Das Foto mit dem Fotografen und seinem Modell auf dem Stuhl ist eines dieser "Mythosbilder". Es zeigt einfach nur eine nachgestellte Szene aus dem Studio, der Sitzende ist nicht tot.
Hier ein weiteres bekanntes Beispiel (1893), der Fotograf hat auf amüsante Weise sein Können unter Beweis gestellt und seine Ausrüstung präsentiert, clevere Reklame also. Ja, er ist doppelt zu sehen.
:D Ganz generell verhält sich ein Körper völlig anders, wenn entweder keinerlei Körperspannung mehr vorhanden ist, oder die Totenstarre eingesetzt hat. Im ersten Fall siegt immer die Schwerkraft, und der Körper wird schwerer, d.h. alles sackt nach unten. ALLES! Es gibt keine Muskelaktivität mehr, man kann den Oberkörper, den Hals, den Kopf, den Unterkiefer, Arme und Beine nicht aufrecht halten, alles fällt nach unten, völlig ohne Spannung. Bei der Totenstarre bleibt alles so, wie es in dem Moment ist und kann nicht bewegt werden. Hierbei gibt es also ein Zuviel an Körperspannung. Beides lässt es nicht zu, einen Toten sitzend oder stehend zu positionieren.
Heutzutage ist das anders, dank der modernen Technik des Einbalsamierens etc. werden Verstorbene z.T. stehend oder sitzend ("wie im Leben") aufgebahrt, davon wurden hier auch schon Fotos gezeigt. Um 1900 herum war das so noch nicht möglich. Der starre Blick, den man auf vielen Fotos sieht, hängt damit zusammen, dass der Fotograf den Leuten sagte, sie sollten sich auf ein Motiv im Studio konzentrieren (das "Vögelchen" sozusagen), damit sie den Kopf und die Augen möglichst still hielten.
:) Wie hier schon geschrieben wurde, sind viele der angeblichen Postmortemfotografien vermutlich Fotos von schlafenden Kindern, die dann bearbeitet wurden. Wenn die Kinder sich zu sehr bewegt haben, war es eine simple Lösung, zu warten, bis sie schlafen. Wie hier auch schon besprochen, war das Motiv der Schlafenden (sowohl Erwachsene als Kinder) damals beliebt, siehe das immer wieder falsch als Postmortemfoto bezeichnete Portrait von Lewis Carroll in "verträumter Haltung" auf einem Stuhl sitzend. Dann gab es noch das spezielle Motiv der "Sleeping Beauty". Dabei kann man einige Bilder der Postmortemfotografie zuordnen, besonders dann, wenn das Kind (der Erwachsene) einen Strauß oder irgendeine Blume/Pflanze in den Händen hält und die Hände wie oben beschrieben gefaltet oder übereinandergelegt wurden. Und natürlich, wenn es andere Symbole oder Anzeichen gibt, die auf das Abbild eines Toten hindeuten.
Die Belichtungszeit reduzierte sich schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf wenige Sekunden.
Das Annähen der Augenlider kenne ich bisher nur von einigen Morden, u.a. von einem furchtbaren Mordfall, bei dem der Täter ein Foto seines Opfers mehr als zwei Wochen nach dem Mord machte und es so aussehen lassen wollte, als lebe das Opfer noch, da er eine Entführung vortäuschte und Lösegeld forderte. (Täter: Serienmörder Israel Keyes, Opfer: Samantha Koenig (18), Entführung, Missbrauch, Folter und Mord: 2012, Anchorage, Alaska) Das Foto ist im Internet verfügbar.