@Photographer73Ähnlich verhält es sich bekanntlich auch mit dem Kruzifix am Halskettchen. Ich fürchte, bei bestimmten sexuellen Vorlieben oder Interessen kommt man um ein gespräch nicht herum. Das Outing geschieht ja meist in Etappen. Kaum einer fällt mit der Tür ins Haus, bzw. mit der Kette um den Hals. Ohnehin ist in Zeiten des Internets vieles einfacher geworden.
Das Netz hat gewisse Vorteile. Ich kann unverbindlicher sortieren als am Kneipentisch. Ich denke, dass es viele Menschen gibt, die, wenn sie schon die Möglichkeiten haben, eine Präselektion potentieller Beischlaf-PartnerInnen vornehmen wollen.
Das ist im Internet nicht anders als in der guten alten gedruckten Kontaktanzeige, die so alt ist wie das Printmedium "Zeitung".
Die Auswahl des Mediums spielt(e) dabei immer eine grosse Rolle.
Wenn ich als Unternehmerin einen adäquaten Partner suche, der sich auch auf internationalem Parkett souverän bewegen kann, so werde ich den eher in der FAZ suchen als in "Happy Weekend" (gibt's das eigentlich noch?)
Wenn ich als Knacki eine treue Seele suche, die mir Fresspakete in den Bau schickt und in Freigangphasen die Beine breit macht, inseriere ich eher in der "Brigitte" als in der "Emma".
Zielgruppengerechtes Self-Marketing eben.
Das gibt's allem Intergenette zum Trotz immer noch in der guten alten Totholz-Branche. Nach langjähriger Pause las ich mal wieder eine Ausgabe der "Zeit" - und siehe da: Die haben in ihrem Magazin immer noch diese schönen Upperclass-Kontaktanzeigen, in denen Unternehmerinnen Chefärzte zum Ficken suchen - oder umgekehrt. Nur schreiben die das eindeutig poetischer als ich.
Das ist ja im Reallife auch nicht anders. Ich geh' doch als strikter Hetero nicht in den Schwulenclub, um eine Frau aufzureissen.
Irrtümer können einem da natürlich immer unterlaufen. Das ist nicht ans Internet gebunden. Der Porsche könnte ein Mietwagen sein, die Kinderbilder in der Brieftasche die Neffen und Nichten, der solvente Herr könnte auf Pump leben und die Jungfrau auf den Strich gehen.
Auch vor Verarschung ist man schon anno dunnemals nicht sicher gewesen. Früher amüsierten sich Mädels damit, auf Kontaktanzeigen in Stadtmagazinen wie Zitty, Szene, Oxmox, Plärrer und wie sie alle hiessen, zu reagieren und die Deppen, die darin inserierten, anzurufen oder zur Bildherausgabe zu bewegen. Damals gab's noch kein Internet. Eine gute Bekannte zeigte mir mal eine umfangreiche Polaroid-Sammlung von Schwanzfotos, die sie auf diese Weise gesammelt hatte.
Andererseits erleichter einem das Internet auch, Menschen mit ähnlichen oder gleichen Interessen kennen zu lernen. Ich würde es als Kontaktmedium nicht verdammen.
Heute findet jeder sexuelle Neigungs- oder Bedürfnispott eben schneller einen Deckel als in Zeiten der guten alten Kontaktanzeige im Stadtteilmagazin a la "Einsamer sucht Einsame zum Einsamen. Chiffre..."
Heute geht der Babywäscheträger, die Masochistin, der Hundekotfan oder die Gummiwäsche-Liebhaberin auf die entsprechenden Plattformen. Das ist einfacher als auf dem Wochenmarkt zu fragen: "Ich finde Bondage ja irgendwie fesselnd - Sie auch?"
Selbst in einem dubiosen Forum wie diesem kann man, Offenheit und Kontaktfreudigkeit vorausgesetzt, sehr interessante Menschen kennen lernen. Wie weit man dann geht, entscheidet man/frau dann gemeinsam.