@DalaiLotta Entschuldige die späte Antwort, aber ich kam nicht dazu. Trotzdem möchte ich es noch nachreichen,, wenn auch etwas ausführlicher:
DalaiLotta schrieb:Warum beziehst du damaliges Unrecht auf "uns"?
Weil ich nicht das Gefühl habe, dass es aufgehört hat.
Wird es denn jemals aufhören, was denkst du? Damit ist "unsere" Schuld und wahrscheinlich die damit verbundenen "Privilegien", für die du selbst gar nichts kannst, dein Antrieb für eine "bessere Welt" zu kämpfen? Darin geht es nur leider sehr zweitrangig um jene, die wirklich von Rassismus betroffen sind, es riecht etwas nach Selbst-Inszenierung.
- Lisa Eckart verursacht Unwohlsein, da sie über Juden als Nichtjüdin satirische Witze machte
- verschiedenen Band wird abgesagt oder der Auftritt abgebrochen, da die afrikanischen Gewänder oder die Dreads Unwohlsein verursachen.
- Die biologische Erkenntnis der Zweigeschlechtlichkeit verletzt Gefühle
- Denkmäler werden von BLM-Aktivisten zerstört, da sie als Zeichen weißer Vorherrschaft gelesen werden.
- Platon, Aristoteles, Kant, Voltaire... triggern ebenso mit ihren veralteten Menschenbildern
- Heterosexuelle sollen keine homosexuellen Rollen spielen.
...
Der französische Philosoph Alain Finkielkraut drückt das so aus:
«Der Wunsch, in einem realen Dasein zu überleben, wandelt sich in einen Willen, nichts zu sein, um nie wieder auszugrenzen, niemanden mehr zu misshandeln.»
Ich hatte es schon paarmal in den Jahren hier geschrieben. Rassismus/Antisemitismus muss denen vorbehalten sein, die bewusst erniedrigen und ausgrenzen wollen. Keine Ahnung wie du deine Signatur rechtfertigst, ist auch deine Sache, aber es war wahrscheinlich weder das Anliegen von Astrid Lindgren noch das Anliegen von Karl May rassistisch zu sein, wenn auch gewisse Darstellungen rassistisch sind. Genau das, dieser Punkt, macht einen sehr großen Unterschied aus.
Das mag melodramatisch klingen, ist aber konsequent gedacht. Die Konzertveranstalter in Bern und Zürich und der Ravensburger Verlag wollen niemanden verletzen. Das erreichen sie nur, wenn sie niemand mehr sind und für nichts mehr stehen. Dann gibt es keine Reibung, keinen Schmerz mehr. Jeder Standpunkt, jede Meinung hingegen bedeutet Auseinandersetzung, potenzielles Unwohlsein. Dass Menschen Schmerzen vermeiden wollen, ist verständlich. Die absolute Schmerzvermeidung ist aber unmöglich. Der Schmerz, das Unwohlsein sind dem Leben inhärent.
Unwohlsein gehört zum Leben, ein gewisses Unwohlsein muss man auch aushalten können.
https://www.nzz.ch/feuilleton/unwohlsein-der-gefuehlsterror-fanatischer-aktivisten-ld.1699209DalaiLotta schrieb:Naja - warum mache ich wohl einen Punkt daraus, dass es ein Unterschied ist, ob Old Shatterhand geholfen wird
oder dem "jungen Winnetou"?
Es geht nicht um die "Moralkeule", es geht, mal wieder, um Differenzierung.
"Winnetou" gehört ja auch zu meinen Kindheitshelden, trotzdem kann ich unterscheiden,
ob das hier so was ist wie mit den Dreads, wo einer Einzelperson was unterstellt wird,
oder ob Geld mit Klischees gemacht wird, die extrem schlecht gealtert sind.
Jetzt fühle ich mich auch mal unwohl, wenn die Selbstopferung Winnetous als pädagogisch wichtiges Stilelement gefeiert wird.
:) Aber das ist sinnbildlich für die woke Bewegung nur konsequent.
Mit den Einzelpersonen täuscht du dich aber, da mittlerweile, völlig überraschend, Menschen mit, neudeutsch, Filzhaaren allesamt ein schlechtes Gefühl haben dürften, ebenso wie rassistische Kinder, die Indigene kopieren.
DalaiLotta schrieb:"Die" woke Bewegung? Seit wann findest du "Meetoo" oder "BLM" schlecht? Ich kann´s kaum glauben. (Eigentlich echt nicht, was´n los?)
Na, watt denn?
Du bist in der Gefahr emanzipatorische Ansätze mit restriktiver Identitätspolitik zu mischen, anstatt sie davon abzugrenzen. Mag sein, dass einst die Grenzen verschwommen sind, doch wir sind einen Schritt weiter. BLM hatte konstruktive Ansätze, die verschwanden leider längst von der Bildfläche. MeToo hat ziemlich wenig mit Feminismus im eigentlichen Sinne zu tun, da sie eben auch reaktionäre Geschlechterrollen zementieren. Interessant, dass du gerade diese beiden Bewegungen als konstruktiv darstellst, die sich Unmengen an wichtiger Kritik, auch von Betroffenen, eingefangen haben, deswegen musste ich dein etwas vulgär geratenes "was´n los" anfangs zurückspielen.
Selbst diskriminiert zu sein oder sich gegen Diskriminierung zu erheben machen längst keinen besseren Menschen aus. Somit halte ich jede politische Ausrichtung, die sich selbst im Sinne von "Wir machen es besser" versteht, für grundsätzlich problematisch. Gerade aufgrund dessen, dass diese Form von Selbstgerechtigkeit aktuell immer mehr zur Staatsraison geworden ist. Solche Geschichten wie die woke Bewegung ist für mich ein zutiefst autoritärer und konservativer Ausdruck dauergekränkter Menschen, die ohne intellektuelle Tiefe denunzieren und canceln, natürlich immer für die bessere Welt. Die Losung ist, sei du selbst aber pass bloß auf, wer du bist. Diese emotionale Erweckungs-Bewegung ohne gewichtige Analyse, die selbst Identitäten generiert und mit Befreiung schon rein gar nichts zu tun hat, kann aus meiner Sicht nur konsequent geblockt und isoliert werden.
DalaiLotta schrieb:Weil ich vorschlage, kleine Mexikaner, Afrikaner oder Chinesen ins Kino zu bringen?
Oder weil ich mich bemühe, zwischen dem literarischen Vorbild (das außer der Bild Zeitung niemand zensieren will)
und dem Prequel (plus Merch) zu unterscheiden?
Das liegt vielleicht daran, dass ich unter "Meinungsfreiheit" kein "Recht auf Irrtum" verstehe,
sondern die Möglichkeit, sie Aufgrund von Argumenten zu ändern, damit daraus "Meinungsbildung" werden kann.
Verstehe mich nicht falsch, auch ich muss grinsen, dass es mal völlig normal war, Menschen mit Behinderung als Sorgenkinder abzuwerten, weil es einfach nur so schön schwachsinnig ist. Genauso sollten Indigene nicht länger als Wilde dargestellt werden. Man kann getrost diese Form von Verwurstung als daneben charakterisieren. Doch ist dieses Erzeugnis der damaligen Zeit geschuldet, Karl May war glaube ich nicht mal in Amerika. Der Backround ist also problematisch, ungefähr so wie bei Pipi. Die eigentlichen Grundaussagen streben aber im Kern der Absicht keine Menschenfeindlichkeit an, wie auch bei den Menschen im Karneval, sonst wäre es klar zu bannen. So ähnlich dürfte es sich auch im aktuellen Film verhalten. Man darf halt nicht vergessen, dass wir in einer Zeit leben, wo klar sein dürfte, welch mächtiges Instrument eine Verbotsforderung sein dürfte. Ich meine damit, dass die destruktive woke Bewegung mittlerweile großen Einfluss auf unseren Alltag hat.
Einige werden wohl nicht mal grübeln, wenn Pronomenschilder auf die Stirn tätowiert werden..