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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

80 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Menschen, Deutschland, Geschichte ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
EinElch Diskussionsleiter
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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 14:48
Wer mich kennt, und das tut hier niemand, der weiß, dass eines meiner liebsten Steckenpferde die deutsche Geschichte ist. Ich sauge wie ein Schwamm seitdem ich denken kann, alles auf, was auf unserem Staatsgebiet einmal passiert ist. Und so kommt es dann, dass man mit mir selten durch die Gegend laufen kann, ohne dass ich auf dieses und jenes deute und erkläre, warum und weshalb und was damals hier passiert ist.

Besonderes Faible ist da für mich die Zeit des dritten Reiches. Und das nicht, weil ich die Uniformen so schneidig fände (was ich täte), sondern weil es die für uns wahrnehmbar prägenste Zeit der jüngeren Deutschen Geschichte ist. Sie hat alles zuvor irgendwie obsolet gemacht - Kaisertum und Weimarer Republik verblassen ja in der allgemeinen Erinnerung, von dem, was zuvor kam sowieso. Wer weiß schon wirklich etwas über den Norddeutschen Bund? Genau, wieder keiner.

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Nun habe ich mich mal wieder kreuz und quer durch die Nazis gelesen und bin diesmal nicht an einer der schillernden Nazigrößen, wie Himmler, Goebbles oder Göring hängen geblieben, sondern an dem zunächst eher unscheinbaren Reinhard Heydrich und im weiteren Verlauf meines Interesses an seiner Frau Lina.

Nun ist es nicht so, dass ich noch nie über Heydrich gehört hätte, allerdings ist die Geschichte seiner Ehefrau Lina ein Kapitel in der deutschen Justiz der Nachkriegszeit, die man mit heutigem Abstand nochmal einer Bewertung unterziehen könnte. Aber fangen wir vorne an.

Reinhard Heydrich - Farblos, Nazi, Schlächter, Mythos?

Seine Laufbahn:
Reinhard Heydrich war, um es mit den Worten Görings zu sagen, "das Hirn Himmlers". Denn während der SS-Obermacker aus einer kleinbürgerlichen Familie kam, und mit seinem selbst von Hitler belächelten Germanenwahn und König Heinrich-Wahn der Esoterik allzu zugeneigt war, war Heydrich das handelnde Organ Himmlers.
Heydrich war Leiter des Reichsicherheitshauptamt, dem RSHA. In dieser Funktion war er federführend bei der Durchführung von Unterdrückung und Holocaust und war mit Adolf Eichmann einer der von Göring mit der "Endlösung" beauftragten Beamten. Er organisierte maßgeblich die ihm untergeordneten Strukturen, um einen reibungslosen Ablauf von Unterdrückung, Deportation und Vernichtung aller vom RSHA als solche erkannter politischer und rassischer Feinde zu garantieren.

So war Heydrich leitender Offizier der Wannseekonferenz 1942, bei der die Vernichtung der Juden in Stein gemeißelt wurde - und die zunächst nur versprengten, "wilden" Vernichtungslager wie Chelmo und Treblinka haben der industrialisierten Vernichtungsmaschinerie von Ausschwitz und Majdanek weichen müssen.

Im Laufe des Jahres 1941 wurde Heydrich eine kleidvolle Doppelposition zuteil: er wurde "Stellvertretender Reichsprotektor Böhmen und Mähren", blieb zugleich aber Chef des RSHA.
Als Reichsprotektor für das Protektorat "Böhmen und Mähren", was im Grunde das Gebiet der heutigen, bzw. ehemaligen Tschechoslowakei und Teile Polens umfasst, war er im Grunde der Statthalter der Nazis in Tschechien selbst.

Seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen den Frieden, gegen jeden guten Geschmack und guter Sitte, sind zahlreich und mannigfaltig.

Seine Person:
Heydrich wird Äußerlich als der Prototyp des Deutschen beschrieben: Hochgewachsen, Blond, Bläuaugig. Nach SS Rassekriterien hätte Heydrich auf Himmlers schlecht frisierten Kopf spucken dürfen, seis drum. Einzig der helle Klang seiner Stimme brachte ihm allzu häufig Spott ein - tatsächlich war Heydrich vielen Verleumdungen - auch durch eifernde Parteikollegen - ausgesetzt. So sei er schwul, Halbjude, und wurde teils selbst dann nicht ernst genommen, wenn er Fremden wahrheitsgemäß drohte, er sei Chef der Gestapo und könne jeden ohne Umschweife ins KZ befördern.

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Bundesarchiv Bild 146-1969-054-16 ReinhaOriginal anzeigen (0,2 MB)


Selbst nach Parteibeitritt war Heydrich nach Meinung von Historikern und Zeitgenossen kein in seiner Weltanschauung gefestigter Nationalsozialist. Er begann während der Weimarer Republik eine Laufbahn bei der Marine. Das Marineoffizierskorps, das seinerzeit äußerst konservativ war, akzeptierte ihn als "Freisinnigen" nicht.
1931 wurde er aufgrund einer Affäre, die aufflog, aus der Marine geworfen. Ein schwerer Schlag für den musisch begabten Heydrich, der sich einer neuen, unmilitärischen Tätigkeit zuwenden wollte.

Seine Ehefrau
Bei dieser Beschreibung fragt man sich, wie dieser offenbar gar nicht sooo verschepperte Jungoffizier (19 Jahre alt), es innerhalb weniger Jahre zu einem der größten Nazi-Verbrecher aller Zeiten schaffen konnte?
Historiker vermuten als treibende Sprungfeder seine Frau Lina Mathilde, Mädchenname "von Osten", die bereits zum Zeitpunkt der Verlobung eine glühende Anhängerin des Nationalsozialismus war.
Sie war es, die ihn antrieb, ein Vorstellungsgespräch bei Heinrich Himmler anzunehmen, in die SS einzutreten. Sie festigte gemeinsam mit der Partei- und SS-Struktur die Ideologische Erziehung Heydrichs maßgeblich und ebnete so den Weg zu Heydrichs steilem Aufstieg.

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Lina selbst genoss die Stellung ihres Mannes in vollen Zügen. So drangsalierte und beschimpfte sie ihre jüdischen Zwangs-Gartenarbeiter und ließ sie bei Fehlverhalten prügeln - später wurden diese Zwangsarbeiter im Zuge der Endlösung deportiert, Lina Heydrich beschäftigte dann normale Angestellte.
Als ihr Mann Reichsprotektor wurde, war es ihr ein besonderes Vergnügen, auf einem repräsentativen Landsitz unweit von Prag zu residieren, regelmäßig die Prager Burg zu besuchen, und sich in den höchsten Kreisen der Nationalsozialistischen Gesellschaft zu bewegen. Dabei lag sie vor allem im Clinch mit der Ehefrau Himmlers, Margarete, die Lina Heydrich als zu "sparsam" und "schlicht" empfand.
Nach dem Tod ihres Mannes, den wir sogleich beleuchten werden, lebte sie weiter auf ihrem Landsitz und floh erst auf zudringlichen Rat Himmlers vor der Roten Armee.

Das Heydrich-Attentat

Nun ist es so, dass Tschechien auch nach der "Zerschlagung der Rest-Tschechei" im Jahr 1938 formal nicht aufhörte zu existieren. In London gründete sich eine Exilregierung, die versuchte, in ihrem Umfang Einfluss auf den wenig später begonnenen Weltkrieg zu nehmen. Einerseits durch den Versuch, Sabotage und Spionage zu fördern, was sich aufgrund des dichten Netzes der Nazis als schwierig erwies. Doch es wurden auch ehemalige Soldaten und Geflüchtete zu Agenten ausgebildet, die dann mit Fallschirm über dem Land absprangen, um den Untergrund zu unterstützen.

Eine solche Gruppe Kämpfer plante in der Operation "Anthropoid" die Ermordung Heydrichs. Der Ort des Anschlages sollte eine enge Haarnadelkurve auf der Straße zwischen Heydrichs Landsitz und der Prager Burg sein. Ich zitiere den Ablauf nun der Einfachkeit halber aus der Wikipedia:
Heydrich verspätete sich an diesem Morgen. Als sein Wagen schließlich eintraf, musste sein Fahrer, SS-Oberscharführer Klein, vor der Kurve den Mercedes-Benz stark abbremsen. Gabčík hob seine Maschinenpistole und drückte aus kürzester Entfernung ab. Die Waffe hatte jedoch Ladehemmung, so dass sich kein Schuss löste. Heydrich, im Glauben, es nur mit einem Einzeltäter zu tun zu haben, traf eine für ihn persönlich verhängnisvolle Fehlentscheidung: Er befahl dem Fahrer anzuhalten und zog gegen Gabčík seine Dienstpistole. Kubiš trat nun aus der Deckung und warf seine Handgranate. Diese prallte am rechten Hinterrad ab und explodierte neben dem Fahrzeug. Heydrich sprang aus dem Wagen und versuchte, auf die Attentäter zu schießen. Sein Fahrer Klein, „durch die Explosion desorientiert, torkelte auf Kubiš zu“, und „Heydrich brach plötzlich mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammen, so dass auch Gabčík aus seinem Schussfeld entkommen konnte“.
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Bundesarchiv Bild 146-1972-039-44 HeydriOriginal anzeigen (0,2 MB)


Quelle: Wikipedia: Reinhard Heydrich#Attentat und Tod Heydrichs

Heydrich starb an den Folgen dieses Attentats.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, obgleich es für das Thema dieses Threads unerheblich ist, dass eine gewaltige Vergeltungsaktion der Nazis folgte, bei denen nicht nur die Attentäter gefasst und ermordet worden, sondern zwei ganze Dörfer vollständig ausradiert.
Wer das nachlesen möchte:

Lidice
Ležáky

Nach dem Attentat wurde Heydrich ein Blutzeuge der Bewegung und zu einem Mythos hochstilisiert - sein Tod war wohl selbst unter seinen Kollegen sein größter Sympathiegewinn.

Soweit zur Person Reinhard Heydrichs.



Nun geht es mir aber um seine Frau, Lina, deren Charakter ich an dieser Stelle bereits angerissen habe.
Nach dem Tod ihres Mannes erhielt sie eine stattliche Witwenrente über 1900 Reichsmark - das entspricht monatlich etwa 6800 Euro.
Diese Zahlungen wurden nach dem Kriege eingestellt und nach dem "Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen" nicht wieder aufgenommen.

Jetzt wird es etwas theoretischer als vorher: Dieses Gesetz regelt die Rechtsverhältnisse von Menschen, die z.B. durch den Nationalsozialismus Ansprüche auf Pensionen verloren haben, oder eben wie Lina Heydrich gewonnen haben. Durch das Verbot der NSDAP und der Erklärung der Unrechtmäßigkeit des Regimes, war beiden Fällen die rechtliche Grundlage entzogen. Allerdings bedurfte es eben einer gewissen Regelung, welche Ansprüche wieder, oder nach wie vor gelten und welche nicht und vor allem regelte dieses Gesetz die bis heute viel beklagte Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst mit Nationalsozialisten.
Amtsträger der NSDAP hatten allerdings pauschal keine Rechtsansprüche mehr, aus offenkundigen Gründen.

So wurde denn auch Lina Heydrich ihre Rente im Zuge dieser Gesetzlage gestrichen, ihr Mann war kein Beamter im Rechtssinne mehr und somit erlosch der Anspruch.

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Lina Heydrich beantragte sodann 1950 Witwen- und Waisenbezüge nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (dem Bundesversorgungsgesetz), da ihr Mann durch Kampfhandlungen gefallen war - im Grunde der selbe Anspruch, den jede andere Soldatenwitwe also auch haben sollte.

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1952 wurde dieser Antrag von den Behörden abgelehnt, da Reinhard Heydrich kein Soldat, sondern Beamter gewesen sei. Das Oberversicherungsamt Schleswig allerdings revidierte diese Entscheidung, da sie das Attentat klar als kriegerischen, sogar geplanten Akt bewertete. Sie bewilligten Lina Heydrichs Ansprüche rückwirkend bis 1950. Das Land Schleswig-Holstein, sowie der Bundesminister für Arbeit und Soziales legten dagegen 1954 Einspruch ein.

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Es dauerte weitere vier(!) Jahre, (13 Jahre nach Kriegsende), bis das Landessozialgericht die Entscheidung des Oberversicherungsamtes bestätigte. Allerdings war im Bundesversorgungsgesetz kein Passus enthalten, der Gefallenen aus Gründen des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, den Anspruch verwehren würde, sodass im Falle Lina Heydrichs lediglich entschieden werden musste, ob ihr Mann tatsächlich durch Kampfhandlungen gefallen war. Die Taten Reinhard Heydrichs vielen bei diesem Urteil nicht in die Bemessung.
Bei dieser Frage entschied dann das Gericht entgegen dem eingesetzen Gutachter, dass es sich um tschechische Soldaten handelte, und demzufolge um Kampfhandlungen (ironisch, dass den Attentätern damit auch der Mord an einem Zivilisten attestiert wurde - und damit ein Kriegsverbrechen).

Hier die Attentäter (sie waren Soldaten, kann man schon so sagen):
Jozef Gabčík
Jan Kubiš

Damit war es Besiegelt, Lina Heydrich erhielt ihre Rente. Dieses Urteil wurde von vielen Seiten sehr heftig kritisiert, ich zitiere:
Die Gerichtsentscheidung führte zu öffentlicher Kritik, etwa durch den Bund der Verfolgten des Naziregimes bis hin zur schleswig-holsteinischen Landesregierung unter Ministerpräsident von Hassel, weil die Kriegsopferversorgung vor allem den Kriegsversehrten und der sozialen Entschädigung bedürftiger Familien von gefallenen oder vermissten Soldaten zugutekommen sollte, nicht aber für den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen verantwortlichen ehemaligen NS-Funktionären. Diese seien keine „Opfer des Krieges“.
Ganz nebenbei wurde Lina Heydrich in Teschechien in Abwesenheit zu Lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt - wurde aber nie ausgeliefert.

So. Nun zu den Fragestellungen:

1. Ist dieses Urteil juristisch wasserdicht?

2. Ist dieses Urteil moralisch einwandfrei?

3. Ist das tschechische Urteil zu rechtfertigen?

Meine Standpunkte:

1) Das denke ich durchaus. Natürlich hat LH an dieser Stelle einen Schlupfwinkel im Bundesversorungsgesetz gefunden, aber deswegen darf das Gericht das Recht noch lange nicht beugen - es waren Männer, die bereits vor dem Attentat als Soldaten tätig waren und in England exakt dafür ausgebildet wurden. Es sind Kombattanten und als Frau eines durch Kombattanten Gefallenen, steht ihr das dann halt zu.

2) Das ist die Frage, in der ich selbst keine gefestigte Meinung habe. Steht Lina Heydrich moralisch diese Rente zu? Oder übertragen wir die Wut über die Taten ihres Mannes auf sie?
Wenn wir sagen, sie sei die Sprungfeder für ihren Mann gewesen, so sprechen wir doch Reinhard Heydrich die Verantwortung für sein Handeln ab, wenn wir sagen, sie hätte ihn dazu "getrieben". Und andererseits war sie gegenüber ihren Zwangsarbeitern ein Scheißmensch. Aber rechtfertigt das ihr die Lebensgrundlage zu entziehen? Ich weiß es ehrlich nicht.

Sie selbst ist eben keine schwere Nazi-Verbrecherin gewesen, lediglich die Frau von einem und überzeugte Nationalsozialistin. Mein eigener moralischer Kompass sagt mir, dass ich niemanden für seine Gesinnung bestrafe, wenn ich nicht selbst ein Nazi sein will. Demzufolge - was ist die moralische Basis, auf der das Urteil moniert wurde? Ist es nicht ein Hohn, einer Witwe zu sagen, sie sei kein Opfer, nachdem ihr Mann ermordet wurde? Ganz ohne Anschauung des Menschen.

3) und daraus ergibt sich auch schon der Zweifel, dass man sie für das pure Verheiratet sein mit einem Irren lebenslang wegsperren sollte. Für die Behandlung ihrer Zwangsarbeiter hat sie jedenfalls auch kein Lebenslänglich verdient, es ist ja in keinem Verhältnis, wenn man bedenkt, was andere Nazi-Politiker absitzen mussten. Aber das wird auch ein emotional angestoßenes Urteil gewesen sein.

Zuletzt noch eine eigene Überlegung:
Hat sich der Staat mit diesem Zirkus überhaupt einen Gefallen getan? Hätte man dieser Witwe nicht einfach eben das Minimum dessen, was ihr zusteht (es ging ja nicht mehr um die lächerlich hohe Pension ihres Mannes), statt sich vorm Kadi zu blamieren und dann zu weinen, dass man die eigenen Gesetze nicht besser geplant hat? Hat sich der Staat an dieser Stelle wirklich mit Ruhm bekleckert?

Was meint ihr zur Geschichte von Lina Heydrich?

Spoiler
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SpoilerProps an den, der bis hier hin durchgehalten hat.


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 15:38
die auszahlung der vollstaendigen witwenrente ist eine verhoehnng der opfer des nationalsozialismuses. da sie "gluehende anhaengerin" war, ihre sklaven auch pruegelte, also selber hand anlegte, hat sie das system tatkraeftig unterstuetzt.

frage, die du wohl nicht beantworten kannst: bekamen denn ihre sklaven in der zeit der sklaverei einen lohn ausgezahlt?
bekamen diese sklaven nach kriegsende durch deutschland eine angemessene rente ausbezahlt?
ach ja, die kamen ja alle ins kz. netter ort, gemuetlicher aufenthalt, freundliches sicherheitspersonal...in dergeborgenheit der liebevollen gemeinschaft sozusagen...

nein?

dann eruebrigt sich jegliche spekulation ueber moral und anstand.
war das tschechische urteil gerechtfertigt? was fuer eine seelenlose frage, als stuetze des terrorregimes war es gerechtfertig.

war das urteil wasserdicht?
auch da ist eine seelenlose frage, die ich ueberhaupt nicht diskutieren will.

gruesse


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 15:45
ergaenzung:

sie war eben nicht nur witwe, sondern gluehnde anhaengerin, die sklaven hielt und folterte. du verharmlost diese frau ganz schoen.

fuehl dich mal ein in den zuststand eines solchen sklaven...todesangst, grosse angst um seine familie...kein zuhause mehr...gedemuetigt bis an den tod... ja der deutsche hatte schon immer mehr mitleid mit sich als mit seinen opfern (pauschalisiert)


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EinElch Diskussionsleiter
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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 16:12
Zitat von happyislahappyisla schrieb:frage, die du wohl nicht beantworten kannst: bekamen denn ihre sklaven in der zeit der sklaverei einen lohn ausgezahlt?
Doch, natürlich kann ich die beantworten: Nein.

Ändert aber nichts daran, dass ihr Mann in Kampfhandlungen umkam. Das sind zwei völlig unterschiedliche Zusammenhänge. Es ist ja gerade meine Frage, ob es moralisch gerechtfertigt ist, einem Kriegsopfer eine Witwenrente zuzusprechen, weil sie Verbrechen begangen hat, auch wenn diese Verbrechen ihren Anspruch nicht erlöschen lassen.
Zitat von happyislahappyisla schrieb:du verharmlost diese frau ganz schoen.
Ich verharmlose sie nicht. Dass sie selbst jemanden geschlagen hätte, habe ich nirgendwo lesen können, sie hat das SS-Wachpersonal damit beauftragt, sie hat die Arbeiter mit Fernglas beobachtet.
Zitat von happyislahappyisla schrieb:war das tschechische urteil gerechtfertigt? was fuer eine seelenlose frage, als stuetze des terrorregimes war es gerechtfertig.
Nürnberger Kriegsverbrecher haben teils weniger als Lebenslang erhalten. Daher stellt sich sehr wohl die Frage der Verhältnismäßigkeit, die sich auch die Bundesregierung stellen musste und abschlägig beurteilte, sonst wäre sie ja ausgeliefert worden.

Achso, und so einen Unsinn:
Zitat von happyislahappyisla schrieb:ja der deutsche hatte schon immer mehr mitleid mit sich als mit seinen opfern
bitte direkt stecken lassen, ich will hier sachlich diskutieren. "Der Deutsche" ist halt die gleiche Kategorie wie "der Jude" - hat hier nix verloren, hier will ich Differenzierung sehen.

Und achte bitte auf Groß- Kleinschreibung, das ist echt schwer zu lesen, auch noch ohne Umlaute.


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EinElch Diskussionsleiter
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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 16:18
Und auch das "hurr durr seelenlos" kannst du stecken lassen, es ist eine ganz normale, in keine Richtung politisch aufgeladene Frage. Ich habe es bewusst nicht in Politik erstellt, dieses Thema. Was seelenlos sein soll, an der Frage, ob es moralisch richtig ist, einer Frau eines Kriegsverbrechers die Rente zu zahlen - ja, der muss schon sehr mit der Frau sympathisieren.

Oh Mann.

"Stütze" des Regimes jedenfalls nicht öffentlich wahrnehmbarer als alle anderen Frauen der Nazi-Größen. Jedenfalls war sie mir bisher unbekannt, im Gegensatz zu den Frauen der anderen Parteikader.


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 16:25
Zitat von EinElchEinElch schrieb:Wer mich kennt, und das tut hier niemand, der weiß, dass eines meiner liebsten Steckenpferde die deutsche Geschichte ist.
Oh schön, Geschichtsaffine sind Mangelware hier.

Mmh das ist wirklich spezielles Thema..

Moralisch und juristisch ist es zweierlei...

Wie ist es heute mit Verbrechern etc... Die verlieren auch nicht alle Ansprüche... Mal als Orientierung.


Sehr schweres Thema


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EinElch Diskussionsleiter
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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 16:26
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:Sehr schweres Thema
Ich grübel halt schon seit zwei Tagen darüber - zuvor hat mir Klaus Barbie Magenschmerzen bereitet - und weil ich sonst niemanden greifbar habe, der das angemessen erörtern könnte, frag ich halt Allmystery.


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 16:28
Naja, müsste ich mich einlesen.


Lass dir nix vorwerfen und immer sachlich bleiben..


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 16:37
@EinElch
Juristisch und moralisch ist ein Unterschied. In einem Rechtsstaat wird eben auch ein Verbrecher nicht verhungern gelassen. Steht einem ex RAF Terroristen, der den Staat bekämpfte, Hartz 4 zu? Ja, tut es. Das unterscheidet eben einen Rechtsstaat von einem Unrechtsstaat.
Und wenn Frau Heydrich diese Rente juristisch zustand, dann muss man das nicht gut finden, aber gleiches Recht für alle. Auch wenn es schwierig ist.


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EinElch Diskussionsleiter
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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 16:37
Zitat von abberlineabberline schrieb:Juristisch und moralisch ist ein Unterschied.
Genau nach diesem Unterschied frag ich ja auch jeweils gesondert :D


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 16:42
@EinElch
Salopp gesagt, gefühlt muss man sich vermutlich beherrschen, sachlich zu bleiben, wenn man über die Dame spricht. Moralisch zählt, dass jemand nicht hungern muss etc, juristisch ist es so, dass Ansprüche vorher ja geprüft werden. Wann da gestrichen werden kann, weiß ich nicht


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 17:09
@EinElch
Das ist eine durchaus sehr interessante Fragestellung , die du hier anhand der Witwe Haydrich stellst.
Zuerst einmal muss man eben festellen , der deutsche Amtsschimmel hat zu allen Zeiten funktioniert . In den Amtsstuben hält man sich an Gesetze , egal wie alt sie sind . Lücken im Gesetz ermöglichen bis heute die seltsamsten Richtersprüche . Es bedarf immer erst eines Präzedenzfalles um Diskussionen und Änderungen herbeizuführen .
Gemessen am damaligen Rechtsverständnis waren die Entscheidungen gewiss gerechtfertigt . Aber sicherlich sind da ganz dicke moralisch, ethische Fragezeichen .
Fragen nach Mittäterschaft , Frage nach Mitschuld und Frage nach Machtmissbrauch , Nutznießerschaft.
Es ist im allgemeinen bekannt, dass die Damen der NS Verbrecher ein privilegiertes Dasein genießen konnten . Angefangen bei der Himmler Gattin, über die Familie von Eva Braun , die Pelzbehangene Gattin von Göring , Magda Goebbels usw .
Die waren alle indirekt an den Karrieren ihrer Ehepartner maßgeblich beteiligt und haben schmarotzt. Die Frau von Göring hat wie eine Queen inmitten von geraubter Kunst residiert .
Von Frau Himmler weiß man aus Briefen , wie sehr sie an seiner Täterschaft durch Rückendeckung mitgewirkt hat.
Bei Eva Braun gibt es anschauliche Filmdokumente , was es bedeutet hat für ihre Familie , dass sich Frau Braun mit dem Diktator ins Bett gelegt hat.
Das bedeute , Luxus für alle , incl Familie, Vater Mutter , Schwester .
Ist das eine Form von Schuld ? Moralisch ethisch mit Sicherheit . Aber juristisch?

Man kann das Thema beliebig bis in unsere Zeit transportieren .
Sind die Gattinnen der Diktatoren der Neuzeit mit in Haftung zu nehmen ?
Es gibt auf ZDF Info einen Mehrteiler der sich mit den Frauen der Diktatoren befasst und sie heute nach ihrer Rolle und Beteiligung befragt. Sehr interessant .
Man wird das Gefühl nicht los , dass in vielen Fällen tatsächlich die Frauen hinter diesen Männern sehr wohl Mitwisser , Täter und Nutznießer waren .


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 18:02
@EinElch

Nein, das tschechische Urteil war nicht gerechtfertigt. Man wollte lediglich ein Exempel statuieren und hat mehr nach Moral an Stelle von Recht und Gesetz geurteilt. Etwas was kein Gericht tun darf.

Und natürlich war das Urteil unverhältnismäßi, da Lina (davon gehe ich jetzt einfach mal aus) zumindest im juristischen Sinne niemals einen Mord, keinen Mord in zahlreichen Fällen und sie sich nicht mal der Beihilfe zum Mord und auch nicht dem Mord durch Unterlassen schuldig gemacht hat.
Zitat von EinElchEinElch schrieb:Ich verharmlose sie nicht. Dass sie selbst jemanden geschlagen hätte, habe ich nirgendwo lesen können, sie hat das SS-Wachpersonal damit beauftragt, sie hat die Arbeiter mit Fernglas beobachtet.
Hier hat Lina zumindest die Anstifterin (im strafrechtlichen Sinne) erfüllt, die andere damit beauftragt hat KVs ( gefährliche KVs nehme ich mal an) zu begehen. Warum?
Lina wusste, dass die anderen zu dieser rechtswidrigen Handlung fähig sind, zwischen Recht und Unrecht unterscheiden konnten und sie ihren Befehl in die Tat umsetzen würden.
Zitat von happyislahappyisla schrieb:war das urteil wasserdicht?
Wenn es diese Gesetzeslücke gegeben hat, dann ist der Gesetzgeber leider selber schuld. Logisch, dass man so eine Lücke dann ausnutzen kann und entgegen aller Moralvorstellungen einem Menschen sein Recht (Ansprüche) einräumen, zugestehen muss.


Die arrogante Lina, die schon so ein hinterhältiges Lächeln hat und das Rampenlicht und den Luxus genossen hat, ist gut weggekommen. Verfolgte von Anbeginn ein festes Ziel: Einen Deppen bzw. einen ungeschliffenen Diamanten zu finden, den sie ausnutzen, manipulieren und schleifen konnte, um letztendlich von ihm zu profitieren. Als ihr Ziel erreicht war, muss ihr wohl einer abgegangen sein.

Meine Moralvorstellungen hätten ihr etwas anderes gewünscht, aber diese sind nicht maßgeblich. Moral ist stets von Recht und Gesetz zu trennen.


Mögen diese Zeiten nie wieder kommen. Nie wieder!
FCK NZS.


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 20:26
drei dinge mit denen ihr euch leider "auseinandersetzen" muesst;

1. ich lebe nicht in deutschland und nicht in europa. in meinem land gibt es keine umlaute. ich kann es auch nicht etwa umstellen, was ich selber bedauere, da das schreiben dadurch auch mir sehr laestig faellt.

2. gleichermassen ist es mit der gross- und kleinschreibung. ich muss beim schreiben also nicht nur die umlaute veraendert tippen, sondern auch jedesmal die taste fuer den grossbuchstaben beruehren, was meinen schreibfluss sehr hemmt und ich das einfach alles klein schreibe, um wenigstens einen kleinen schreibfluss zu haben.

ok?'

danke fuers verstaendnis-

zum thema:

oh nein, ich werde nicht schoen “sachlich" bleiben!
auch wenn hier wohl die ansicht vorherrscht, dass man "sachlich" denken muss.

warum also werden "heute" die unsachlichen schilderungen der naziopfer in gerichtssaelen erlaubt? sie werden extra aus , haifa, los angeles eingeflogen, um endlich, 75 jahre spaeter, ihre bewegende erfahrung schildern zu duerfen.

klaeren wir erst mal wer ich bin und warum ich das moralische recht habe, emotional zu werden, weil es das einzige ist, was gerecht sein kann.
wie ich so mitbekomme, seid ihr alles ziemlich jung. ich glaube kaum dass jemand so alt ist wie ich und damit soviel erfahrung mit dem endlosen leid, dass die deutschen so schoen versachlichen wollen, sozusagen als kontrapunkt zum leid der juden und sklaven, haben kann.
Man kann nicht annehmen, so ein tema wuerde niemanden mehr beruehren, weil es ja so lange her ist.
Das folgende kann ich der administration dieser website dokumentieren, falls jemand meine angaben anzweifelt und ich dadurch als luegner dastehen wuerde. Ich habe einen spezialpass, anders als 80 millionen deutsche, obwohl ich als sohn einer deutschen mutter in Bayern geboren wurde.
Ich bin der sohn eines nazi-arbeitssklaven. Nach geltendem recht in deutschland werden die nachkommen der arbeitssklaven ebenso eingeordnet, wie der sklave selber, da er im familiaeren und sozialen kreisen ebenso unter dieser versklavung leidet.
Mein váter musste zusehen, wie seine erste frau vor seinen augen von den nazis (den echten damals, nicht jene die heute alle falsch als “nazi” tituliert werden) ermordet und sein sohn verschleppt wurde. Er hat ihn nie wieder sehen koennen.

Meinen váter haben diese schergen in ein kz gestopft und misshandelt. Er bekam eine schusswunder vom ohr quer durch den hals unter dem anderen ohr wieder raus. Und spaeter durfte mein váter fuer das deutsche volk (dem ich mich identitaer verbunden fuehle!) als sklave um sein leben schuften. Er wurde gepruegelt, bekam kaum essen, schwebte staendig in todesgefahr. Nach dem krieg, er wurde durch die amis befreit, lernte dieser mann eine deutsche frau kennen und zeugte mich.

Ich habe erlebt, wie oft mein váter weinend am tisch oder dem sofá sass und weinte um seine erste ermordete frau, um den verschwundenen sohn und er weinte vor grossem heimweh. ich habe seine narben gesehen.

Wir, also er, meine mutter und ich , wurden von den deutschen nachbarn als “zigeuner” beschimpft, geaechtet, als verrueckt abgestempelt, obwohl wir keine zigeuner wahren. Ich zitiere mal, spaeter bring ich die quelle

“Für die Mehrheit der besiegten Deutschen in den westlichen Besatzungszonen wurde das phonetische Kürzel "Di-Pi" zum Synonym für eine Minderheit von Befreiten, und eine lästige dazu. Heimlicher Haß auf die Fremden, akute Angst vor Vergeltungsakten der ehemaligen Zwangsarbeiter, Futterneid gegenüber den mit alliiertem Armeeproviant verpflegten DPs und vor allem Fassungslosigkeit über den jäh erzwungenen Rollentausch von Herr und Knecht verdrängten bei den Deutschen auch hier jeden Ansatz, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Lest ihres?
Bei d e n deutschen.

Wisst ihr wie das fuer ein kind ist, wenn er auf der strasse beschimpft wird und er den papa zuhause sitzen sieht wie er heult vor schmerz? Der eigene váter ist nur dreck Wert, weil er kein deutscher ist und er sklave der nazis war.
Wie also kann da ein betroffener “sachlich” bleiben. Das sagen jene die von diesem unsagbarem leid um himmelswillen nicht beruehrt werden wollen.

SEHR DEUTLICH : IHR, DIE IHR HIER SCHREIBT, SEID NICHT SCHULDIG DARAN.

Aber von mir als opfer muesst ihr unsachliche gefuehle schon hinnehmen. Niemand braucht mir besserwisserisch zu kommen, so von oben herab, und allen anderen empfehlen sachlich zu bleiben, nach dem verachtlichen motto “lass den deppen reden…”

Ein stueck weiter in der zeitgeschichte: mein vater starb viel zu frueh, ich war noch kind, an den folgen der folterungen im kz.
Ich selber habe mit der deutschen buerokratie einen ueber 50 jahre andauernden kampf, um meine rechte als sohn eines auslaendischen sklaven. Ihr ahnt nicht mal, mit welchen tricks, ausweichungen, hinterfotzigkeiten die deutsche buerokratie arbeitet, wenn es um rechte von kz-insassen und arbeitssklaven geht. Die juden koennen ein lied davon singen.
Ich habe einen speziellen ausweis, aus dessen eintrag ersichtlich ist, dass ich noch immer in zu dieser gruppe gehoere bis zu meinem tode.

zitat
"1944 waren 41 Prozent der in der deutschen Landwirtschaft Beschäftigten ausländische Zwangsarbeiter, 37 Prozent der Steinkohle-Kumpel, 28 Prozent der Maschinenbauer. Jedes vierte Kriegsgerät war statistisch von einem ausländischen Arbeitssklaven produziert worden.
Dafür jedoch verlangen die zuständigen Länderbehörden auch von "heimatlosen" Ausländern in der Regel den Nachweis der Entlassung aus früherer Staatsbürgerschaft. Und auch eine finanzielle Wiedergutmachung blieb den allermeisten DPs als sogenannten Nationalverfolgten vorenthalten.
Sie waren und blieben, urteilt DP-Experte Jacobmeyer in Anspielung auf die gegenwärtige Ausländerproblematik, eine Gruppe, die ausschließlich und "über Jahre unter dem kalten Licht des Verwaltungsrechts gehalten wurde".

Sorry, mir ist trotz der langen jahre noch immer nach weinen, wenn ich an meinen váter denke, einen guten christen und liebevollen menschen, dessen schuld daran bestand, kein deutscher zu sein. Und meine schuld kein deutscher sein zu duerfen besteht darán, sohn eines deutschen sklaven zu sein.

Ich mache hier selbstverstaendlich keinem einen vorwurf. Aber das grundrecht als mensch und opfer, unsachlich ueber eine nazischlampe zu schreiben, die auch noch finanziell abgesichert leben durfte, waehrend wir in grosser armut hausten, weil mein váter keinen pfennig gehalt oder gar rente bekam, dieses recht habe ich.


https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14019660.html
„Behandelt wie ein drittklassiges Pack“[/quote]


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 20:54
Zitat von EinElchEinElch schrieb:Es sind Kombattanten und als Frau eines durch Kombattanten Gefallenen, steht ihr das dann halt zu.
Da sehe ich den Knackpunkt. Die Definition des Kombattanten ist gerade die Zeit vor 1977 betreffend eigentlich recht klar geregelt.
Dazu gehört das offene tragen von Waffen, eine Uniform, der Kampf nach Brauch, feste Strukturen.

Ich hab keine Ahnung, in welcher Form der Angriff als solcher stattgefunden hat, bezweifle aber, dass von den beiden einen Uniform getragen wurde.
Wenn dem so war, dann hat man es tatsächlich nicht mit Kombattanten zu tun.
Partisanen waren keine Kombattanten.
Insofern wäre auch das Urteil nicht korrekt.


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 20:59
Kotau! Selten einen so schön ausgearbeiteten EP gesehen!

Das Thema ist heikel und die Fragestellungen schwer zu beantworten.

Juristisch:

Zum einen sollte man dazu einen Juristen fragen (ob das was für @RickBlaine wäre?) und man bräuchte dafür wohl sowohl die Urteilsbegründung als auch das Gutachten (dem das Gericht nicht gefolgt ist). Ich vermute, dass da ganz stark Fragen wie "War die tschechische Exilregierung rechtlich anerkannt?", "waren die Operationen des SOE kriegerische Handlungen im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes" oder "war das Attentat politisch oder militärisch motiviert?" behandelt wurden.

Da uns beide Unterlagen nicht zur Verfügung stehen (hab jetzt in der kurzen Zeit seit der Entdeckung des Threads durch mich nichts gefunden) wird eine vernünftige Antwort nicht möglich sein.

Moralisch:

Hier ist die Lage ja beinahe noch schlimmer. Die Moral einer Gesellschaft ist ja nicht niedergeschrieben (außer vielleicht in den Gesetzen) und ist auch wandelbar. Hätte das Dritte Reich Bestand gehabt würde die Moral der Gesellschaft gänzlich anders aussehen als heute. Dinge, die heute nahezu selbstverständlich sind wären dann absolut undenkbar.

Dennoch lehne ich mich hier aus dem Fenster und sage: das Urteil ist moralisch falsch. Frau Heydrich war offenbar - wie Du schriebst - die Triebfeder der Handlungen ihres Mannes. Diese waren politisch motiviert und ermöglichten bzw. verursachten schwere Verbrechen. Sie hat Ihren Mann zu diesen Handlungen angestiftet und ihn dabei auch - moralisch - unterstützt. Ob bei diversen Prozessen andere Nazi-Verbrecher teilweise glimpflich davongekommen sein sollen oder nicht spielt dafür nicht die geringste Rolle, den auch diese Urteile könnten moralisch hinterfragt werden. Und nein, wenn ich ihr Anstiftung, Beihilfe und Unterstützung eines Verbrechers zuschreibe, bedeutet das natürlich keinesfalls, dass ich damit den Verbrecher von seiner Schuld befreie. Denn der hätte ja durchaus sagen können "Schatz, halt bitte die Klappe, sowas mache ich nicht!". Er hat sich anders entschieden und hat somit Schuld auf sich geladen.

Nach seinem Tod wurde sie von dem Unrechtssystem, in dem sie prominentes Mitglied war, bestens versorgt. Okay, war ja Unrechtssystem. Das ihr aber nach dem Krieg tatsächlich eine Pension mit der Begründung, sie wäre Witwe eines Kriegsopfers zugestanden wurde, und zwar von einem Rechtssystem, das ist schon harter Tobak.

Bei aller sachlicher Zurückhaltung bin ich geneigt, mich eher auf dieser Seite hier wohl zu fühlen:
Zitat von happyislahappyisla schrieb:Aber das grundrecht als mensch und opfer, unsachlich ueber eine nazischlampe zu schreiben, die auch noch finanziell abgesichert leben durfte, waehrend wir in grosser armut hausten, weil mein váter keinen pfennig gehalt oder gar rente bekam, dieses recht habe ich.
@happyisla

Ich wünsche Dir alles Gute, vor allem aber wünsche ich Dir, das Menschen wie Dir irgendwann Gerechtigkeit widerfahren wird. Eigentlich wünsche ich uns das allen, denn das wäre auch gut für alle.

Das tschechische Urteil:
Zitat von EinElchEinElch schrieb:3) und daraus ergibt sich auch schon der Zweifel, dass man sie für das pure Verheiratet sein mit einem Irren lebenslang wegsperren sollte. Für die Behandlung ihrer Zwangsarbeiter hat sie jedenfalls auch kein Lebenslänglich verdient, es ist ja in keinem Verhältnis, wenn man bedenkt, was andere Nazi-Politiker absitzen mussten. Aber das wird auch ein emotional angestoßenes Urteil gewesen sein.
Vermutlich war es das zwar, aber Frau Heydrich hat ja nicht nur ihre Sklaven züchtigen lassen, sie hat auch Mitschuld an den Verbrechen ihres Mannes (als Anstifterin, Beihelferin und Unterstützerin).

Vergessen wir nicht, sie war keineswegs nur
Zitat von EinElchEinElch schrieb:die Frau von einem und überzeugte Nationalsozialistin.
sondern indirekt an den Verbrechen beteiligt. Auch sie hätte die Wahl gehabt, "Nein!" zu sagen. Sie hat sich aber anders entschieden...
Zitat von EinElchEinElch schrieb:Mein eigener moralischer Kompass sagt mir, dass ich niemanden für seine Gesinnung bestrafe, wenn ich nicht selbst ein Nazi sein will.
Klingt auf den ersten Blick ja gut, aber nur, wenn man ihre indirekte Beteiligung an den Verbrechen ihres Gatten ausblendet, und das sollte man keinesfalls tun, finde ich. Ich würde sie ja nicht für ihre Gesinnung verurteilen, sondern für das, was sie getan hat.
Zitat von EinElchEinElch schrieb:Demzufolge - was ist die moralische Basis, auf der das Urteil moniert wurde?
Das Recht der wahren Opfer des Krieges, einen Missstand aufzuzeigen? Sei mir nicht böse, aber Frau Heydrich war eben nicht nur eine arme Kriegsopferwitwe, das sollten wir nicht vergessen.
Zitat von EinElchEinElch schrieb:Ist es nicht ein Hohn, einer Witwe zu sagen, sie sei kein Opfer, nachdem ihr Mann ermordet wurde? Ganz ohne Anschauung des Menschen.
Wenn man beurteilen möchte, ob das Hohn ist, muss man sich ja den Menschen anschauen. :D


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 23:35
Siehe die Verweigerung der Witwenrente an den Witwen und Waisen vom z.B. 20.Juli 1944.



So wurde aus diesen Gründen kurz nach Kriegsende ein Hilfswerk gegründet, das die Familien - Witwen und Waisen - der beteiligten Männer finanziell unterstützte und Hilfe bot, da die Witwen keine Rente zugesprochen wurden. So wurde z.B. einer Witwe erst 1960 eine Hinterbliebenerente anerkannt. Was wenige wissen,die Rehabilitierung von Widerständlern, wurde erst 1998 geschafft. Der Witwe hat man gesagt, aufgrund das ihr Mann Selbstmord gemacht habe, das alleine ist schon Hohn und Verspottung der Witwe.

Oder das Wissen um diese Fakten machen es mir schwer L.H. zu beklagen oder zu sagen, das es eine falsche Entscheidung ist oder war
Auch in Entschädigungsverfahren, auf die noch einzugehen sein wird, war immer wieder ein sehr eng gefasster Begriff des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus zu erkennen. Jenen Menschen etwa, die wir heute wegen ihrer Hilfe für von der Deportation bedrohte Juden als "Stille Helden" ehren, wurde in den 1950er Jahre die Anerkennung versagt: "Deshalb ist auch der Verkehr mit jüdischen Menschen, der Abschluss von Geschäften mit ihnen oder in ihrem Interesse wie auch die ihnen gewährte persönliche Hilfeleistung und Beratung, sei es im Rahmen des Berufs, sei es auf Grund persönlicher Freundschaft, kein Widerstand gegen den Nationalsozialismus, da solche Taten nicht geeignet sind, ein Regime zu unterhöhlen."[13] Mit anderen Worten: Menschen, die verfolgten Juden geholfen hatten, stand weder eine Entschädigungszahlung noch eine laufende Renten- oder Beihilfenzahlung zu.
Quelle: https://www.bpb.de/apuz/186870/der-20-juli-1944-in-der-fruehen-bundesrepublik

DAS empfinde ich als Hohn.


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EinElch Diskussionsleiter
ehemaliges Mitglied

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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 23:41
@velvetdream

Vielleicht muss man das so sehen, dass zum Widerstand formal mehr nötig war, als das, was die pure Menschlichkeit gebietet?



Spoiler@Rest

Ich lass das alles erstmal unkommentiert und komme darauf zurück, wenn ich nicht mehr an einem norddeutschen Strand im Zelt sitze - ich mach spontan mal Urlaub.



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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 23:43
man kann alles sich so hindrehen wie man es möchte. Ich sehe und empfinde das als Hohn, leider bist Du nicht eingegangen auf die Tatsache,das man selbst Menschen irgendeine Renten oder Beihilfenzahlung gegeben hat aus diesem Grunde
Zitat von velvetdreamvelvetdream schrieb:Mit anderen Worten: Menschen, die verfolgten Juden geholfen hatten, stand weder eine Entschädigungszahlung noch eine laufende Renten- oder Beihilfenzahlung zu
Aber lass mal, meine Meinung steht.


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Lina Heydrich - Ein Nachkriegsdeutsches Kapitel

01.09.2020 um 23:57
Der letzte Satz kommt falsch rüber, damit meinte ich nicht Deine Meinung, sondern meine Meinung wegen Lina Heydrich und ihrer Rente. Tut mir leid, sollte das falsch ankommen


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