Was bedeutet es, menschlich zu sein?

@Orig.Nathan

Heute versucht man das etwas "weicher" zu gestallten, trotzdem gibts natürlich Machtgefälle und Hierarchien.
Schätze dir geht es vor allem um die, denen es scheinbar nicht hart genug sein kann.

Ich glaub von außen betrachtet kann es wie eine Unterordnung aussehen oder eben wie ein Miteinander.
Ich denke das kommt auch auf die eigenen Aversionen oder Vorlieben an wie man das jeweils sieht.
Kann halt angenehm sein sich voll und ganz in die Hände eines anderen zu geben
Die von der SM Szene wissen bescheid. :D
Oder wenn man das Leben in gottes Hand legt, die des Partners, des Anführers, des Chefs oder was auch immer.

Und wenns schief geht ist halt der Partner schuld, die Anderen, die politischen Gegner oder außnahmsweise eben der selbstgewählte Führer aber einem selbst trifft in keinem Fall die Schuld-tm. :D

Btw. SM Szene.. da hab ich mal die einhellige Meinung gelesen, wenns schief geht ist immer der dominante Schuld. :D
Vorlonen Sprichwort: Die Wahrheit ist ein dreischneidiges Schwert. :D

Yooo schrieb:Schätze dir geht es vor allem um die, denen es scheinbar nicht hart genug sein kann.

Hätte sein können, ist aber nicht so. Mir geht es eher um ein politisches Phänomen aus der rechten Szene. Unwahrscheinlich viele menschen wünschen sich einen starken Führer, der "mal wieder so richtig aufräumt", wobei "so richtig" schon Mord&Totschlag beinhaltet.

Ist das wirklich eine grundsätzliche menschliche Eigenschaft, Verantwortung lieber abzugeben und sich einem System von Befehl und Gehorsam zu unterwerfen? Da gibt es verschiedene Meinungen und es klang ja auch hier schon die Verschiedenheit der Sichtweisen an.

Orig.Nathan schrieb:Ist das wirklich eine grundsätzliche menschliche Eigenschaft, Verantwortung lieber abzugeben und sich einem System von Befehl und Gehorsam zu unterwerfen? Da gibt es verschiedene Meinungen und es klang ja auch hier schon die Verschiedenheit der Sichtweisen an.

Schwierig.
Wenn man etwas freiwillig und gerne macht und für sinnvoll hält erscheint es eben nicht als Zwang.
Auf der anderen Seite kann Gehorsam natürlich auch erkauft werden. Da wird eben die Freiheit versprochen oder sonst was, oder mehr Geld, mehr Privilegien, was auch immer. Oder einfach Geld überwiesen.

Ein Zwang ist es gefühlt nur für den jeweiligen Gegenspieler.
Oder seh ich das falsch?
Die wenigsten bennen alles was irgendwie Zwang ist als Zwang, das wird alles irgendwie relativiert und sozialverträglich gemacht - damit es geschluckt wird.


Deshalb reden doch so viele Menschen von "unsere Gesellschaft ist so und so" "wir Menschen machen das so und so".
Die wenigsten wollen einfach nur Eigenschaften bennen, sondern es geht um die Ziele dabei, dass man die Leute dazu bekommt etwas freiwillig zu machen. Das man praktisch ein soziales Ritual hat, was im Grunde aber nichts an den damit überspielten Zwängen und Erwartungen dahinter ändert.

Yooo schrieb:Das man praktisch ein soziales Ritual hat, was im Grunde aber nichts an den damit überspielten Zwängen und Erwartungen dahinter ändert.

Schöner Satz. Ist insgesamt sicher ein echt beachtenswerter Standpunkt. Ich meine aber, dass es gerade der gefühlte Zwang ist, der als so angenehm empfunden wird, weil nur dieser die eigene Verantwortung abschaltet. "Befehl ist Befehl, ich musste so handeln". Damit überstanden viele die Nürnberger Prozesse.

Menschlich sein bedeutet unter anderem auch Tiere zu lieben... und jede Lebensform... es gibt ja immer noch das Thema Humanismus... der für jeden auch etwas anderes bedeutet. Ich habe eine Dissertationsarbeit, die auch als Buch veröffentlicht wurde, zu Hause... leider noch nicht ganz durchgelesen... da stehen interessante Sachen darüber drin...

...für mich ist Menschlichkeit gleich Toleranz, liberales Denken (aber kein Neo-Liberalismus, den ich zuftiefst ablehne), jeden Menschen so leben lassen, wie er möchte (außer, er schadet damit bewusst anderen Lebewesen) und im Umgang mit anderen, wenigstens so gut wie möglich, zu versuchen, ehrlich zu sein.

...ohne Notlügen kommt man aber, so sehe ich das, im Umgang mit Menschen auf Dauer nicht aus... manche wollen belogen werden, damit sie sich selber aufrichtig und glücklich fühlen (und sehen) können.

Some of them want to use you
Some of them want to get used by you
Some of them want to abuse you
Some of them want to be abused.

(Sweet Dreams, by Eurythmics)

...mit dem Neoliberalismus verbinde ich heute aber eher einen Marktfundamentalismus, der jeder Menschlichkeit entgegen strebt... also ins Gegenteil verkehrt.

Orig.Nathan schrieb:"Befehl ist Befehl, ich musste so handeln". Damit überstanden viele die Nürnberger Prozesse.

Wenn man keine Rückendeckung bekommt, wird man wohl eher dazu neigen so zu handeln.
Rechtlich muss es eben auch illegale Befehle geben können aber dafür muss es auch die Grundlagen geben.
Das kann man wohl als Lehre aus dem 2WK ziehen.

Dass das noch lange nicht weit genug geht sieht man mM nach an Snowden und co.
Aber auch die Unternehmen werden mM nach noch viel zu sehr geschützt.
Wenn man über ein Unternehmen plaudert ist man am Ende noch selbst der Arsch, weil man zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.
Wenns nach mir ginge wäre das nicht rechtmäßig und damit ungültig.
Und Insider kommen sowieso vor der offiziellen Ankündigung raus, das kann man immer wieder an den Bewegungen der Börse sehen.
Offene Kommunikation wird jedoch unterdrückt.

Ich habe vergangenes jahr in einer sozialen einrichtung gearbeitet.

Derzeit arbeite ich auch in einer einrichtung, die menschen wieder ins gesellschafts-und arbeitsleben zürückführen, eingliedern soll.


In beiden einrichtungen, die u.a. durch Kirche und anderen investoren getragen werden, wurden und werden auch menschen mit emotionalen oder psychischen defeziten betreut und eingegliedert, menschen die wie ich langzeitarbeitslos sind oder sozialstunden abarbeiten müßen.

In beiden einrichtungen wird auch wirtschaftlicher ertrag durch verkauf mit erarbeitet.

Und eines ist mir jetzt doch aufgefallen, zunächst einmal sind diese einrichtungen sehr darum bemüht diesen menschen zu helfen.

Ich kann mir vorstellen, das es selbst für studierte sozialtherapeuten etc. nicht leicht ist, das alles unter einen hut zu bekommen und tagtäglich individuell auf jedes einzelne problem einzugehen.

Aber dieses jedem einzelnen menschlichen schicksal entgegen zukommen, alles aber auch wirklich alles an die vorgesetzten heranzutragen, schafft auch in beiden einrichtungen, so habe ich es erlebt, eine insgesamte dauerhafte atmosphäre untereinander der gereiztheit, spannung, agressivität usw., bis hin sogar zu körperlicher gewalt.

Ein gegenseitiges denunzieren für nichts, hat sich zu einer unsitte in vielen unternehmen herauskristallisiert.

Es ist menschlich zu gehen. Andere laufen, fliegen, schwimmen, sprinten, hoppeln, traben, galoppieren, stolzieren, staksen, trampeln, sprinten, spurten, usw.

Aber nur der Mensch geht. Irgendwohin.

@Ptoliporthos
Was ist dann das hier?

What gorilla's upright walk could tell us about evolution

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@Luminita
Gut, warum soll ein einzelnes Affenexemplar keine Menschlichkeit besitzen? Wenn ich jetzt sage: Fahren ist menschlich, dann kommt ein Bild von einem Orang-Utan, der Golfcart fährt.

...

Aber warum sollen Leute, die nicht gehen können nicht menschlich sein? Vollkommen menschlich?

...

Neuer Versuch: Irren ist menschlich.

...

Na dann hau mal raus, deinen verdutzten Hund, wie er beim Hütchenspiel beschissen wird. :D

Tiere können einzelne menschliche Verhaltensweisen haben, ohne Menschen zu sein. So wie Menschen "animalisch" handeln können.
Heißt, es geht ja nicht darum, zu sagen das ist menschlich und deswegen kann kein anderes Lebenswesen jemals auch nur ähnlich handeln. Sondern es geht um Verhaltensweisen, die überwiegend von Menschen gezeigt werden und daher typisch für Menschen sind.

Würde man ein Kriterium suchen, das Menschen von jeder anderen Lebensform im Universum unterscheidet, dann ist es ganz sicher die steuerliche Regelung für Photovoltaikanlagen (im deutschen Steuerrecht). Kein anderes Wesen käme auf die Idee, so einen komplizierten Unsinn zu erfinden und sich dann auch noch daran zu halten.

"menschlich" ist für mich nicht unbedingt ein positiv besetzter begriff. weil zum menschsein ja auch das böse (hass, gewalt, krieg etc.) gehört. schon interessant, dass im allgemeinen verständnis meist nur die guten eigenschaften oder verhaltensweisen als menschlich gelten. die weniger guten sind dann "unmenschlich".

@fluff
Woher hast Du die Auffassung bzw. wie belegst Du die Behauptung, das allgemeine Verständnis von "menschlich" würde meist nur die guten Eigenschaften und Verhaltensweisen umfassen?

Das habe ich noch nie so erlebt. Daher bezweifle ich es aus allgemeiner Lebenserfahrung. Und dann habe ich mir, just for fun, das Thema hier mal angeschaut und etwas ausgewertet, vereinfacht natürlich und nur oberflächlich.

Da haben wir:

Objektive Kriterien:

Daumen, Bewusstsein, Sprache, Emotionen, Organisation von großen Verbänden

Positiv besetzte Kriterien:

Respekt, Verantwortung, "offenes Herz", Vernunft, Güte, Hilfsbereitschaft, Liebe und Toleranz

Negativ besetzte Kriterien:

Egoismus, Ausbeutung, Quälen, Töten, Grausamkeit, Folter, Neid, Missgunst, Morde, Massenmorde, Gier, Intrigen

Mehrfachnennungen sind dabei, aber insgesamt sind es in Quantität und Qualität mehr negative Eigenschaften die assoziiert werden.

Daher wüsste ich gern, aus welcher Quelle die Behauptung stammt, es sei genau andersherum.


Zudem noch ein Nachtrag: Ich halte es für menschlich, dass man sich unter dem Deckmantel der Selbstreflektion von der eigenen Art distanziert. Stark vereinfacht: Alle Menschen sind sooo böse, sie beuten ihre Umwelt aus, sind egoistisch, quälen Tiere, sind eklige Kapitalisten - aber ich natürlich nicht. Ich bin die goldene Ausnahme, die reine, wunderbare Blüte unter all dem Schmutz und Abfall. Ich lebe nur unter ihnen, nutze den Schutz, die Ressourcen, absolut und in jedem Fall alle RECHTE die ich ja habe weil ich ein Mensch bin (wenn es um Menschenrechte geht ist dann doch wieder jeder gerne dabei) - aber moralisch zeige ich subtil oder doch nicht so subtil gerne jederzeit mit dem Finger auf eine Zivilisation die mir mehr Vorteile bringt als ich unter Ausnutzung meiner eigenen Intelligenz und Leistungsfähigkeit jemals erreicht hätte.
DAS ist menschlich, zutiefst menschlich. Leider.

Arroganz unter dem Deckmantel des Gutmenschen. Moralisierung von Themen. Selbstmitleid.

XAE schrieb:Woher hast Du die Auffassung bzw. wie belegst Du die Behauptung, das allgemeine Verständnis von "menschlich" würde meist nur die guten Eigenschaften und Verhaltensweisen umfassen?

einfach von dem, was man so mitbekommt. hass, gewalttaten, morde und anderes werden allgemein oft als "unmenschlich" bezeichnet. solidarität, nächstenliebe, fürsorge und andere gute taten wiederum stehen meistens in einer reihe mit "menschlichkeit".

XAE schrieb:Ich halte es für menschlich, dass man sich unter dem Deckmantel der Selbstreflektion von der eigenen Art distanziert.

XAE schrieb:Arroganz unter dem Deckmantel des Gutmenschen. Moralisierung von Themen. Selbstmitleid.

sehe bzw. beobachte ich genauso.

Unvollkommenheit ist menschlich. Auf der einen Seite sind da die Schwächen und Fehler, die ein Mensch hat, auf der anderen Seite braucht der Mensch Hilfsmittel zum Überleben. Jedes Tier ist mehr oder weniger perfekt an seine Umwelt angepasst, nicht so der Mensch. Er braucht Dinge wie Kleidung, Werkzeug oder Waffen, um überleben zu können. Es gibt auch Tiere, die Werkzeuge benutzen, aber idR haben sie Ausweichmöglichkeiten und können auch ohne überleben, der Mensch fängt sich keine Nahrung mit bloßen Händen. Als die Zeit des Menschen gekommen war, wäre er vielleicht ausgestorben, aber er hat gecheatet, er hat Werkzeuge benutzt und damit gleichsam die Evolution überwunden und eine ganz neue gestartet. Er hat es weit gebracht, aber da sind immer noch die Schwächen und Fehler, die ihn unvollkommen, menschlich machen...

"Was bedeutet es, menschlich zu sein?"

Da mir in der Aufzählung oben der "Humor" fehlt, sag ich jetzt mal:
menschlich ist es, nicht nur Humor zu haben, sondern vor allem, ihn zu brauchen.

@Ptoliporthos

interessante sichtweise. vielleicht liegt es zum einen an der kreativität des menschen, dem großen gehirn, und an dem drang, immer alles noch ein wenig verbessern und optimieren zu wollen. nie zufrieden zu sein.

Für mich bedeutet Menschliche Sein ,
das ich Fehler und meine macken habe.

Aber auch, wenn es in meiner Macht - Möglichkeit besteht einen Mitmenschen in seiner Not zu Helfen.

Wie leiste ich Erste Hilfe

Irren ist menschlich.
Irre sein auch.