Da das Thema derzeit wieder heiß diskutiert wird
http://www.tagesspiegel.de/wissen/attacken-auf-die-geschlechterforschung-die-diskreditierung-der-gender-studies-zeugt-von-statusaengsten/11128828-3.htmlmusste ich hier mal nach einem passenden Thread suchen.
Der meistdiskutierte
Thema ,,Gender": Übertreiben wir es langsam? ist leider im UH-Bereich gelandet.
Diese Feindseligkeit, die allgemein beim Thema "Gender" aufbrandet, ist imho ein weiterer Ausdruck der ins (rechts-)konservative driftenden Gesellschaft. Ständig gibt es Seitenhiebe und Polemiken, Lächerlichmachen und unqualifiziertes Beurteilen ohne viel Hintergrundwissen, bishin zu Beleidigungen und Drohungen gegen Leute, die diese Themen in den öffentlichen Diskurs bringen.
http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2014/11/Lann-hornscheidt-professx-gender-studies.html Warum muss ein Mensch, der beispielsweise über eine andere sprachliche Form der Anrede auch nur (öffentlich) nachdenkt, solche Anfeindungen bekommen?
Wo kommt allgemein nur so viel Unmut her? Ist es wieder die berühmte Angst vor allem, was irgendwie anders ist, oder dass altbewährte Dinge sich verändern könnten?
Ich weiß nicht, was so schlimm daran ist, das etablierte Weltbild einmal zu überdenken, neu zu denken. Wie kompliziert wir es uns durch dieses starre, bipolare Mann-Frau-System eigentlich machen, bemerkt irgendwie niemand. Dabei sieht man es ja schon bei alltäglichen Themen, wie sie auch hier im Forum so häufig auftauchen: Wenn "Männer" meinten (nicht) zu verstehen, wie "Frauen" ticken oder umgedreht. Viele dieser Probleme erschaffen die Leute sich doch selbst, durch ihren Glauben an "zwei verschiedene Welten".
Warum kann man Menschen nicht als Individuen betrachten, die mehr als nur ihr Geschlecht charakterisiert? Das Einfachste scheint für viele so kompliziert. Es geht ja gerade um die Unterschiede - nämlich zwischen einzelnen Menschen, statt nur zwischen den Geschlechtern. Weil ein Mensch doch so viel mehr und so viel komplexer ist.Man hört oft den Vorwurf der "Gleichmacherei" bzgl. Gender-Themen. Ich finde, Gleichmacherei ist, was die "Gegenseite" tut. Menschen nach Geschlecht kategorisieren und dieses Merkmal zum wichtigsten Merkmal überhaupt zu erklären. Das wird der Individualität und Vielschichtigkeit des Menschen in keinster Weise gerecht, weswegen die wahren Gleichmacher für mich die "Gender-Gegner" sind.
Diese Gesellschaft definiert sich einfach viel zu sehr über die Geschlechter. Und diesbezüglich kennt sie nach wie vor auch nur zwei, für Zwischentöne ist kein Platz in all dem Schwarz-Weiß-Denken. In den Gender-Diskussionen sehe ich (trotz manchmal eigenartiger Auswüchse) die Chance, dass sich das irgendwann mal ändern könnte. Nicht die Abschaffung der Geschlechter (wie von Kritikern ja oft befürchtet) wäre das Ziel, sondern einfach nur die Relevanz dieser menschlichen Eigenschaft im Alltag zu verringern. Es könnte einfach ein Stück egaler sein, was ein Mensch denn nun ist - ohne komplett egal zu sein.
Wer das jetzt nicht versteht, weil es für ihn einfach normal, gewohnt und "richtig" ist wie es ist, möge sich nur für einen Moment mal vorstellen, die formale Anrede würde sich in unserer Gesellschaft nach der Hautfarbe richten, oder die Hautfarbe müsste durch den Vornamen deutlich erkennbar gemacht werden... Oder wir würden unsere Klamotten und sonstige Produkte nach Augenfarben aussuchen, und in Foren würde darüber diskutiert, was blonde Menschen eigentlich wollen...
So kommt es mir hier vor, immer und überall.
Das Geschlecht bestimmt heute immer noch so sehr unsere Identität, dass ein Umdenken merklich schwierig gemacht wird.