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Der Begriff 'alleinerziehend'

876 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Alleinerziehend Scheidungskinder Familie ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Begriff 'alleinerziehend'

26.02.2018 um 10:56
Nebenbei möchte ich noch ein paar Vorschläge machen, wie auch Gerichte dazu beitragen könnten, zu deeskalieren, anstatt aus Gründen des Ablaufs dauernd selbst Kerosin ins Feuer zu schütten.

1. Warum werden auch jüngere Kinder im Gerichtssaal befragt? Hier wird Loyalitätskonflikt gebündelt. Was sollen sie denn sagen? Ein echter Kindeswille kann auf diese Art nicht ermittelt werden. Dazu bedarf es mindestens einer Begutachtung, die nicht einfach durch ein 10min Gespräch in dieser einschüchternden Atmosphäre erfolgen kann. Und wenn Richter schon mit Kindern sprechen wollen: Warum nicht in einer dem Kind angenehmeren Umgebung?

2. Warum wird das Cochemer Modell nicht bundesweit angewandt? Es setzt auf komplette Deeskalation und zwingt zum Dialog der Eltern, von dem Kinder in jedem Fall profitieren.

3. Warum wird dann noch zB bei einer Scheidung, die Überzahlung einer Vorauszahlung von Gerichtskosten dem anderen zugerechnet, so dass man dann noch mit einem Kostenfestsetzungsantrag wieder in einen Konflikt gerät? Außer Bequemlichkeit des 'Hohen Gerichts' kann es da keine Rechtfertigung geben.

Getrennte Eltern sind oft intensiven Ängsten ausgesetzt. Das betrifft Mütter und Väter gleichermaßen, auch wenn Väter immer noch systematisch herausgedrängt werden. Das muss doch von Gerichten nicht noch angeheizt werden.

Oder doch? Na ja, für Anwälte ist das ein bequemes System zur Wertschöpfung. Das wäre das Cochemer Modell eher nicht. Für Eltern dient das bisherige Verfahren vor allem der Dekapitalisierung. Kindeswohldienlich sind solche Verfahren, in der Form, wie sie durchgeführt werden, nicht, auch wenn sonst gerne die Keule des Kindeswohls geschwungen wird. Es dient der Berufsgruppe Anwalt, sonst niemandem. Wie hoch war noch mal der Anteil der Juristen im Bundestag? Mag es da einen Zusammenhang geben? Ich könnte kotzen.


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26.02.2018 um 11:58
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Warum nicht in einer dem Kind angenehmeren Umgebung?
Wird doch gemacht. Man setzt kein Kindergartenkind in den Gerichtssaal, das wird in einem Nebenraum gemacht, in dem es Spielzeug gibt, Malsachen und kindgerechte Möbel. Mir ist sogar ein Fall bekannt, in dem die Richterin das Kind zu Hause „befragt“ hat. Das läuft auch nicht wie ein Verhör ab á la „sag mir jetzt, beim wem du leben willst“, sondern da findet ein spielerischer Dialog statt, begleitet vom Jugendamt.

Wobei ich nicht abstreiten will, dass es nicht auch ganz seltsame Geschichten gibt, wo Eltern und Kinder schon eine Regelung für sich gefunden haben, die im Rahmen eines Scheidungsverfahrens wieder umgeworfen werden soll. Da ist mir allerdings nur ein Fall persönlich bekannt.


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26.02.2018 um 12:18
Zitat von BeckyBecky schrieb:Man setzt kein Kindergartenkind in den Gerichtssaal, das wird in einem Nebenraum gemacht, in dem es Spielzeug gibt, Malsachen und kindgerechte Möbel. Mir ist sogar ein Fall bekannt, in dem die Richterin das Kind zu Hause „befragt“ hat.
Schön, wenn es das gibt. Meine Tochter wurde mit fünf Jahren im Gerichtssaal befragt, obwohl eine Stellungnahme des Verfahrensbeistandes vorlag, der auch mit ihr gesprochen hatte. Das ist zwei Jahre her. Ich hätte ihr das auch gerne erspart.


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27.02.2018 um 12:45
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Oder doch? Na ja, für Anwälte ist das ein bequemes System zur Wertschöpfung. Das wäre das Cochemer Modell eher nicht. Für Eltern dient das bisherige Verfahren vor allem der Dekapitalisierung. Kindeswohldienlich sind solche Verfahren, in der Form, wie sie durchgeführt werden, nicht, auch wenn sonst gerne die Keule des Kindeswohls geschwungen wird. Es dient der Berufsgruppe Anwalt, sonst niemandem.
Und den Umgangspflegern, Mediatoren und neuerdings den 'Anwälten' der Kinder. uswusf...


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01.03.2018 um 11:42
@oBARBIEoCUEo

Stimmt, danke für die Ergänzung. Und auch den Familienhilfen. Ich gönne ihnen sogar dieses Geld und für meinen Teil hatte ich es ohne innere Schmerzen bezahlt, weil ich das Glück hatte, dass sie ihre Arbeit ernst nahmen und auch wirklich eine Hilfe darstellten.

Ich kenne aber überwiegend andere Fälle, in denen auch Umgangspflegschaft als 'easy cash in' betrieben wird. Und es gibt praktisch keine Möglichkeit, sich dagegen zur Wehr zu setzen oder auch nur die Bezahlung für nicht erbrachte Tätigkeiten einzustellen. Eine Qualitätskontrolle findet nicht statt.

Eine Qualitätskontrolle wäre aber besonders beim Amt des Richters noch mehr von Nöten und findet erst recht nicht statt. Richter sind ja eher nicht Hüter des Gesetzes, sondern stehen über dem Gesetz. Ein Urteil, das beispielsweise die Menschrechte von Prozessbeteiligten nicht wahrt, hat keine negativen Konsequenzen für den Richter. Das ist inakzeptabel und führt eben vom Rechtsstaat zum Richterstaat.


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01.03.2018 um 13:14
@sacredheart
Ein großes Problem sehe ich darin, dass Familienrichter keine gesonderte Qualifikation für dieses Rechtsgebiete benötigen, wie es in anderen Bereichen üblich ist. Man braucht weder spezielle Fortbildungen im Familienrecht, noch braucht man pädagogische, psychologische oder sonst welche Kenntnisse. Das sollte endlich ein wirkliches Fachgebiet werden. Ich denke, dann würde Vieles auch anders laufen bei Gericht. Derzeit ist Familienrecht ja eher ne Durchlaufstelle, da wird kein Richter Karriere machen.


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01.03.2018 um 13:22
@Ilvareth

Und insgesamt ist das ja auch ein sehr risikoloser Job. Wenn ein Arzt das falsche Bein amputiert, wird seine Laufbahn damit im Wesentlichen zu Ende sein. Wenn ein Richter wieder und wieder ähnliche Katastrophen anrichtet, passiert ... nichts


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01.03.2018 um 13:38
Zitat von IlvarethIlvareth schrieb:Man braucht weder spezielle Fortbildungen im Familienrecht, noch braucht man pädagogische, psychologische oder sonst welche Kenntnisse.
Der Richter hat in aller Regel - wenn er nicht durch Erfahrung sich solche Dinge angeeignet hat - keine solchen Kenntnisse. Weder im Strafrecht noch im Zivilrecht. Sein Fachgebiet ist die Anwendung der Gesetze.
Für die von Dir genannten Dinge gibt es auf jedem Rechtsgebiet Experten. Die Sachverständigen.
Die haben von den jeweiligen Gebieten (Psychologie, Pädagogik etc.) tatsächlich tiefgreifende Ahnung (oder sollten es haben).
Natürlich gibt es auch bei de Richtern empathische und weniger empathische Charaktere, aber der Richter kann bestenfalls zufällig inhaltlich Experte auf dem Fachgebiet sein, über das er entscheidet. Ein Richter, der im Baurecht tätig ist, hat von Architektur, Statik und diesen Dingen erst mal auch keine Ahnung. Mit der Zeit eignen sich die Richter, wenn sie oft genug mit Sachverständigen zusammen gearbeitet haben, auch eigene Kenntnisse an. Aber im Zweifel ist eben der Sachverständige für inhaltliche Fragen die richtige Adresse.

Familienrecht ist auch keine Durchlaufstelle im Sinne, dass man da nicht Karriere machen könnte. Es ist aber ein für die meisten Richter eher frustrierendes Gebiet, weil es eher selten Ergebnisse gibt, mit denen beide Parteien einigermaßen einverstanden sind. Das ist wie bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, da fasst man sich als Beobachter auch oft an die Stirn, wie blöd oder wie asozial manche Menschen im Umgang miteinander sein können.


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01.03.2018 um 15:09
@kleinundgrün
In anderen Rechtsbereichen sieht das aber anders aus:

http://www.judicial.gov.tw/work/work03/原文1.doc

Zitat aus dem Link, es geht um die Auswahl von Finanzrichtern:

Notwendig und erforderlich sind vor allem auch hinreichende steuerrechtliche Fachkenntnisse. Nur derjenige Richter, der sich im Steuerrecht auskennt, ist in der Lage einen steuerrechtlichen Fall zutreffend zu würdigen und zu entscheiden.


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01.03.2018 um 16:08
Zitat von IlvarethIlvareth schrieb:In anderen Rechtsbereichen sieht das aber anders aus:
Eigentlich nicht. Da geht es um steuerrechtliche Kenntnisse. Also fachbezogene juristische Kenntnisse.
Du hast hier aber von Psychologie und Pädagogik gesprochen. Das sind fachfremde Kenntnisse, die grundsätzlich nicht Teil einer juristischen Ausbildung sind.
Außerdem entsprechen die Finanzgerichte dem OLG. Auch die Familienrichter am OLG dürften allesamt fundierte Kenntnisse des Familienrechts haben.


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01.03.2018 um 16:18
@kleinundgrün

Der große Unterschied ist aber, dass Familienrichter es sich regelmäßig anmaßen, Kinder zu befragen und die Ergebnisse dieser Befragung auch oft als Grundlage für eine Meinungsbildung herhalten.
Weiterhin maßen sich Richter an, auf diesem Wege einen Kindeswillen ermitteln zu wollen, während Kinder wissen, dass draußen beide Eltern mit konträren Meinungen sitzen und sie sich nun entscheiden müssen und oft in jedem Fall ein Elternteil darunter leiden wird. Einen echten Kindeswillen könnte man in einer aufwändigen psychologischen Analyse ermitteln. Richter glauben jedoch, eine kurze Befragung ohne entsprechende Kenntnisse in Psychologie könnten eine solche Analyse ersetzen, einfach aufgrund ihres überragenden Verstandes wegen. Das ist lächerlich.

Genauso gut könnte man eine Aushilfe in der Bäckerei damit beauftragen, in 10min ein Bausachverständigengutachten zu erstellen, mit dem Hinweis, sie habe ja auch schon mal ein Ikea Regal zusammengebaut.

Der inhaltliche Wert beider Ermittlungen dürfte annähernd identisch sein.

Wenn bei einem Finanzgericht am Ende ein fehlerhaftes Urteil herauskommt, kann in einer höheren Instanz anders entschieden werden und Geld kann dann von einem Konto zum anderen zurücktransferiert werden. Der Euro an sich nimmt keinen Schaden dabei.

Das Seelenleben von Kindern kann aber nach einem nicht kindeswohldienlichen Urteil nicht einfach hin- und herüberwiesen werden. Daher wäre entweder eine andere Qualifikation der Richter angezeigt, ggf ein komplettes Zweitstudium. Da dies aber kaum flächendeckend geschehen wird, sollten Richter diese Art der Ermittlung von Kindeswillen bleiben lassen und es dann eben denen überlassen, die es vielleicht etwas besser können.

Deshalb machen Gärtner in der Regel auch keine Herzklappenoperationen.


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01.03.2018 um 16:23
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Der große Unterschied ist aber, dass Familienrichter es sich regelmäßig anmaßen, Kinder zu befragen und die Ergebnisse dieser Befragung auch oft als Grundlage für eine Meinungsbildung herhalten.
Da will ich gar nicht widersprechen.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Richter glauben jedoch, eine kurze Befragung ohne entsprechende Kenntnisse in Psychologie könnten eine solche Analyse ersetzen, einfach aufgrund ihres überragenden Verstandes wegen. Das ist lächerlich.
Das ist nun aber auch sehr übertrieben.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Daher wäre entweder eine andere Qualifikation der Richter angezeigt, ggf ein komplettes Zweitstudium.
Beides ist Unfug. Genau dafür gibt es Sachverständige.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Deshalb machen Gärtner in der Regel auch keine Herzklappenoperationen.
Auch Du verkennst, dass der Richter für die richtige Anwendung des Gesetzes zuständig ist und auch dafür, herauszufinden, was geschehen ist.
Für letzteres kann er sich Sachverständiger bedienen.

Ich weiß, dass Du große Abneigung gegen das Justizsystem hegst. Teils aus eigenen Erfahrungen, teils aber auch aus Unverständnis.
Es ist zugegeben auch schwer, vor allem als Betroffener, sich da eine "objektive" Meinung bilden zu können. Dennoch geht so eine allgemeine Schelte meistens fehl.


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01.03.2018 um 16:31
@kleinundgrün

Die Ermittlung von Kindeswillen in solchen Umgangstreitigkeiten beispielsweise ist aus meiner Sicht in jedem Fall eine gerichtliche Kindesmisshandlung. So progressiv es auch für Unbeteiligte klingen mag, die Kinder selbst sprechen zu lassen, so katastrophal ist das in fast jedem realen Fall.

Wenn eine solche Sache vor Gericht geht, ist die Kommunikation der Eltern schon platt. Sonst wäre das ja außergerichtlich erfolgt. Und so gut wie immer sitzen beide Eltern draußen und Kinder wissen: Einem oder beiden muss ich nun wehtun. Das ist aus meiner Sicht nicht mit der Menschenrechtskonvention vereinbar.

Wenn sich Sachverständiger bedient wird und diese qualifiziert sind, halte ich dies für den besseren Weg. Immerhin entsteht dadurch auch in der Erinnerung des Kindes keine so unmittelbare Kausalkette, die zu Schuldgefühlen führt.

Was soll denn der Sinn der Kindesanhörung vor Gericht sein (ich rede nicht von 17jährigen)?

Entweder verlässt man sich auf ein Sachverständigengutachten, dann braucht es keine gerichtliche Anhörung. Oder, was leider oft auch oft passiert, erst recht in Folgeverfahren, der Richter denkt sich: Was der Sachverständige in mehreren Monaten mit wissenschaftlichen Methoden erarbeitet, das mache ich mal eben nebenbei in 10 Minuten ohne Wissenschaft, ging doch damals beim Hexenhammer auch ohne Wissenschaft. Das kann doch nicht gleichwertig sein, ist also völlig verzichtbar.


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01.03.2018 um 16:42
@sacredheart

Dann musst du aber viel früher ansetzen. Nämlich bei den Eltern, von denen sich mindestens einer nicht wie ein Erwachsener benimmt und deswegen die ganze Chose vor Gericht landet. Der Richter muss dann irgendwie den Scherbenhaufen, den er vor sich hat, wieder zusammensetzen. Und zwar so, dass die Kinder am wenigsten benachteiligt werden.

Dass in einer Trennungs- und Umgangsstreitigkeit niemand unbeschadet rausgeht, ist leider sehr selten der Fall. Und wenn sich alle einig sind, landet man auch eher selten vor Gericht.


Über das Familiengericht hier vor Ort habe ich noch nie was schlechtes gehört (außer von meinem Ex, der den Gerichtstermin ja nichtmal wahrgenommen hat und deswegen eine Strafe zahlen musste). Insbesondere der für uns zuständige Richter hat einen wahnsinnig guten Ruf. Leider ist er mittlerweile im Ruhestand. Aber der hat seinen Job mit Leib und Seele gemacht. Schade, dass nicht alle Richter so sind.


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01.03.2018 um 16:45
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Was soll denn der Sinn der Kindesanhörung vor Gericht sein (ich rede nicht von 17jährigen)?
Der Sinn ist, den Formforschriften zu entsprechen, denn wenn ich das richtig auf dem Schirm habe, wäre ein Urteil ohne Anhörung des Kindes wegen Formfehlern grundsätzlich angreifbar. Müsste ich aber noch mal nachlesen.
Aber im Strafprozess beispielsweise muss das Gericht, in Person des Richters, ja auch alle Beweise persönlich erheben. Deshalb müssen auch alle da noch mal aufschlagen, auch wenn sie schon eine 17seitige Aussage bei der Polizei gemacht haben.


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01.03.2018 um 16:48
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Und so gut wie immer sitzen beide Eltern draußen und Kinder wissen: Einem oder beiden muss ich nun wehtun. Das ist aus meiner Sicht nicht mit der Menschenrechtskonvention vereinbar.
Na ja, auch Kinder können durchaus auch Entscheidungen in einer Zwickmühle treffen. Natürlich ist das enorm belastend. Aber welche Möglichkeit der Wahrheitsfindung schlägst Du vor?
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Entweder verlässt man sich auf ein Sachverständigengutachten, dann braucht es keine gerichtliche Anhörung.
Der Richter muss sich aber eine Meinung selbst bilden. Das ist nun mal Teil seiner Aufgabe.
Selbstverständlich muss er dabei das Kindswohl vorrangig im Auge haben. Aber letztlich machst Du hier genau das selbe, was Du dem Richter vorwirfst. Du stellst eine laienhafte Meinung einer Beurteilung zugrunde. Inwieweit eine richterliche Befragung notwendig und sinnvoll ist, kannst Du doch noch weit weniger gut beurteilen, als der Richter.
Und auch das Sachverständigengutachten, das, wie Du selbst sagst, viel ausführlicher ist, ist enormer Stress für das Kind. Auch da wird es befragt und auch da ist es in der selben Zwickmühle.
Zitat von IlvarethIlvareth schrieb:Aber im Strafprozess beispielsweise muss das Gericht, in Person des Richters, ja auch alle Beweise persönlich erheben. Deshalb müssen auch alle da noch mal aufschlagen, auch wenn sie schon eine 17seitige Aussage bei der Polizei gemacht haben.
Genau. Und das ist auch sehr gut so. Manchmal gibt es auch mehrere, sich widersprechende Gutachten.

Wie gesagt, ich möchte mich mit Dir da auch gar nicht streiten. Deine Meinung ist da gefestigt und die sei Dir unbenommen. Ich habe wirklich nicht die Motivation, Dich zu überzeugen.
Aber inhaltlich stimmt es nun mal an einigen Ecken nicht.


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01.03.2018 um 16:57
@Becky

Da bin ich bei Dir, das Porzellan wurde schon von einem Elternteil oder von beiden noch stärker zerschlagen, als es durch eine Trennung ohnehin der Fall ist. Die Frage ist nun aber, soll der Richter mit dem Hammer da noch weiter nachsetzen oder vielleicht nicht.
Eine Befragung im Zuhause von Mama oder Papa halte ich für falsch. Viele Kinder sagen dann bei Mama, das was sie hören will und bei Papa, das was er hören will. Schule oder Kindergarten sind eher neutraler Boden und dennoch vertraut.
@Ilvareth

Ja, das persönliche Gehör. Das könnte aber auch 2 Wochen vorher zB beim Jugendamt durch den Richter erfolgen. Statt einer Befragung, die Kinder in Loyalitätskonflikte bringt, könnte er einfach ein Gespräch mit dem Kinde führen. Die eigentliche Entscheidung sollte aber nicht aus dieser Plauderei erfolgen, sondern eben wissenschaftlich erhobenen Daten entspringen.
Die Frage: So willst Du nun Mama oder Papa ins Gesicht pinkeln, ist damit völlig sinnlos.

@kleinundgrün

Ich glaube, Kindern wäre schon dadurch geholfen, wenn das Gespräch mit dem Richter einige Wochen vor der Verhandlung stattfinden würde, zB in den Räumen von Schule oder Kindergarten. Dann wird auch dem Kind die Kausalkette: Ich habe das gesagt und jetzt ist zB Mama am Boden zerstört gar nicht so plastisch. Warum im Gerichtsgebäude? Doch wohl nur, damit der Richter am Pommestag nicht die Kantine verpasst.

Dass zusätzlich die Qualität von Gutachten verbessert werden muss, steht auf einem anderen Blatt, darf aber auch mal ruhig erwähnt werden. Es gibt da einen Gutachter, der selbst ca 800 (!) Gutachten im Jahr angefertigt hat. Das ist ohne copy und paste gar nicht vorstellbar. Es gibt Heilpraktiker, denen wissenschaftliche Gutachten aufgetragen werden. Wo haben die denn wissenschaftliches Arbeiten gelernt? In ihren Wochenendkursen? Da sind wir dann leider wieder bei der Aushilfe in der Bäckerei.

Und wenn es zB 2 Gutachten gibt, ist eines ein Parteiengutachten und insofern nachrangig, oder ein Obergutachten und damit vorrangig ohne notwendigerweise fundierter zu sein. Kein Richter gibt zwei parallele Gutachten in Auftrag im selben Fall mit der selben Fragestellung. Oft ist sogar die Fragestellung schon rechtswidrig.


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01.03.2018 um 17:04
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Ich glaube, Kindern wäre schon dadurch geholfen, wenn das Gespräch mit dem Richter einige Wochen vor der Verhandlung stattfinden würde
Ja vielleicht. Das klingt grundsätzlich gut.
Vermutlich scheitert es daran, dass wir uns zu wenige Richter leisten.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Warum im Gerichtsgebäude? Doch wohl nur, damit der Richter am Pommestag nicht die Kantine verpasst.
Eher weil es wenige Richter und viele Trennungen gibt.

Bei der Qualität mancher Gutachten und Gutachter bin ich bei Dir.
Aber auch hier gilt, es gibt eine immense Menge an Streitfällen, die vor Gericht enden. Vermutlich it auch hier das personelle Problem die Ursache für schlechte Qualität.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Und wenn es zB 2 Gutachten gibt, ist eines ein Parteiengutachten und insofern nachrangig, oder ein Obergutachten und damit vorrangig ohne notwendigerweise fundierter zu sein.
Das ist eben der Punkt. Der Richter muss entscheiden, wem er glaubt.


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01.03.2018 um 17:05
@Becky

Leider sehen aber gerichte auch nicht sehr genau hin, welcher der Elternteile gerne konstruktiv etwas erarbeiten möchte und wer lieber nur die Abrissbirne nimmt und sich zB jeder Kommunikation über gemeinsame Kinder verweigert (zB auch dadurch, dass er gar nicht zur Verhandlung erscheint).

Aus meiner Sicht ist das von außen auch schwer zu beurteilen, aber auch nicht unmöglich.

gesellschaftlich ist dies glaube ich eine falsche Auswirkung der an sich völlig richtigen Idee, die schuldige Scheidung abzuschaffen. Seither wird es vermieden, genauer hinzusehen. Und dann finden sich Sätze wie: Die Eltern haben es noch nicht gelernt eine wertschätzende Kommunikation aufzubauen, wenn in Wirklichkeit einer von beiden einen konstruktiven Vorschlag gemacht hat und der andere ihn nur als 'Du Schwein' beschimpft, ohne inhaltlcih darauf einzugehen. Da wird man für Expartnerinnen und Expartner mit in eine Art Sippenhaft genommen.


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01.03.2018 um 17:21
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:das persönliche Gehör. Das könnte aber auch 2 Wochen vorher zB beim Jugendamt durch den Richter erfolgen.
Auch da müsste ich nachlesen, aber aus dem Bauch heraus würde ich sagen, das geht formal nicht. Beim Gutachten klar, aber nicht in Bezug auf die Beweiserhebung beim Richter.
Das muss meines Erachtens in der Verhandlung passieren.
In Strafprozessen wenn es um größere Sachen wie organisierte Kriminalität geht, werden auch schon mal stundenlang ausgewertete Ortungsdaten verlesen, denn sonst gilt das nicht als vom Gericht erhoben, auch wenn die dem Richter vorher bekannt sind. Auch Zettel austeilen würde da nicht ausreichen.

Und wie gesagt, verstößt man als Richter gegen solche Formforschriften, kann das Urteil von der nächsten Instanz kassiert werden und man ist wieder bei null. Damit ist dann keinem gedient. Ohne eine Änderung dieser Formforschriften ist das glaube ich nicht zu ändern.
Aber ich lese gerne nach, wo das steht. Es sei denn, @kleinundgrün kann aus dem Kopf die Rechtsgrundlage dafür nennen.


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