martenot schrieb: Das kann natürlich sein. Wobei ich das Autofahren auch nicht immer als wirklich zeitsparender erlebe. Allein die Parkplatzsuche finde ich häufig extrem zeitraubend und nervtötend.
Es kommt eben auf die Frequenz und die Gestaltung der Verbindung an (Frequenz, Auslastung, Atmosphäre, Zahl der Umstiege, Verlässlichkeit). Und wo du hinwillst - das mit dem Parkplatz ist wirklich oft ein Problem - und ein Kostenfaktor. Ich würde z.B. auch nicht mit dem Auto nach Stuttgart fahren, sondern das Auto im Speckgürtel auf einem Park & Ride hinterlassen und die letzten paar Kilometer per S-Bahn fahren.
Sterntänzerin schrieb:Wenn man auf ein Auto verzichtet und mit dem ÖPNV zur Arbeit fährt, sucht man sich im Idealfall aber auch eine Wohnung, von der aus man es halbwegs bequem von eben dieser zur Arbeit schafft.
In einem idealen Leben: Ja. Bei uns (ländliches BW) ist der Wohnungsmarkt so leer, dass du, selbst wenn du eine Wohnung kaufen willst, ganz viele Kompromisse eingehen musst. In der Großstadt muss es ja komplett die Hölle sein - auch für Leute, die eigentlich ideale Mieter sind.
Und: Dannn darf sich nichts ändern. Als wir hier in unser Kaff gezogen sind, war bei uns um die Ecke eine Grundschule und eine Bushaltestelle, die häufig frequentiert wurde. Nun wurde die Grundschule im Rahmen einer Zusammenlegung geschlossen und die Bushaltestelle eingestampft, weil die gesamten Linien nun reformiert wurden. Wir laufen nun 800m in beide Richtungen zur nächsten Haltestelle. Viele alte Leute schaffen diese 1,6km + was sie am Zielort laufen, gar nicht mehr.
Sterntänzerin schrieb:Im Idealfall befindet sich auch die Kita oder die Schule des Kindes nicht allzu weit von der Wohnung entfernt. Das ist aber schon der erste Punkt, der heutzutage nicht mehr zwangsläufig gegeben ist. Insbesondere Kinder im Krippen- und Kindergartenalter müssen heutzutage schon mal durch die halbe Stadt gefahren werden, weil es in der Nähe keine freien Plätze mehr gibt.
Meine Schwester wohnt praktisch neben unserem Dorfkindergarten - nur - der nimmt Kinder nach einer strikten und nachvollziehbaren Liste auf, z.B. werden Geschwisterkinder bevorzugt (Prio #1). Es interessierte herzlich wenig, dass meine Schwester neben dem Kindergarten wohnte - zugewiesen bekam sie einen Platz zwei Dörfer weiter und null öffentliche Verbindung. Das ist leider eine total gängige Praxis. Wir haben eine Kollegin, die nicht weiterarbeiten konnte, weil sie das Kind direkt beim Arbeitsplatz im Kindergarten hatte, aber weiter weg wohnte - ihr wurde der Platz gekündigt, weil der nun bevorzugt an Leute vergeben wird, die in der eigenen Gemeinde wohnen.
Sterntänzerin schrieb:Ich kann da jedes Elternteil verstehen, dass sich den Luxus der Autofahrt gönnt, sofern möglich. Und das, obwohl ich selbst keinen Führerschein habe und jeden Tag brav mit den Öffis zur Arbeit fahre.
Es geht nun oft nicht mehr anders: Kindergartenplätze und Schulplätze werden nicht mehr nach Wohnortnähe vergeben. Gelegentlich bekommst du den Anruf "das Kind muss JETZT abgeholt werden". Der einzig zentrale Kinderarzt (Gemeinsamschaftspraxis) hat sich mit dem Praxispartner überworfen und verschwandt, der Partner bekam ein Burn out und ist nun irgendwo mit dem Rucksack in Asien unterwegs. Kinderärzte, v.a. im Notdienst, sind oft mal 30km einfache Fahrt entfernt.
martenot schrieb:Das habe ich auch bereits so formuliert, im Sinne von "Ich leiste mir den Luxus, ohne Auto leben zu können". Und dazu gehört eben eine Wohnung, von wo aus das gut möglich ist. Aber da ich wirklich sehr ungern Auto fahre und mein autoloses Dasein genieße, ist es mir das eben wert. Schon allein wenn ich bei meinem Freund im ländlichen Baden-Württemberg zu Besuch bin, nervt mich die ständige Autofahrerei, weil man ohne Auto fast gar nichts erledigen kann.
Ich fahre auch ungern Auto, für mich ist Radfahren eine gute Alternative (im Nahverkehr). Allerdings bin ich trotz jahrelanger Radfahrpraxis nicht so sportlich, dass ich auch mal 10km Strecke einfach radle. Ich überlege gerade ein Ebike zu kaufen - das hat unser Nachbar gemacht - trotz mehrfacher Beratung auch durch die Polizei sind letztes Jahr zwei hochwertige Ebikes geklaut worden, eins sogar aus dem gesicherten Keller seines Büros.
Stan_Marsh schrieb:Bahn fahren ist zwar auch nicht immer optimal, aber auf der Fernstrecke bei Tempo 250 gemütlich ein paar Serienfolgen auf dem Tablet zu schauen ist so viel entspannter als selbst mit dem Auto zu fahren.
Da kommt es wirklich schon darauf an, in welcher Entfernung du zur Bahn lebst. Bei uns ist das schon ein Drama ... die nächste Fernstrecke ist über 20km entfernt - da darf man aber am Bahnhof nicht parken (Witz komm raus ...). Der lokale Bus ist auch nicht auf die Züge dort abgestimmt. Also fährt man erst mal 30km mit dem eigenen Auto, 10km parallel zur Bahnstrecke, bis man an einen Bahnhof kommt, der auch Parkplätze anbietet - dann ist es echt gut (wenn der Zug denn kommt, man einen Sitzplatz bekommt) - man landet in relativ kurzer Zeit sehr schnell in verschiedenen süddeutschen Großstädten im Zentrum).
Richtig dumm ist es nur, wenn du aus einem Grund die ersten 30km nicht mit dem Auto hinbekommst (z.B. wenn du über Nacht bleibst, du darfst nämlich nur 24 Stunden parken) - da dauern die 30km zurück schon mal locker länger als die Bahnfahrt in deine Wunschstadt. Spezialität: Der Zug ist 3 Minuten verspätet, der Bus wartet nicht ... du darfst 57 Minuten vor dem Bahnhof auf den nächsten Bus warten (der nun verspätet ist) - vor dem verschlossenen Bahnhofsgebäude (Vandalismus, Obdachlosigkeit) ... gerne auch im Schnee und in der Kälte und im Regen ...
Stan_Marsh schrieb:Allerdings kommen da so viele Faktoren zusammen, so dass man das Für und Wider nur sehr schwer diskutieren kann.
Das ist eine total individuelle Sache ... und wie verkehrsgünstig du wohnst. Und wie viele Leute du transportieren willst/ musst.