Verstorbene noch einmal ansehen?

es ist jetzt 6 jahre her, da war ich 34 jahre, also nicht mehr jung. ich glaube, ich hätte ihn gerne noch mal gesehen.

@Anya1981
Ok, bei einem Kind könnte icb es vlt noch nachvollziehen. Aber so nicht. Schade.

Bundeskanzleri schrieb am 22.10.2021:Ich persönlich hatte bisher immer den Wunsch, denjenigen nochmal zu sehen. Und es hat sich immer als "gut" herausgestellt, aus verschiedenen Gründen.

Als mein Vater Anfang des Jahres verstorben ist, hat mir der Arzt davon abgeraten ihn danach noch einmal zu sehen. Der Körper zerfällt nämlich schon recht stark.

Ich habe mich vorher verabschiedet und das wäre auch meine Empfehlung. So behält man sich den lebenden Menschen in Erinnerung

Manchmal kann man sicher aber leider nicht verabschieden. Mein Papa starb an Herzinfarkt,da war ich 10 und meine Mama starb bei einem Wohnungsbrand, fa war ich 36.

SvenLE schrieb:Als mein Vater Anfang des Jahres verstorben ist, hat mir der Arzt davon abgeraten ihn danach noch einmal zu sehen. Der Körper zerfällt nämlich schon recht stark.

Also wenn jemand gerade erst verstorben ist, trifft das normalerweise nicht zu.
Aber wenn der Arzt abgeraten hat, kann ich nachvollziehen, dass das so umgesetzt wurde.

Tonimewi schrieb:Manchmal kann man sicher aber leider nicht verabschieden. Mein Papa starb an Herzinfarkt,da war ich 10 und meine Mama starb bei einem Wohnungsbrand, fa war ich 36.

Das ist schlimm, tut mir sehr Leid. Gab es da noch keine Rauchmelder, das ist ja inzwischen eine sehr sinnvolle Einrichtung?

Also ich habe meine Mama nochmal angesehen und bereue es überhaupt nicht. Klar, Anzeichen von Verwesung waren da, aber der Bestatter hat sie echt gut hergerichtet. Gerochen hat auch überhaupt nichts. So hatte ich auch überhaupt keine Probleme ihr nochmal einen Kuss auf die Stirn zu geben, ihr über die Wange zu streichen und ihre Hand zu halten. Auch wenn es sich seltsam angefühlt hat.

Es war jedenfalls sehr tröstlich, sie mit so einem friedlichen Gesichtsausdruck zu sehen. Auch wenn man gemerkt hat, dass es nurnoch eine leere Hülle ist...anders als im Schlaf.

SvenLE schrieb am 07.11.2021:So behält man sich den lebenden Menschen in Erinnerung

Das ist sicher ein Argument.
Ich muss aber sagen, zum einen war es mir wichtig, wirklich zu sehen und wahrzunehmen, dass mein Vater damals nicht mehr gelebt hat. So konnte ich es viel besser begreifen, dass er wirklich tot war.

Und ich habe das Bild im Sarg noch im Kopf, aber genauso Bilder von früher, also lebendige Bilder. Die existieren nebeneinander und für mich passt das.

Halloween schrieb:Auch wenn man gemerkt hat, dass es nurnoch eine leere Hülle ist...anders als im Schlaf.

Ja, den Eindruck kann ich bestätigen.
Ich habe mich von einem geliebten Menschen verabschieden dürfen, es war sehr berührend.
Ich glaube eigentlich nicht an ein Leben nach dem Tod, aber ich bin mir seitdem nicht mehr sicher, ob wir nicht doch mehr sind als unser Körper.
Weil der Körper war ja noch da, die geliebte Person als solche aber nicht mehr.
Es ist schwer zu beschreiben.

Ich war als Kind auf einer Beerdigung eines kleinen Jungen in der Verwandtschaft. Dieser hatte einen Autounfall. Auf Wunsch der Eltern wurde er schön hergerichtet, damit sie ihn nochmal ansehen können.
Das ist sicher auch gut gelungen, aber es war nicht mehr er selbst. Sozusagen ein schlechter Kompromiss.
Man kann so auf die Schnelle nicht das echte Gesicht nachbilden.

Im Gegensatz dazu finde ich den toten unveränderten Körper als authentisch.

Aber ein Gesicht mit Unfallfolgen ist auvh unzumutbar.

Eine schwierige Frage.

Das muss jeder Mensch individuell entscheiden. Ich denke man sollte in sich hinein horchen, wenn so eine Entscheidung ansteht und dann wird man vermutlich ein Gefühl dafür bekommen wie man damit umgehen möchte.
Ich habe als kleines Kind meine Oma in der Leichenhalle gesehen und das war okay für mich. Sie sah aus als würde sie friedlich schlafen. Im Nachhinein hat es mir beim Abschied geholfen zu sehen das Oma friedlich schläft. Es wäre wahrscheinlich schlimmer gewesen, wenn Oma von einem auf den anderen Tag einfach weg gewesen wäre.
Meinen Opa habe ich nicht gesehen. Damals hatte ich Angst davor Opa tot zu sehen und habe mich auch nach seinem Tod nicht mehr "getraut" in seine leere Wohnung zu gehen, in der er verstorben war. Das war im Nachhinein keine so gute Entscheidung. Es wäre vermutlich besser gewesen auch noch ein letztes Mal in die Wohnung zu gehen und Abschied zu nehmen.
Als meine Tante starb (und dann auch ihr Haus verkauft wurde) haben sich Familie und Freunde noch ein letztes Mal nach der Trauerfeier zum Abschied in dem Haus getroffen. Das war zwar einerseits seltsam, weil meine Tante fehlte, aber andererseits auch schön nochmal dort zu sein.
Grundsätzlich denke ich das es gut ist einen Todesfall nicht zu verdrängen, sondern sich damit und auch mit der Trauer bewusst auseinander zu setzen. Ich habe eine langjährige Nachbarin in ihren letzten Tage bis zu ihrem Tod begleitet. Und auch wenn es sehr schwer fällt und weh tut, muss man das irgendwie ertragen. Denn der Tod gehört leider zum Leben dazu.

Hatmaker schrieb am 22.10.2021:Ich mach mir selbst noch heute Vorwürfe, dass ich ihm so geraten habe, aber er war damals auch sehr labil und ich hatte auch richtig Angst um ihn, daher weiss ich es war besser so.

Raten oder abraten würde ich niemandem...da kommt dann gerne mal so was bei rum wie bei euch ("Hätte ich es doch besser anders gemacht...").

Ich habe meinen Opa damals in der Leichenhalle aufgebahrt liegen sehen, geschminkt, es war ein heißer Spätsommertag, deswegen war der Lippenstift verlaufen...dieses groteske "Bild" kann ich heute noch abrufen, das brauche ich kein zweites Mal.

Als mein Vater vor neun Jahren verstorben ist, im Krankenhaus, aus der Sedierung heraus, habe ich mich spontan entschieden, ihn mir nicht anzuschauen.

Ich entscheide das im Einzelfall, was ich mir aber definitiv nicht mehr antun werde, sind aufgebahrte Tote.

MissMary schrieb am 23.10.2021:Für die beiden lief alles "gut" - mir persönlich fehlt ein großes Stück. Ich mochte meinen Onkel sehr gerne, dadurch, dass das alles so professionalisiert war, war er in besten Händen, aber der Rest der Familie wurden vom gesamten Prozess total ausgeklammert.

Für mich liest es sich, als hätte dein Onkel das genau so gewollt...und das sollte man dann auch respektieren.

Wenn er gerne noch Besuch gehabt hätte, hätte er wohl nicht stattdessen telefoniert?

Geht ja dann weiter: Du buchst ein sorglos Paket beim Bestatter und musst dich um nicht mehr kümmern. Der Bestatter fand sogar einen Beisetzungstermin, der mit allen Nichten und Neffen beruflich vereinbar war - es war, als ob der Tod bewusst klein gemacht wurde und auf einen Termin gelegt, wo es passte (ach, ihr Neffe lebt 500km entfernt, dann doch den letzmöglichen Termin freitagnachmittags?).

Was ist daran verkehrt? Und was hat das mit "Tod bewusst klein machen" zu tun? Der Tod war doch bereits eingetreten und es ging um den Termin für die Beerdigung.

Dir fehlt ein großes Stück, einem anderen Angehörigen hätte vielleicht was gefehlt, wenn er nicht an der Beerdigung hätte teilnehmen können.

Das sollte man nicht nur aus seiner eigenen Perspektive betrachten.

Cassandra71 schrieb:Raten oder abraten würde ich niemandem...da kommt dann gerne mal so was bei rum wie bei euch ("Hätte ich es doch besser anders gemacht...").

Naja ich wurde gefragt und habe ihm aus meiner Sicht gesagt was ich täte wenn ich nochmal die Chance hätte, mich hat ja meine Mutter quasi genötigt meinen Vater noch mal zu sehen. Seine restliche Familie jedenfalls wollte um keinen Preis noch mal die verstorbene sehen und ich denke deshalb ist er dann nicht noch mal gegangen.

Im Grunde ist es aber nicht ausschlaggebend ob man einen Toten beschaut oder nicht. Das Leben miteinander ist was zählt.
Also ist bei uns nicht wirklich was "rumgekommen". Wir sind nach wie vor glücklich miteinander und meinem Freund geht es sehr gut und er wird jetzt Vater.

Hatmaker schrieb:Im Grunde ist es aber nicht ausschlaggebend ob man einen Toten beschaut oder nicht. Das Leben miteinander ist was zählt.

Schön gesagt.

Bei meinen 38 Jahren sind in meinem Umfeld natürlich schon einige verstorben.

Ich hatte bei keinem das Bedürfnis, mir die Leiche noch einmal anzusehen. Ich verstehe aber auch jeden, der das möchte. Ich finde es auch schwierig, bei solch einem Thema irgendwelche Ratschläge zu geben. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Eine Sache, die ich aber bei allen hatte, war der Umstand, dass ich mich einige Zeit nicht in der Lage gesehen habe, auf den Friedhof zu gehen. Ich weiß nicht warum, aber ich habe mich da sehr unwohl gefühlt. Vorteil war da, das die meisten Gräber weiter weg waren, von dem meiner Großeltern mal abgesehen und mittlerweile dem meiner Mutter.

Hatmaker schrieb:Im Grunde ist es aber nicht ausschlaggebend ob man einen Toten beschaut oder nicht. Das Leben miteinander ist was zählt.

Mein Vater starb vor 4 Jahren. Ich wusste das Nachts der verdammte Anruf aus dem Krankenhaus kommen würde... konnte die ganze Nacht nicht schlafen und als das Sch**** Telefon klingelte.... ich konnte nicht rann gehen... bin rummgetorkelt, hab mir ein Brot geschmiert uvm... mein Frau nahm dann ab und reichte mir den Hörer weiter.. =((

Ich konnte Ihn im in KH nicht mehr lebend erreichen... (wobei die Blickkontake Stunden vorher schon für sich sprachen) Er hing noch an den ganzen Geräten... war noch warm. Ich hielt seine Hand... und ja... Wie Du schreibt... Das Leben "miteinander" war das was zählt....

Echt richtiger Scheiß Moment...

Prost Gemeinde!!

ja, das ist ein scheißmoment. und das danach war auch richtig beschissen. mein vater ist vor 6 jahren an krebs gestorben. ich wußte, dass er nicht mehr lange zu leben hat und trotzdem hat es mich eiskalt erwischt. es war um 5 uhr morgens, als meine tante es nicht mehr ausgehalten hat und mich angerufen hat. noch nie in meinem leben hab ich so einen schmerz gefühlt. ich habe geweint und gleichzeitig geschrien vor entsetzen. meine armen nachbarn 🙁

um zu begreifen, dass er tot ist und ich ihn nie wieder sehe, hätte ich gern noch mal gesehen. aber die chance hat mir meine tante (seine jüngere schwester) genommen.

Anya1981 schrieb:aber die chance hat mir meine tante (seine jüngere schwester) genommen.

Das ist heftig und es tut mir leid für dich. Aber was mischt sich deine Tante da ein?

@Anya1981
Woe geht es dir denn jetzt damit?
Also mit dem Tod deines Vaters?

Ist ja ein bisschen Zeit vergangen, ist es jetzt besser?

Das ist eine spannende Frage und jeder muss es für sich selbst entscheiden.

Mein Vater verstarb vor 5 Jahren zu Hause in seinem Bett. Ich saß die letzten Tage bis zum Ende neben ihm. Das ist aber für mich nochmal eine andere Situation, als den Verstorbenen dann nochmal anzusehen.

Das würde ich aber wohl auch so machen wollen, um zu verstehen, dass die Person wirklich tot ist.

Anya1981 schrieb:um zu begreifen, dass er tot ist und ich ihn nie wieder sehe, hätte ich gern noch mal gesehen. aber die chance hat mir meine tante (seine jüngere schwester) genommen.

das klingt grausam.

raptor83 schrieb:Ich hatte bei keinem das Bedürfnis, mir die Leiche noch einmal anzusehen. Ich verstehe aber auch jeden, der das möchte. Ich finde es auch schwierig, bei solch einem Thema irgendwelche Ratschläge zu geben. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Ja klar. Ich hab aber meine Einschätzung zur Situation widergegeben, ihm gesagt wie es bei mir war und dass das ein scheisstrauriger Moment war, ja auch das gehört zum Leben und jeder muss es selbst entscheiden und tut ja dies im Grunde auch. Ich fand es aber auch nicht gut damals von der restl Familie, die haben sehr drauf gedrängt dass er nicht geht. Anyways..life goes on.
Man kann nciht immer alles perfekt machen, ja man wird sich öfters mal denken hätt ich es doch anders gemacht, und irgendwie ist diese Totenbeschau auch sowas, man kann es im Prinzip nicht richtig machen.wie man es macht oder nicht, man macht es "falsch".

Ich berreue dass ich meinen Vater noch mal angesehen habe. Ich würde es aber auch berreuen es nicht getan zu haben.

Und habe für die Friedhofsbesuche auch eine Zeit gebraucht. Bei Trauer gibt es wie gesagt kein falsch oder richtig, jeder macht es anders.

@DerDicke

Bei mir war es genauso mitm Anruf, nur ging ich ran, und habe nur geweint.ich wollte nicht dass mein bruder es ausspricht.

Scheisse Leute, ich hasse dieses Thema eigentlich ;D