Die Idee zumindest im Bereich der Sexualstraftaten und besonders bei Straftaten an Kindern ein solches öffentlich einsehbares Register einzuführen gibt es schon recht lange und in einigen Staaten, unter anderen den USA, Australien, Canada, Grossbritannien, Israel usw. Die USA sind allerdings bisher das einzige Land, wo dies auch durchgeführt wurde. In allen Ländern wurde diese Idee kontrovers diskutiert und, nicht sonderlich überraschend, wurde bei der allgemeinen Bevölkerung eher positiv, bei Fachleuten eher negativ aufgefasst.
Diese weitreichende Diskussion und die Einführung in den USA haben dann auch zu zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen geführt, ob so ein System den Zweck erreicht: zukünftige Straftaten von einschlägig Vorbestraften zu verhindern.
Freilich ist das schwer einzuschätzen, denn es gibt kaum Daten, dass jemand sagt: wenn es das System nicht gäbe, würde ich mehr Straftaten verüben usw.
Allerdings haben die Studien doch einige Ergebnisse gebracht, und diese sind für die Befürworter sehr ernüchternd: sie stellen in der Regel nämlich fest, dass ein solches Register keine statistisch belastbare Auswirkung hat.
So gibt es z.B. zahlreiche bekannte Studien, die Gruppen von einschlägig Vorbestraften vergleicht, und zwar solche, die vor Einführung des Systems veurteilt wurden und damit nicht von der Registrierung betroffen waren und solche, die nach der Einführung registriert und öffentlich bekannt wurden. Die Studien haben durchweg ergeben, dass die Vorbestraften als Gruppe nicht signifikant unterschiedlich neue Straftaten begangen haben.
In den meisten Bundesstaaten der USA unterschieden sich die Zahlen statistisch insignifikant: unter den Vorbestraften wurden nach der Einführung der Registrierung zwar meistens etwas weniger Wiederholungstäter ausfindig gemacht als vorher, wobei es in dem einen oder anderen Staat sogar den gegenteiligen Trend gab, aber jedesmal waren die Unterschiede nach Ansicht der Fachleute innerhalb eines normalen statistischen Rahmens, so dass man keinen Effekt der Registrierung ausfindig machen konnte.
Man findet die Einzelergebnisse hier, aber leider nur auf Englisch:
Wikipedia: Effectiveness of sex offender registration policies in the United StatesAuf der anderen Seite wurden auch die hier schon angesprochenen Negativeffekte bemerkt: schwerere Wiedereingliederung der Vorbestraften etc.
Neben den grundsätzlichen Bedenken, die hier schon angesprochen wurden und die ich teile, zeigt also auch die Erfahrung der einzigen bestehenden Systeme, dass praktisch kein signifikanter Effekt erreicht wird.
Da bleibt der Schluss, dass die einzig effektive Verhinderung von Wiederholungstaten tatsächlich ein permanenter Freiheitsentzug für die Täter sei. Das bringt natürlich wieder ganz andere Probleme. In gewisser Weise ist das auch schon probiert worden, z.B. gibt es in einigen Bundesstaaten der USA die Regel, dass Wiederholungstaten signifikant schwerer bestraft werden als eine erste Tat, bis hin zum sogenannten "three strikes law", das bei einer dritten Verurteilung eine zwingende lebenslange Inhaftierung vorschreibt.
Auch hier sind sich Fachleute aber relativ einig, dass dies eine problematische Lösung ist. Umgekehrt freilich sind auch die in anderen Ländern probierten Alternativen, z.B. Therapie anstatt Strafe, ebenfalls nicht sehr erfolgreich gewesen.
Unterm Strich bleibt der unbefriedigende Zustand, dass eine Gesellschaft, die nicht im Sinne des Begriffs "drakonische Strafen" verhängen mag, noch keine Lösung des Problems gefunden hat.