@ockham Man muss allerdings sagen, dass es in den Evangelien so einige Stellen gibt, an denen von den Juden (also quasi der großen Mehrheit) gezielt schlecht gesprochen wird, z.B. als Pilatus fragt, welchen Gefangenen er freigeben soll. Bei Johannes werden Griechen, die sich für Jesus interessieren (also Nicht-Juden), ausdrücklich vorgezogen, und Jesus selbst beschimpft die Priester und religiösen Honoratioren in seinem Umfeld ziemlich oft. Und der Name "Judas" für den Verräter wurde von den Evangelisten sicher nicht zufällig gewäht, sondern um mithilfe der Namensähnlichkeit damit "die Juden" ganz allgemein zu diskreditieren.
Also, vielleicht nicht Jesus selbst (je nachdem, was wirklich authentisch ist, und was ihm später in den Mund gelegt wurde), wohl aber seine Nachfolger, denen er Nächsten- und Feindesliebe beibringen wollte, tragen an der "traditionellen" Judenfeindschaft der Christen einen großen Teil der Schuld. Wobei man ihnen zugute halten könnte, dass sie, als sie die Schriften des Neuen Testaments schrieben, ja noch selbst verfolgt wurden, nämlich von den Römern.
Diese "christliche" Judenfeindschaft dürfte der Ideengeber für den Antisemitismus gewesen sein, aber unter den Nazis wurden die Juden ja nicht mehr aus religiösen, sondern aus rassistischen Gründen verfolgt. Da hätte es für die Nazis doch eigentlich ein Problem sein müssen und zumindest die Kirche (wenn nicht auch etliche Gläubige) stutzig machen müssen, dass ausgerechnet der Mann, den sie seit fast 2000 Jahren als Sohn Gottes verehrten, selbst Jude war.