sacredheart schrieb:Die anderen 12-15% brauchen aber sicher mehr Unterstützung, die sie aber eher dann erhalten werden, wenn nicht die beiden oben genannten Gruppe zu Unrecht auch unter diesen Begriff fallen.
Ich finde in dem Fall, dass man das Alter der Kinder und die wirtschaftliche Gesamtsituation mit berücksichtigen muss. Ich kenne auch Alleinerziehende, deren Kinder 11 sind und die es für unzumutbar halten, wenn das Kind aus beruflichen Gründen einen Nachmittag "alleine" ist - aber gar nicht "alleine" wäre, weil es noch zwei ältere Geschwister hat. Bei manchen (wenigen) wird der Status auch genutzt, um jeden erdenklichen Vorteil aus der Situation zu ziehen, egal, wie sehr man die Umwelt damit belastet (Tunnelblick).
peekaboo schrieb:War es die AfD oder eine andere rechte Partei die Alleinerziehende schlechter stellen will, weil aus ihrer Sicht traditionelle Familien wie aus dem Bilderbuch ganz besonders gefördert werden sollen.
Mitunter ist die "traditionelle Familie" auch echt der Depp. Mein persönlicher Fall: Ich habe meine Tochter völlig ungeplant mitten in meinem Referandariat bekommen. Das Gehalt war natürlich nicht auf den Unterhalt einer Kleinfamilie abgestimmt, die Einstellung hinterher hing vom Notenschnitt ab. Also primäres Ziel: Das Referendariat so gut abzuschließen, dass auch die Chance für eine Anstellung besteht (war damals sehr schwer). Dafür reduzierte mein Mann die Arbeitszeit, nahm für die Prüfungszeit unbezahlten Urlaub. Abschluss klappte, aber alle Rücklagen waren weg. Wir waren finanziell völlig ausgebrannt, es kam noch ein Krankenhausaufenthalt des Kindes in der Großstadt dazu, wo wir noch ein Zimmer mieten mussten, um bei unserem Kind zu sein. Ich arbeite die Sommerferien über bei Edeka und ich werde nie vergessen, dass wir wirklich z.T. von den Lebensmittel lebten, die Edeka aussortierte.
Dann Verteilung der Kindergartenplätze. Bevorzugt wurden: (1) Kinder von Alleinerziehenden, (2) Geschwisterkinder, (3) Kinder, die kein Deutsch daheim lernten, (4) sonstige Härtefälle ... wir wurden gar nicht als sonstiger Härtefall anerkannt, da ich ja nun eine abgeschlossene Ausbildung hatte und sich unsere finanzielle Lage bald wenden würde. Wir bekamen keinen Kindergartenplatz und als wir mit Klage drohten, wurde uns ein Platz in 15 Kilometer Entfernung zugewiesen, da wir ja "zu zweit" seien. Dass wir gar kein Geld hatten, ein Auto zu kaufen, um zu diesem Kindergarten zu kommen, war völlig egal. Hinter vorgehaltener Hand wurde mir öfter geraten, ich solle mich pro forma trennen, dann würde es auch mit einem Kindergartenplatz klappen.
Natürlich muss die Alleinerziehende entlastet werden, aber es gibt mitunter auch belastete normale Familien.
SergeyFärlich schrieb:Niemand. Dann muss der ausgeschlossene Elternteil eben um sein Recht kämpfen.
Auch hier gilt, wie überall im Leben: Für nix gibt's nix.
Das liest sich hier so einfach. Das kann sich über Monate, wenn nicht Jahre ziehen und am Ende kannst du ein Kind haben, das dich gar nicht mehr kennt. Ich kenne einen Fall, da zog sie mit dem Kind einfach mal wieder "heim", er bekam zunächst das Umgangsrecht jedes zweite Wochenende, reiste dann an, mietete ein Hotelzimmer, in dem sich das Kind nie so richtig wohlfühlte. Welche Schule das Kind besuchen würde, wurde per Gerichtsverhandlung drei Tage vor der Einschulung geklärt, also hatte das Kind schon die Schnuppertage und alles verpasst. Ab und an reiste er an, um dann ein Attest vorlegt zu bekommen, dass das Kind krank ist ... er hat sich wirklich bemüht, über Monate und mit Einsatz von viel, viel Geld. Am Ende hat er resigniert, auch, weil das Kind ihm immer fremder wurde.
Streuselchen schrieb:Dafür gibt es Familiengerichte und das Jugendamt. In der Regel bzw in Konfliktsituationen entscheiden die, wie der Umgang zu regeln ist. Den Eltern bleibt dies in Eigenverantwortung solang überlassen, wie der Kontakt zueinander ohne Konflikt möglich ist.
Da kommt es leider auch sehr darauf an, wen du triffst. Solche Entscheidungsprozesse können sich ewig ziehen, es werden externe Gutachten erstellt ...
sacredheart schrieb:Ich betreue meine Kinder mit ca 42% Zeitanteil. Und ich fühle mich in der gesellschaftlichen Wahrnehmung völlig falsch dargestellt, wenn ich hören würde, die Kinder hätten mit ihrer Mutter eine Ein-Eltern-Familie.
Das ist es auch ...
sacredheart schrieb:Für mich stellt sich da oft die Frage: Komisch, vor 5 Monaten hat sie noch kleine Kinder mit ihrem Mann 2 Wochen alleine in Urlaub fahren lassen und offensichtlich keinerlei Besorgnis daran verknüpft und jetzt, wo sie ihn loswerden will, ist er eine unmögliche Person ?
Es gibt Männer als auch Frauen, denen im Scheidungsprozess völlig die Sicherung durchbrennt. V.a. ist die Kindesfrage oft auch eine finanzielle Frage: Verliere ich die Kinder, muss ich den Unterhalt bezahlen. Da greift man sehr oft zu unlauteren Mittel, damit dieser Zustand nicht eintritt.
Luminita schrieb:Du musst mir das schon etwas genauer definieren. Ist es auch Erziehung, wenn ein Elternteil am Wochenende mit dem Kind in den Zoo geht? Meiner Ansicht nach schon, deiner auch?
Prinzipiell ja, aber. Wir (ich arbeite im Schuldienst) erleben sehr oft, dass bei Kindern, die in der Schule ständig "gestupst" werden müssen, oft die Arbeit wirklich an bei dem liegt, wo das Kind überwiegend wohnt. Oft hören wir die Begründung, dass man so zum "Freizeitpapa" wird, immer von der Angst getrieben, dass das Kind einen "uncool" findet und dann gar nicht mehr kommen will. Daher ist man oft nicht streng und fordert z.B. auch nicht ein, dass Vokabeln auch während des Besuchswochenendes gelernt werden.
Die Angst, das Kind zu verlieren, dominiert das ganze Handeln des Elternteils, das so wenig Zeit mit den Kindern verbringt.
kleinundgrün schrieb:Der Selbstbehalt beträgt 1.100 EUR. Alles was an bereinigtem Nettoeinkommen darüber liegt, ist erst mal grundsätzlich Teil eines Trennungs- oder nachehelichen Unterhalts.
Oft ist es ja so, dass, v.a. bei den heutigen Mietpreisen, beide Elternteile in einer finanziellen Misere landen. Beruflich erlebe ich es oft, dass man dem damit begegnet, dass man die Kinder irgendwie "aufteilt" - was für die Kinder nicht nur den Verlust eines Elternteiles, sondern auch eines Geschwisterkindes bedeutet. Dann leben Vater + Kind A woanders als Mutter + Kind B. Am Wochenende sind (idealerweise) die Kinder dann wenigstens zusammen bei Vater oder Mutter.
Sixtus66 schrieb:Ich kenne außerdem nur Alleinerziehende die wirklich nur allein erziehen. Der Ex-Partner ist entweder verschwunden, weigert sich zu zahlen und wird in Ruhe gelassen weil der andere kein Drama will oder er will nichts machen und meldet sich nur einmal im Jahr um mit dem Kind in den Urlaub zu fahren.
Auch das gibt es. Oft gibt es aber auch Elternteile, die durch ihr Verhalten genau diese Situation heraufbeschwören.
Ilvareth schrieb:Der Punkt ist der, dass immer gesagt wird, das Wechselmodell sei im Sinne des Kindes das beste.
Kenne einen Fall im Bekanntenkreis, wo der Vater in seiner Betreuungswoche die Kinder nicht in die Vereine oder zu Freunden lässt. Die kommen also nur jede zweite Woche ins Fußballtraining, weil die Mutter das Training ausgesucht hat und bezahlt.
Aus schulischer Sicht kommen viele Kinder mit dem Modell nicht so wirklich klar. Oft verbleiben schulische Unterlegen beim anderen Elternteil, oder Elternteil A informiert Elternteil B nicht, oder Elternteil A bezahlt die Klassenfahrt nicht, weil sie in der Woche von Elternteil B liegt ... wir haben in der Schule oft "Ärger" mit diesem Modell und die wenigsten Kinder sind damit wirklich glücklich.