borabora schrieb:borabora
Mir fällt da gerade sogar ein Fall von früher aus meiner Kindheit ein. Meine Mutter hängte im Sommer immer unsere Wäsche, darunter auch Unterwäsche auf dem Balkon auf und manchmal auch auf der Terrasse. Besonders auf unseren Balkon konnte man gut vom gegenüberliegenden Reihenhaus und den dortigen Schlafzimmerfenstern sehen.
Die Frau, die da wohnte, rief wirklich mehrmals bei meiner Mutter an und beschwerte sich über den Anblick und OT aus der Erinnerung heraus:
Dass sie sich in ihrem persönlichen Blickfeld belästigt fühlen würde. Und sie wolle irgendwann Schritte einleiten (wahrscheinlich war das rechtlicher Natur gemeint), wenn meine Mutter noch einmal Wäsche, insbesondere Unterwäsche, da aufhängen würde. Mein Vater sagte daraufhin zu meiner Mutter, soll sie doch machen, möchte sie sich lächerlich machen.
Hat es wirklich so gegeben.
So, da ging es zwar nicht darum, dass sich die Nachbarin von gegenüber sich in ihrem Glauben oder in ihrer Religion belästigt oder verletzt gefühlt hat, aber das Beispiel ist übertragbar - auch auf den öffentlichen Raum bezogen.
Und darum nochmal: Eine freiheitliche Lebensweise als weitgefasster Oberbegriff gebührt bis zu einem gewissen Punkt jeder Seite und in dieser freiheitlichen Lebensweise kann nicht immer nur auf die Befindlichkeiten des Einzelnen oder einer bestimmten Gruppe Rücksicht genommen werden - egal wie sehr sie etwas stören oder sie sich persönlich verletzt sehen würden.
A kann bis zu einem gewissen Punkt nicht nur exakt dasselbe wie B tun, - sondern dürfen beide, A und B, auch unterschiedliches im Rahmen des Zulässigen tun und keiner könnte vom jeweils anderen verlangen es nicht zu tun, sondern müssten die Handlung des jeweils anderen zumindest tolerieren.
Verlangen kann die eine Seite natürlich schon, auch persönliche Kritik im Rahmen des Zulässigen üben, aber die andere Seite nicht zwingen.
Aber selbst wenn eine Seite etwas von der anderen verlangen/fordern würde, bräuchte die andere Seite dem nicht immer nachzukommen.
Und würde eine Seite daraufhin sogar gegen die andere klagen, etwas bestimmtes zu lassen oder Schmerzensgeld wegen einer persönlich empfunden Ehrverletzung fordern wollen - würde das nicht automatisch bedeuten, dass der Kläger immer Recht bekäme oder sogar noch vorher sein Anliegen/sein Grund überhaupt eine Klage rechtfertigen würde.
Und konkrete Tatbestände
(nicht nur im Strafrecht) sind auch nicht ausschließlich damit erfüllt, wie A ein bestimmtes Tun oder Unterlassen von B
nur persönlich empfinden würde.