Hallo zusammen,
Rainlove schrieb:Wäre das nicht auch etwas für dich?
Das ist nett gemeint. Wenn gerade keine schwere Depressionsphase habe mache ich solche oder ähnliche Dinge auch. Hat allerdings keine Auswirkung auf die Depression als solche. Und wenn ich eine schwere Phase habe ist an so etwas nicht zu denken.
Noumenon schrieb:Mir ist das insofern, ehrlich gesagt, also auch ziemlich egal, ob eine (leichte) Depression vorliegt/vorlag oder nicht, denn ich habe immer klar Gründe in meinem Leben gesehen, die ich als für meine Stimmung verantwortlich gesehen hab: Je nach Uhrzeit, Tag, Wetter, Jahreszeit... eine bizzare Mischung aus Trauer, Unzufriedenheit, Frust, Antriebslosigkeit, Melancholie... das eine und das andere mal mehr und mal weniger... und keiner der Begriffe trifft es für sich alleine richtig. Und sowieso überlasse ich solche Schubladen wie "depressiv" usw. auch lieber denen, die gerne in Schubladen denken.
Da hattest Du ja zumindest Ursachen, die Du bekämpfen konntest und es wohl auch zumindest teilweise geschafft hast. Ob das dann eine Depression oder "nur" Anpassungsstörungen waren kann ich auch nicht beurteilen.
Noumenon schrieb:Aha, Depression also sogar eine Volkskrankheit. Echt jetzt? 350 Mio. Menschen... das sind bei ca. 7 Mrd. Weltbevölkerung ca. 5%, also etwa 1 von 20. In meiner Liegenschaft arbeiten beispielsweise ca. 200 Menschen, ca. 10 davon sind also - rein statistisch betrachtet - depressiv und ich bin dann wohl einer davon. Ja, schon klar... Ich glaube eher, dass hier etwas zu einer Krankheit erklärt wird, was gar keine Krankheit im engeren Sinne ist, als dass ich weiten Teilen der Bevölkerung - inkl. mir - die Generaldiagnose "Depression" unterstellen würde, die nur noch mit Medikamenten und Therapien zu behandeln sei.
Es mag ja sein, dass heutzutage vieles unter Depression subsumiert wird was eigentlich keine ist. Aber glaube mir, ich habe den Mist seit 30 Jahren und Du wirst beweite nicht jedem seine Depression ansehen. Mir wirst Du es, wenn ich nicht gerade eine schwere Phase habe (in der ich mich aber zurückziehe) nicht anmerken. Das habe ich in den ganzen Jahren perfektioniert. Ich habe auch nie Freunden und Bekannten von meiner Krankheit erzählt, die meisten würden es mir wahrscheinlich gar nicht glauben.
Noumenon schrieb:Weil es da - außer einer Schublade - einfach nichts gibt!
Oh doch, glaube es mir. Auch wenn ich Dir gerne Recht geben würde.
Kylian schrieb:Mein jetziger Stand ist, dass ich mich in medikamentöser Behandlung finde, Job/Auto/Wohnung ist soweit alles vorhanden, die Stimmung habe ich relativ im Griff, aufgrund einer Folgeerkrankung ist jeder Tag trotzdem sehr anstrengend und ich fühle mich Abends einfach nur KO.
Arbeitstechnisch bin ich aufgeschlossen und redsam, in meiner Freizeit hab ich bis auf meine Eltern keinerlei sozialen Kontakte, da sich die letzten von mir, aufgrund Unverständnis, von mir abgesagt haben.
Ja, es ist manchmal sehr anstrengend nach außen hin weiter zu funktionieren,
Hättest Du denn gerne mehr Kontakte?
Bei mir hat das mit fortschreitendem Alter immer weiter abgenommen. Die paar Freunde die ich habe treffe ich halt ab und zu und das reicht mir auch. Ich war schon immer gerne alleine und komme damit auch ganz gut klar,
Bei mir ist es halt so, dass ich dank der Medikamente in der Regel stabil bin, d.h. die Depression ist meist nur leicht oder mittel. Damit komme ich mittlerweile klar, habe damit Leben gelernt und die Krankheit akzeptiert.
Averses schrieb:Und man muss sein Leben in eine andere Richtung lenken und das entfernen oder ändern was einen runterzieht. Auch nicht ganz einfach. Ich arbeite mich in kleinen Schritten vor. Jeder Tag ist ein Kampf. Gespräche mit einem guten Therapeuten
können hilfreich sein. Aber der Wille ist das wichtigste. Nicht aufgeben.
Wenn Du das weißt und Du auch konkret gegen gewisse Dinge arbeiten kannst ist das richtig, gut wenn Du das tust. Bei mir ist es aber eher so, dass ich gar keine konkrete schwerwiegende Probleme habe gegen die ich ankämpfen könnte. Und grundsätzlich bin ich mit meinem Leben auch zufrieden, ich möchte gar nicht großartig etwas ändern.
Interesse_01 schrieb:Bei mir ist es morgens immer am schlimmsten. Gegen Nachmittag und Abend geht es mir immer viel besser.
Ja, das ist bei mir auch so, dass berüchtigte Morgentief. Zur Zeit könnte ich hier tagsüber gar nicht schreiben, aber abends geht es dann einigermaßen. So schaffe ich es dann auch in schweren Phasen einigermaßen den Alltag zu bewältigen.
Xero schrieb:Das Problem ist doch eher das einige entweder keine Kompetente Hilfe beim Umdenken haben (die meisten Ärzte machen auch nur Schema F) oder aber so viel Sekundärgewinn wie vielleicht mancher, der dank Depression nicht mehr arbeiten muss, finanziell trotzdem gut dasteht, Zeit für seinen Hund hat und immer eine Ausrede wieso er so drauf ist...und viel Aufmerksamkeit bekommt.
Es ist ja in Diskussionen über Depressionen leider immer so, dass früher oder später Beiträge der Marke "Arsch-hoch" kommen. Zum Glück gehören zu meinen Symptomen nicht ein fehlendes Selbstwertgefühl oder mangelndes Selbstbewusstsein, sonst hätte ich jetzt vielleicht den Kopf in den Eierkocher gehalten.
Mir hier aber Schmarotzertum zu unterstellen ohne dass Du auch nur irgendwas über mich weißt, mir sogar noch meinen Hund missgönnst ist schon ziemlich frech.
Sekundärgewinn? Was ist denn der Primärgewinn bei einer Depression?
Und warum äußerst Du Dich zu einem Thema, von dem Du offensichtlich Null Ahnung hast? Etwa um viel Aufmerksamkeit zu bekommen?
cesare schrieb:Z.T. habe ich dadurch psychosomatische Beschwerden bekommen, die ich über Jahre ärztlich behandeln lies, ohne dass irgendwer auf die Idee kam, dass ich einfach Depressionen hatte. Das ging bis hin zu invasiven Eingriffen.
Ach du Sch..., haben sie dich aufgeschnippelt?
cesare schrieb:Ich habe gute Erfahrungen mit "tiefenpsychologisch fundierter" Psychotherapie gemacht. Ich habe ein Setting für mich gefunden, dass ich lapidar als "sozialarbeiterisch" beschreiben würde. Die Therapeutin war sehr auf Augenhöhe, die Praxis mit Kalendersprüchen auf Spannbrettrahmen ausgeschmückt und es gab immer Tee. Die Therapie hat dazu geführt, dass es mir besser ging;
Zunächst habe ich die Ängste als solche erkannt und dann gelernt, wo ich die erlernt habe- und das ging sehr weit zurück in meiner Biographie. Und dann waren sie beherrschbar. Natürlich nicht ganz, aber heute merke ich immer, wenn ich Depressionen bekomme und kann mir da ganz gut selber raus helfen.
Medikamente hab ich zwischendurch mal versucht und obwohl ich ein großer Anhänger der Schulmedizin bin, habe ich da keine Verbesserung durch feststellen können- sie blieben bis auf die Nebenwirkungen vollkommen wirkungslos.
Schön dass Dir damit geholfen wurde. Das zeigt halt einfach auch dass jede Depression anders ist und bei jedem etwas anderes hilft. Eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie hat mir leider auch nicht geholfen, da war nichts aufzuspüren. Ich hatte es sogar mal mit Hypnose versucht. Das scheiterte aber schon daran dass ich mich gar nicht hypnotisieren ließ.
Hast Du denn schon verschiedene Medikamente ausprobiert? Bei mir hat es auch ein wenig gedauert bis das richtige Medikament angeschlagen hatte. Jeder Körper ist halt ein Unikat...
Jimtonic schrieb:Ich habe vor einigen Tagen eine Doku "Das Comeback der Hippie-Droge LSD" gesehen. Darin berichtet ab Minute 24 jemand davon, dass er mit "Mikrodosierungen" von LSD seine schweren Depressionen in den Griff bekam. Ist ggf. auch für den ein oder anderen hier interessant.
Hatte ich auch schon von gehört. Leider sind ja Wirkstoffe, die auf "Drogen" beruhen weitgehend tabu. Bei Cannabis ändert sich das ja zur Zeit, vielleicht bei LSD auch. Habe es aber noch nie probiert.
Vymaanika schrieb:Ich kann nur aus dem Selbstversuch berichten.Vitamin D beseitigt meine Depression nicht im geringsten, schön wärs sich einfach in die Sonne zu stellen und alle Probleme werden gelöst.Ich spreche die Wirkung niemanden ab, bei mir rührt sich da jedenfalls nicht viel.Leider!
Hat bei mir auch nicht geholfen. Aber bei Leuten mit einer sog. Winterdepression könnte ich mir eine Wirkung durchaus vorstellen. Wenn ich eine schwere Phase habe hasse ich sozusagen die Sonne. Ich mag dann kein Licht.
Vymaanika schrieb:Ich schleiche mein ssri immer mal wieder aus, um eine 5HTP
Was ist 5HTP?
Insgesamt nochmal. Ich glaube immer noch dass trotz vielerlei Aufklärung immer noch ein schiefes Bild über Depressionen in der Öffentlichkeit herrscht. Nein, ich bin und war nie ein Loser, ich wurde als Kind auch niemals gemobbt oder habe Prügel bezogen. Nein, ich hatte eine glückliche Kindheit, einen guten Beruf, Freunde und Bekannte haben mich geschätzt und ich war auch recht beliebt. Wahrscheinlich sogar jetzt noch. Ich bin kein Opfer, suche keinen Schuldigen, bin auch kein Trauerkloß. Ich komme auch mit meinem Leben klar. Und zu allerletzt will ich deswegen weder Aufmerksamkeit oder gar Mitleid. Wie geschrieben, meinen Bekannten habe ich von meiner Depression nie erzählt und es wird kaum jemand von ihnen auch nur etwas davon ahnen.
lanegan