Hatori schrieb am 20.04.2023:Wölfe meiden Menschen in den meisten Fällen und Menschen sind diejenigen, die sich nicht "richtig" verhalten.
Das stimmt nur teilweise. Falls dich wissenschaftliche Untersuchungen zum Verhalten von frei lebenden Wölfen und anderen Großprädatoren gegenüber Menschen interessieren empfehle ich dir das 7 Stufen Modell von Dr. Geist. Natürlich kann man Kanada nicht 1 zu 1 mit dem dicht besiedelten Deutschland vergleichen, aber die Stufen des Modells lassen sich gut nachzeichnen.
Hatori schrieb am 20.04.2023:Der Wolf ist auch nicht auf Menschen aus. In der Praxis hat es Wolfsangriffe auf der Welt immer mal wieder auch gegen Menschen gegeben, mach die Ausnahme aber nicht zur Regel. Es werden Menschen durch Menschen getötet, was ist denn da die Prävention?
Hier verstehe ich die hinter dem Argument stehende Logik nicht. Die Prävention damit Menschen keine Menschen töten ist beispielsweise die Polizei und unser Justizsystem. Gänzlich verhindern lässt es sich damit leider nicht. Sollte man deshalb ganz darauf verzichten, weil Morde doch statistisch eher Einzelfälle sind?
Hatori schrieb am 20.04.2023:Ganz allgemein möchte ich nur mal deutlich machen, dass ich Ängste verstehen kann - würde ich einem Wolf begegnen, ich wüsste nicht, ob ich mich an die Verhaltensempfehlungen erinnern würde. Es gäbe für Bauern z.B. die Möglichkeit, robuste Zäune aufzustellen oder Herdenschutzhunde einzusetzen - und das sollte auch subventioniert werden. Auch Pferdehöfe können mehr abgesichert werden. Man sollte auch andere Möglichkeiten nutzen und nicht direkt den Abschuss fordern.
Hier zu habe ich folgende Fragen, da mir diese Argumente öfter in der Diskussion begegnen. Oft verbunden mit dem Hinweis Herdenschutz und Koexistenz mit Wölfen funktioniere ja auch in anderen Ländern, bzw. bei unseren Vorfahren.
-Ein Zaun, der für ein Wolfsrudel unüberwindbar ist, sorgt dafür, dass der abgesperrte Bereich auch von Hase, Fuchs, Igel, Reh, Gelbbauchunke unpassierbar ist. Besonders kleinere Weiden sind wichtige Habitate für diese Tiere bzw. stellen Wechsel zum innerartlichen Austausch dar. Wie vereinbaren wir dies mit dem Artenschutz? Rehe, die aktuell den kommerziell tragfähigen Umbau des Wirtschaftswaldes in "Klimastabilen Mischwald" beinträchtigen werden so auf Kalamitätsflächen und Wald gedrängt, wo sie dann notwendigerweise Verbiss und Fegeschäden anrichten. Die Befürworter eines solchen "klimastabilen Waldes" um den Preis des maßlosen Abschusses von Rehwild im Wald, fordern mehr Zäune gegen den Wolf, denn der solle nicht geschossen werden.
- Besonders die Haltung von aussterbenden Nutztierrassen auf Kleinstflächen wird durch die immens hohen finanziellen Kosten und den personellen Aufwand zur Unterhaltung eines solchen Zauns auf Dauer vollkommen unmöglich gemacht werden. Es geht dabei um private Tierhaltung, die idR finanziell ohnehin schon nicht rentabel ist aber unser kulturelles Erbe bewahrt.
Edit: Hier auch der Hinweis auf Heidschnucken zum Erhalt der Lüneburger Heide und der Artenvielfalt auf den Heideflächen. Diese Landschaft wird innerhalb kürzester Zeit zu Wald werden und die vielen spezialisierten Arten auf diesen Flächen lokal aussterben lassen. Ist das der Preis, damit es flächendeckend Wölfe gibt? Ähnlich bei den Deichen, die dem Bevölkerungsschutz dienen und beweidet werden müssen. Da funktionieren keine Zäune, wie schon sehr oft in diesem Thread erwähnt.
-Aktuell werden Herdenschutzhunde in Deutschland eher von Wölfen getötet und gefressen, als dass diese die Wölfe töten (was ihre Aufgabe anderswo ist, damit der Herdenschutz funktioniert.). Grund dafür ist, dass man zwar die Rassen züchtet/hält. Diese aber nicht ausgebildet sind, Schärfe am Wolf zu zeigen. Wer sich dafür interessiert, wie hier früher (oder woanders auf der Welt) Herdenschutzhunde abgerichtet werden: Ein Wolf wird gefangen und die Hunde auf das angebundene Tier gehetzt. Den Welpen wird abgezogener Wolfspelz in die Wurfkiste zum Beissen und Spielen gelegt. Das wird dann von den Tieren positiv verknüpft. Hier ist das zum Glück durch das Tierschutzgesetz verboten, bzw. die frische Wolfsdecke steht niemanden zum Training für die Hunde zur Verfügung.
Diese anderen Lösungen werden in Deutschland übrigens im Gegensatz zum Abschuss seit 1998 ausprobiert. Nach 25 Jahren, kann man wohl kaum davon sprechen, dass direkt der Abschuss gefordert werden würde und man doch erstmal andere Lösungen probieren solle.
Warum diese Problematiken in Kauf nehmen und Geld darin versenken, anstatt die Bejagung von Wölfen zuzulassen, um die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes, sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zu erreichen?