dies wissentlich (vererbbare Prädisposition, Behinderung bereits während der Schwangerschaft bekannt), denn es ist unbestritten so, dass behinderte Menschen erhebliche und teils unausgleichbare Einschränkungen haben.
Selbst Menschen, die geringfügiger behindert sind als das gezeigte Kind haben vor allem im Kontakt zu gesunden Menschen meist einen erheblichen Leidensdruck, sei es durch die sozialen Folgen ihrer Einschränkung (Mobbing, Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, Schwierigkeiten bei der Partnerwahl) oder durch die Einschränkung selbst.
Es ist ein weniger schönes Leben, wenn man stets auf Hilfe angewiesen ist und es ist ein Nachteil, behindert zu sein.
Ich denke, Eltern reden sich das oftmals viel zu schön und indoktrinieren ihre Kinder, sich ihre Behinderung ebenfalls schönzureden.
Klar, nicht jeder, der behindert ist, leidet an schweren Depressionen oder bereut es, zu leben, aber viele wünschen sich dennoch, normal zu sein oder leiden zumindest darunter, von der Normalität lebenslang ausgeschlossen zu sein und gesellschaftlich ausgegrenzt zu werden.
Grundsätzlich bin ich sehr dafür, dass man Menschen alle Möglichkeiten offen lässt, allerdings halte ich es für unangemessen, ein schwerbehindertes Kind zur Welt zu bringen und dann mit seiner "Lebensfreunde" zu werben und die eigene Entscheidung zu rechtfertigen. Natürlich hat ein solches Kind ein Leben verdient, das steht für mich außer Frage, allerdings glaube ich, dass es durchaus besser ist, jemanden, der stark eingeschränkt ist, nicht auszutragen.
Sicherlich ist jeder Behinderte individuell, ebenso, wie jeder Mensch ohne Behinderung, jeder Kinderlose, jeder Elternteil, jeder Täter und jedes Opfer individuell ist - nichtsdestotrotz gibt es immer Pauschalisierungen, es gibt Normen, Gesetze, die lediglich einen bestimmten Spielraum lassen, es gibt unsererseits jeden Tag dutzende Einstufungen, bei denen wir unmögliche alle Faktoren einbeziehen können, die jedoch dennoch akkurat sein können.
Dass eine Behinderung grundsätzlich mit einem Nachteil einhergeht, ist allerdings beispielsweise klar definiert, deshalb ist es folgerichtig zu sagen: Ein behindertes Kind ist eingeschränkt und benachteiligt.
Ich bin mir dessen bewusst, dass viele Menschen gewisse Nachteile haben, seien es Allergien, leichte Sehschwächen, optische Nachteile - allerdings sind diese Nachteile nicht erheblich oder gravierend, sie sind relativ leicht ausgleichbar und häufig ist es möglich, dadurch weitestgehend uneingeschränkt zu leben und teilzuhaben.
Bei einer schweren Behinderung ist sowohl die Lebensqualität gemessen an jemandem, der nicht behindert ist (also "der Norm") deutlich geringer, ebenso ist eine Teilhabe an der Gesellschaft entweder stark eingeschränkt oder unmöglich - jemand, der nicht an der Gesellschaft teilhaben kann, obwohl er ggf. gern würde, ist für mich zumindest potenziell leidend.
Persönlich finde ich, man sollte potenzielles Leid verhindern, vor allem dann, wenn jenes wahrscheinlich ist. Die Wahrscheinlichkeit besteht bei einem erheblich Behinderten allein dadurch, dass in den meisten Fällen weder das angestrebte Arbeitsleben noch das angestrebte Sozialleben erreicht werden kann.
Ich verstehe Eltern, die es dennoch versuchen wollen und ich weiß, dass es Behinderte gibt, die glücklich sind - aber die Gefahr, dass jene es nicht sind, ist recht hoch - das wäre mir, für mein (nicht existentes) Kind zu risikoreich, deshalb befürworte ich, wenn jemand, der ein behindertes Kind bekäme, sich entweder gar nicht erst befruchten lässt oder jenes Kind abtreibt und stattdessen adoptiert.