Um es gleich vorweg deutlich zu machen und Mißverständnisse zu vermeiden: Ich bin geimpft.
jaska schrieb:Es gibt schlicht kein vernünftiges Argument, um ohne Vorerkrankungen so zögerlich zu sein. Vielleicht noch wenn man schwanger ist oder eh keinen Kontakt zu Menschen hat. Aber sonst?
Natürlich gibt es Argumente, sich auch gegen einen medizinischen Eingriff (ja, auch eine Impfung zählt dazu) zu entscheiden. Deshalb plädiere ich auch entschieden dafür, die Entscheidung grundsätzlich jedem Individuum selbst zu überlassen. Aber gerade dann, wenn in einem Einzelfall Vorteile überwiegen, Risiken gering sind und fadenscheinige und/oder sachlich falsche Gründe vorgebracht werden, hat man mit fundierten Sachargumenten ja eine Angriffsfläche. Vereinfacht gesagt könnte man das "Nein" des Gegenübers einfach als Abkürzung für "
Noch
Eine
Information
Nötig" interpretieren und sachliche Überzeugungsarbeit leisten.
Nochmal, nicht jede(r) die/der eine Impfung ablehnt, ist automatisch ein(e) "Impfskeptiker(in)" oder gar "Impfverweigerer(in)". Viele haben sich gegen die gängigen Erkrankungen sogar impfen lassen. Zumeist scheitert es an einem "schlechten Bauchgefühl" oder einer falschen Information oder, oder, oder....Aber da kann man überzeugen, wenn man selbst
eben nicht alle über einen Kamm schert, die Sachebene nicht verlässt, zuhört und Respekt der Person gegenüber hat und auch zeigt.
jaska schrieb:Statt der einzelnen subjektiven Gründe auf die Spur zu kommen wird mit dem Finger gezeigt: auf Geimpfte, die unfairerweise keine Tests mehr brauchen, auf die planlose Politik, auf die nicht zur Kasse gebetenen Raucher...
Tatsächlich ist es nicht ganz ungefährlich, wenn man sich als geimpfte/genesene Person nicht mehr testet. Denn auch vollständig geimpfte/genesene Menschen können sich (wieder) infizieren und die Krankheit auch auf andere Menschen übertragen. Niemand weiß zum jetzigen Zeitpunkt genau, wie lange der Impfschutz tatsächlich maximal schützt und wann der Schutz nachlässt. Natürlich, die Wahrscheinlichkeit als geimpfte Person infiziert zu werden bzw. die Krankheit auch auf andere Menschen zu übertragen, ist wesentlich geringer, als bei ungeimpften Menschen. Trotzdem ist es möglich. Deshalb teste ich mich auch täglich selbst. Nur das garantiert maximalen Schutz für mich und andere Menschen. Trotz vollständiger Impfung.
Was die Politik in der Coronapandemie angeht, kann man unterschiedlicher Meinung sein. Ich war und bin auch nicht mit allem einverstanden. Das hat aber nur wenig bis nichts mit der eigenen Impfentscheidung zu tun. Das Virus ist unpolitisch. Insofern kann man ein solches Argument ja leicht vom Tisch fegen.
Die Kostenpflicht für Tests hat mich persönlich auch nicht begeistert, denn es betrifft und benachteiligt vor allem finanziell schwächer gestellte Menschen. Sollte z.B. -wie zuletzt vom Vorsitzenden des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery gefordert*- ein PCR-Test für die Benutzung des ÖPNV zur Pflicht werden, hat ein(e) allein erziehende(r) Mutter/Vater ein echtes Problem, wenn sie/er nur wenig verdient und für den Weg zur Arbeit auf den ÖPNV angewiesen ist. Das ist als Impfanreiz für mich das falsche Mittel der Wahl, schließlich gibt es ja auch wohlhabende ungeimpfte Menschen, die das nicht interessiert z.B. weil sie ein Auto besitzen.
* Quelle:
https://www.tagesschau.de/inland/montgomery-2g-101.html