@Alarmi @killimini Meines Erachtens gibt es keine wirklich ethischen Dilemmata, nur praktische.
Wenn man nur für einen die lebensrettende Spritze hat, ist man auch nur für die Lebensrettung eines der Kinder verantwortlich, für das zweite überhaupt nicht, da die Möglichkeit dazu entfällt, für das eine aber voll.
Immer vorausgesetzt, ein drittes ist ausgeschlossen, z. B. die halbe Spritze jeweils setzen, weil Hoffnung auf einen rechtzeitigen Nachschub realistisch besteht.
Die verbliebene Rettungspflicht ist danach voll bindend. Man kann die Auswahl durch die Kinder treffen lassen - falls eines freiwillig verzichtet.
Ansonsten aber wird man pragmatisch vorgehen, das heißt die Spritze bei dem setzen, bei dem der Erfolg am sichersten ist, denn der Verlust auch des zweiten Kindes wäre Verschulden.
Man kann um eine Eingebung beten, bei welchem der Kinder die Maßnahme sicherer erfolgreich sein wird, damit man seine Pflicht wenigstens diesem einen gegenüber nicht verspielt.
Und dann hoffen, dass die Umstände einem die Entscheidung diktieren:
Vielleicht wird das eine dringender darum bitten - weil es vitaler ist und mehr Chancen hat - oder das Kleinere schläft gerade und wird vom Übergangenwerden nichts mitkriegen - oder das Größere wird die anschließende Flucht eher durchstehen. Oder eines hält im entscheidenden Moment gerade besser still. Oder bei dem einen liegen die Adern gerade sichtbarer da, oder das andere hat gerade die sterilere Haut...
Hauptsache, man kommt bei einem seiner Kinder zum Rettungs-Ziel. Alles andere muss man während des Spritzens ausblenden. Denn man ist für den Erfolg verantwortlich.
Der Grundsatz heißt: "Ultra posse nemo obligatur." (Über das Können hinaus ist niemand verpflichtet.)
Etwas anderes wäre: aktiv eines zu töten, um ein anderes zu retten. Das darf man nicht, auch nicht bei sicherer Heilungschance für das andere. Dann muss man eher beide sterben lassen.
(Fälle, wo ein Fötus im Mutterleib einem anderen das Leben bedroht, sind selten und schwierige Entscheidungen. Man darf dann vermutlich zugunsten des Lebensfähigeren Notwehr betreiben.)