interrobang schrieb:Welches Problem siehst du darin? Ich finde das in Ordnung da es ja irgentwie festgestellt werden muss..
Es können bis zu dreitausend Euro Gutachterkosten entstehen die von den Betroffenen selbst bezahlt werden müssen. In Leipzig wird seit einiger Zeit wenn der Richter einen schlechten Tag hat, sogar noch ein dritter Gutachter bestellt für den man bis nach München gurken muss.
Die Gutachter projezieren oft ein total sexistisches, veraltetes Geschlechterbild auf die betroffenen an dass diese sich teilweise aus Verzweiflung sogar anpassen (um sich dann an anderer Stelle selbst Sexismus vorwerfen zu lassen). Es gibt Fälle, da wurde jemand der Geschlechtseintrag Frau verwehrt, weil sie noch ein Herrenrad fuhr oder weil jemand als Transmann lange Haare trägt oder weil jemand erfüllten Sex (trotz seiner Transsexualität) hat. Es werden peinlichste und intimste Fragen gestellt,welche Unterwäsche man trägt, was für Fetische man hat und welche Position man im Bett hat.
Auch die sexuelle Orientierung und das Spielzeug mit dem man als Kind gespielt hat, fließen in die Beurteilung ein. Dazu gibt es Fälle wo sich die Begutachteten splitterfasernackt ausziehen müssen, warum weiß kein Mensch, eine eventuelle Intersexualität wird an anderer Stelle schon geprüft.
Letztlich fallen 99% aller Gutachten positiv aus, zum Teil weil sich die Betroffenen für den Gutachter zum Affen machen, zum Teil weil die Gutachter selbst kapiert haben, dass das Verfahren Mumpitz ist (in Hamburg gibt es eine Absprache unter den Gutachtern, dass sie eigentlich jedem einen positiven Bescheid ausstellen). Es gibt von Betroffenen organisierte Workshops, wo die Leute lernen, sich Gutachterkonform zu verhalten, zum Beispiel in dem sie als Frauen schüchtern genug auftreten und einen total albernen Modelgang an den Tag legen weil auch das von manchen Gutachtern schon verlangt wurde, das muss man sich mal vorstellen.
In Malta und in Dänemark kann jeder ohne Begutachtung seinen Geschlechtseintrag selbst bestimmen. Bisher ohne Auffälligkeiten in der "Rückwandlung" von alten Geschlechtseinträgen, diese liegt dort, ähnlich wie in Deutschland, im Promillebereich.
Würde man stattdessen in Deutschland alle Menschen auf Cissexualität hin zwangsbegutachten, dass diese einen Geschlechtseintrag ihrer Identität bekommen, käme man wohl nach den Maßsstäben, die bei Transmenschen gelten bei weitem nicht auf die 99% positiven Bescheide.
Das alles hat übrigens zur Folge, dass ich bis jetzt, obwohl ich seit über 4 Jahren auch öffentlich als Frau lebe, immer noch keine Personenstandsänderung vollzogen habe, mit allen Nachteilen, die das im Alltag mit sich bringt.