Nau abbama beck tuse ruhts:
nachthauch schrieb am 15.10.2020:Glaubt ihr, dass sich das Niveau der Sprache wieder normalisiert oder steuern wir einer Zeit entgegen, in der die Sprache noch stärker vereinfacht, primitivisiert und banalisiert wird?
Sprache ist etwas Lebendiges, sie verändert sich ebenso wie ihre Sprecher stetig und unaufhaltsam. Wer in da hood nicht failen sondern fly sein will, der spricht dort eben gerade nicht so wie mit seinen Eltern, darüber haben sich bereits Sokrates und Aristoteles erfolglos beklagt. Was einmal cool und fetzig war ist heute eben bam und wyld - sich von der Elterngeneration auch sprachlich abzugrenzen war und ist normal und wird es auch künftig sein. Früher war nicht wirklich mehr Lametta, es sieht heute nur anders aus, internationaler und damit hauptsächlich englischer. Da beißt die Maus keinen Faden ab, wie heftu diel visit.
Bedenklicher als die Quasi-Geheimsprache "Jugendslang" ist in meinen Augen die Unsitte, englische Alltagsphrasen wortgetreu einzudeutschen und damit tatsächlich unsere Sprache zu verhunzen. Am auffälligsten ist das wohl an "it makes no sense" zu beobachten: Im Deutschen kann etwas sinnvoll, also voller Sinn sein; es
hat ihn,
macht ihn aber nicht - wie auch?
Ebenso wie das "Sinn machen" den Platz von "Sinn haben/sinnvoll sein" einzunehmen droht, hält "nicht wirklich" Einzug in die Umgangssprache und verdrängt immer mehr das "eigentlich nicht", was ja der Bedeutung des miserabel eingedeutschen "not really" entspricht. Und wenn ich etwas realisiere, dann werde ich mir dessen nicht bewußt (to realize), sondern verwirkliche es. Wird das auch künftig so sein, wenn sich die Bedeutungsverschiebung allgemein durchgesetzt hat?
Vor 400 Jahren schrieb Francis Bacon in seinem Werk "Neues Organon": "Die Menschen glauben, ihr Verstand gebiete den Worten; es kommt aber auch vor, dass die Worte ihre Kraft gegen den Verstand umkehren." Dem gilt es entgegenzutreten. Warum? Weil Sprache nicht nur der Kommunikation dient, sondern vor allem auch das Medium des Denkens ist:
Wie die Sprache das Denken formt
Menschen leben in unterschiedlichen Kulturen und sprechen die verschiedensten Sprachen. Deren Strukturen prägen in ungeahntem Ausmaß die Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen.
Quelle:
https://www.spektrum.de/news/linguistik-wie-die-sprache-das-denken-formt/1145804Die Sapir-Whorf-Hypothese ist eine Annahme aus der Linguistik, der zufolge die Sprache das Denken formt.
Quelle:
Wikipedia: Sapir-Whorf-Hypothese