Postmortem Fotografie

@00helga
Es sollte auch fuer alles Grenzen geben. Wenn ich dran denke, wie Tote in den USA zurechtgemacht werden...da kommt man teilweise in den Raum und muss sich fragen, ob man auf der richtigen Beerdigung ist, weil man die Person im Sarg nicht wiedererkennt!

@00helga
ich stimme Dir voll zu.
Meine Anmerkung bezog sich auch nur, darauf wenn der Verstorbene sich in einem Zustand befindet, der wie von Dir angesprochen, einen würdevollen Abschied nicht zulässt.
Ich finde es sehr schön, wie Ihr es bei Deiner Großmutter gemacht habt.
Sicher hätte es ihr gefallen, noch eine Weile so wie sie auch gegangen war, in ihrer gewohnten Umgebung verbringen zu dürfen.

Es gibt einen ganz massiven Unterschied zwischen dem üblichen Herrichten und den Toten so zu stylen und zu schminken, dass er wie eine solariumsgebräunte Parodie seiner selbst aussieht.

Letzteres ist leider bei einer amerikanischen Tante passiert. Sie wollte, dass sie zurecht gemacht wird wie zu Lebzeiten. Sie saß gerne am Strand vorm Haus und war dementsprechend immer gut gebräunt und hatte ein rosiges Gesicht. Das Ergebnis war schlichtweg gruselig. Wie ein sonnenverbrannter Clown sah sie aus, die Haut war viel zu dunkel geschminkt, die Wangen sehr pink und auch das übrige Make up war viel zu übertrieben. Die Fingernägel waren grellpink lackiert statt in ihrem bevorzugten Rot (ihr Mann hat extra dem Bestatter eine Flasche von ihrem eigenen Nagellack mitgegeben, weil sie sich das so gewünscht hatte). Alles in allem kann man sagen, besagte Tante wäre zu Lebzeiten so niemals aus dem Haus gegangen.

Das war einfach nur wahnsinnig pietätlos und die Tante war nicht als sie selbst zu erkennen.

@Becky
Ist es nicht moeglich, das Ergebnis vor der Beerdigung noch einmal anzuschauen?

@Becky

Am Tag vor der Aufbahrung konnten sie die Tante nochmal sehen. Letztendlich wurde das ganze nochmal neu gemacht von einer Freundin der Tante. Letztendlich sah sie dann auch so aus, wie sie sich das gewünscht hatte: natürlich, dezent geschminkt, mit ihrem Lieblingsnagellack und ihrem liebsten Lippenstift.

Ich muss sagen, ich fand die Fotos zwar nach wie vor gruselig, als ich sie das erste mal gesehen habe, weil sie so lebendig aussah, aber das kann rückblickend auch daran liegen, dass ich damals noch Kind war und nicht zusammengebracht habe, warum die Tante da in ihrem Sarg liegt, aber so aussieht, als ob sie gleich gewohnt lebenslustig aufspringt und ihrer Wege geht. Sie sah wirklich haargenau so aus, wie ich sie mein Leben lang kannte. Aber es war das was sie wollte und letztendlich war das auch das wichtigste, finde ich zumindest aus heutiger Sicht.

Becky schrieb: Sie sah wirklich haargenau so aus, wie ich sie mein Leben lang kannte.

Das ist doch sehr schoen und sicherlich genau das, was sie gewollt haette. Mittlerweile werden die Leute ja tatsaechlich so positioniert, als wuerden sie leben. DAS find ich richtig gruselig.

So unnatürliche Stylings würde ich auch nicht befürworten. Die verstorbene Person sollte immer noch als sie selbst erkennbar sein.
Da ich mir für mich eine Einäscherung wünsche, würde ich gar nicht besonders gestylt werden wollen, auch wenn ich jetzt im Alltag meist recht dezent geschminkt und auch sonst zurecht gemacht bin. Aber zum verbrennen brauch ich kein Make up oder lackierte Fingernägel.

Das Foto von dem toten Mädchen finde ich sehr würdevoll. Mal wieder ein hübsches Schneewittchen auf seinem Ruhebett. Es könnte so in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden sein. Zu der Zeit trug man solche Schleier mit solchen Hauben.

Escodia schrieb: Zu der Zeit trug man solche Schleier mit solchen Hauben.

Ich vermute, sie wurde in ihrem Kommunionskleid beerdigt.

Ja, aber auch da trugen die Mädchen keine Kränze wie heutzutage, sondern Schleier. Kann man auch oft auf so alten Fotos sehen. Die Kränzchen kamen erst später.

Ich hab grade gesucht, ob ich das Foto der Tante finde, war auf die Schnelle aber nicht erfolgreich. Stattdessen habe ich das Foto von meinem Ururgroßvater gefunden, muss zwischen 1910 und 1920 entstanden sein. Ich bin mir leider nicht mehr sicher und es steht auch kein Datum auf dem Foto.

Das Bild hat mich als kleines Kind sehr verstört. Ich hab heimlich in einem Fotoalbum geblättert und bin komplett unvorbereitet drauf gestoßen.

Original anzeigen (1,9 MB)

@Becky
ja wenn man als Kind unvorbereitet auf so ein Foto stößt, ist das sicher sehr verstörend.
Heute betrachtet ist es ein friedliches, würdevolles Abschiedsbild von einem sanft entschlafenen, älteren Herrn.

@Escodia
Wenn ich mir Bilder aus der Zeit anschaue, kann man das so genau nicht abgrenzen. Es gibt Kinder mit Kraenzen, mit Schleiern und mit beidem. Vielleicht kommt es auch auf die Region an?

@Becky
ein schönes, sehr friedliches Foto, wie auch @Escodia das sagt.
ich frage mich gerade über die Symbolik der schwarzen Schleifen. Oder ist es einfach Trauerflor ?

@Alarmi
das kann sicherlich sein. Ich hab so ein Foto von meiner Urgroßmutter um 1920 und die trägt eben so eine Schleierhaube. Und genau solche Schleierhauben findet man auch auf den Hochzeitsfotos aus der Zeit.
Früher fand ich die ganz furchtbar, weil sie mich an Schlafhauben erinnerten. Inzwischen finde ich sie zwar immer noch seltsam, war aber eben damals die Mode.

@cute_lenore

Das ist ne gute Frage. Kann ich leider bei niemandem mehr nachfragen, der sich erinnern könnte. Ich vermute, es war einfach nur als Trauersymbol gedacht. Meine Familie war auch nie sehr gläubig, deswegen gab es wohl keine christliche Symbolik außer dem Kreuz auf dem Laken. So zumindest die Erklärung meines Großvaters zu der sehr schlichten Aufmachung. Genau wusste er es auch nicht, er war damals selbst noch nicht geboren.

@Escodia
Es gab und gibt ja immer verschiedene Stilrichtungen, je nachdem was gerade in Mode ist. Diese Schleierhauben stammen wohl aus der guten alten Charleston-Zeit...die Kommunionskleider sehen teilweise auch wie klassische Charleston-Kleider aus, aber eben auch nicht alle. Ich denke, das hat jede Familie nach Gusto gemacht.

Alarmi schrieb:Vielleicht kommt es auch auf die Region an

ich denke es kommt auf regionale, auch familiäre Gepflogenheiten an, ob ein Haarkranz oder Schleier angelegt wird.
Und natürlich vom Geschlecht, da im Kindesalter verstorbene Jungen ebenfalls einen Blumen- oder Myrtenkranz um die Stirn gelegt bekamen.

Ich denke auch, dass das regional geprägt ist.
Zumal bei meiner Uroma und deren Geschwistern (insgesamt 7 Mädchen, von denen 3 im frühen Kindesalter starben) viel von der Mutter und Oma selbst genäht wurde. Die Familie war arm, der Vater im 1. Weltkrieg gefallen. Da wurden schon auch mal alte Kleider aufgetrennt und zu was neuem verarbeitet für das jüngste Kind zum Beispiel. Oder eben das Kommunionskleid wurde eben von allen 4 Geschwistern getragen. Da bekam nicht jedes sein eigenes Kleid, konnte sich die Frau nicht leisten.

In suedlichen Laendern ist glaube ich heute auch noch ein Schleier ueblich.

Ja in Italien und manchen Regionen Spaniens und Kataloniens. Wie es in Griechenland ist weiß ich nicht, ist ja orthodox.