Referenz | Toxische Weiblichkeit, Sophia Fritz

EGO - Lateinisch, ich. Das ich steht dem Es gegenüber. Häufig ist es lyrisch, und allzuhäufig ist es in direkter Rede angesagt. Ich-Botschaften verbreiten sich wie Lauffeuer. Sie sind praktisch, tun niemandem weh und lassen Du so sein wie du sein willst.

Ich wuchs mit monogamen, heteroromantischen Prinzessinen auf, deren Bestimmung es ist, von einem Mann gefunden zu werden, (oder feministischer) sich einen Mann zu suchen, (in jedem Fall aber) ein Nest zu bauen, Kinder zu zeugen, gebären und großzuziehen. Ich hörte, dann gibt man sein Selbst auf, im Gegenzug bekommt man einen bedeutenderen Titel, als Prinzessin: Mutter.

Gleichzeitig hat Ego gelernt, dass ich besser klar komme, wenn ich ein gutes Mädchen bin. Gute Mädchen erfüllen die Erwartungen ihrer Bezugspersonen. Gute Mädchen fällen ihre Entscheidungen in dem Spielraum, denen ihnen die Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft zugesteht.

Heute hat mein Ego zu knaubeln. Es wurde von Hormonen betäubt. Tropf für rosaroter Tropf des reinen Endorphins floss durch meine Adern und legte Ego in Tiefschlaf. Wenn Ego erwachte, konnte Ego gerade mal ein paar Tränchen produzieren.

Tränchen kamen, als mein weiter Weg doch nicht zu meinem nächsten Beutel Endorphin führte, sondern zu einem tristen, nassen Winterwetter in Kälte und mit den Gedanken allein.
California dreaming bedeutet Flucht. Undenkbar, wenn man am Tropf hängt.

Ab da kamen Tränchen regelmäßig. Sie kamen immer, wenn ich nicht mehr meine Endorphinquelle präsent vor mir hatte und schon als ich mich von ihr verabschiedete.
Sie kamen jedes Mal, wenn mein Treffen verschoben wurde.
Sie kamen und gingen nicht wieder, als mir der Entzug prognostiziert wurde.

Ein gutes Mädchen kann Ego besser beschützen. Dafür ist Ego da. Es behütet mit ihrer innewohnenden Stärke alle Archetypen, die mit in mir wohnen. Die alte Frau, das Kind und die Verliebte sind sonst kaum geschützt. Und die letzten Monate hat die abhängige Verliebte mich mit Endorphin überdosiert.
Nun ist es Zeit für die Amazone Ego, die Welt zurecht zu rücken und die Vorsichtsmaßnahmen auf den neuesten Stand zu bringen.

Meine Dealer hat Besseres zu tun, als mich hochzuputschen. Die Abhängige hat es dennoch geschafft, meinen Liebling dazu zu manipulieren, dass mehr Zeit zusammen verbracht wurde.
Zeit ist das kostbarste, was Lebewesen haben. Dies gilt auch für unsterbliche Pilze oder Seegurken.

Die Zeit meines Lieblings wird begrenzt und mein Endorphinentzug führte zu einem Wandel. Ego begriff, dass Liebling es ernst meinte, dass die Wahl nie nur auf mich fallen würde. Ego sah die Wahrscheinlichkeit, dass die Wahl auf die Konkurenz fiel, nun viel klarer vor Augen. Die Konkurenz würde den Status bekommen, die Privilegien, das Erbe und die Hoheit der Mutter.

Endorphin, durchdrang es Ego, macht vom Dealer abhängig. Ego lies nun nich mehr zu, dass Verliebte Liebling überhöhte, und sah Punkt für Punkt kleinste alternative Möglichkeiten aufleuchten.

Ego lebt nun auf Wolke 4 mit minimaler Endorphindosis. Glich sich Ego damit Liebling an?

Ego sucht nun Sammlerstücke an kleinen Beutelchens Endorphin in der freien Natur und hofft bis heute, dass sie Sammlerin bleiben kann, und nicht wieder das Jagdmesser, Ausweidemesser und im Austausch der Knochensäge, auch die Gartenschere benötigt.
Auf jede Art Leiche möchten Egos Schwestern verzichten. Nur Ego sorgt dafür, dass es nicht die kleine Schwester ist, die geopfert wird.