"Gutmensch" - Ein Unwort?

Das Gegenteil des Gutmenschen ist nicht der "Schlechtmensch". Sondern einfach nur der NORMALE Mensch. Der, der akzeptiert, daß die Welt kein Ponyhof ist und auch er selbst nur einer unter ein paar Milliarden, dessen Rolle für das ganze Weltgeschehen im besten Fall besch...eiden ist. Der, der so gut oder schlecht ist, wie es eben normal ist. Der seine Familie liebt und den Assi-Nachbarn verabscheut, ihm aber deswegen trotzdem auf der Treppe kein Bein stellt. Der durchaus mal darüber phantasiert, Faschisten mit der Flinte gegenüberzutreten ... aber nicht mal weiß, wo im Ernstfall das nächste Waffengeschäft wäre. Der seinen Beruf ausübt, wenn er einen hat, ohne sich zu großen Illusionen hinzugeben, stattdessen kleinen Träume eines Normalbürgers nachhängt, und den einen oder anderen verwirklicht ... so gut wie er eben vermag, und anderen ohne Not nichts Böses tut, weil er davon ausgeht, daß zumindest in seiner Umgebung die anderen ihm auch meistens nichts böses wollen...
totale Normalität eben.
Jemand wie Du, @Doors ?
Oder wie ich.

@Rao
Not really, das Gegenteil wäre tatsächlich ein "Schlechtmensch" der halt alles negativ sieht, alles böse etc.

kleinundgrün schrieb:So ein Quatsch. Gerade dort findet man überproportional häufig empathische Menschen, die sich mehr für andere einsetzen und dabei auch eigene Risiken oder Unbequemlichkeiten eingehen.

Die Empathen sind meistens die ersten, die in diesen Berufen ausbrennen. Weil es ihnen irgendwann zu viel wird, das ganze Leid mitansehen zu müssen und zu wissen, daß es nie enden wird, daß ihr Kampf dem eines Kindes gleicht, das mit einem kleinen Eimerchen eine Flut einzudämmen versucht. Außer sie lernen, sich gefühlsmäßig davon abzuschotten, allein um des Selbstschutzes willen, den Beruf als etwas zu betrachten, was trotz aller Nachteile getan werden muß, weil kein anderer es tun will. Findet man überall, die kalt-wie-Hundeschnauze-Polizisten, Notärzte, Pfleger etc., die anders ihre Arbeit nicht mehr stemmen könnten. Empathie hat Grenzen. Muß Grenzen haben, sonst wird derjenige selber bald zum psychischen Wrack, mit allen Folgeerscheinungen.

@Rao

Der "normale Mensch" ist also der, der die Welt so akzeptiert wie sie ist und sie dadurch in ihrem Zustand stabilisiert.
Die Ausrede kenne ich aus der Generation der Eltern und Grosseltern. So lange alle "Normalen" brav mitgemacht haben, die Front gehalten haben, so lange konnten in Auschwitz die Schornsteine rauchen. Ist halt schon so eine Sache mit der "Normalität".

PS: Ich weiss, wo das nächste Waffengeschäft ist. Meine Frau und meine Jüngste sind Sportschützinnen.

Schön für Dich. Wer nicht hobby- oder berufsmäßig mit Waffen zu tun hat weiß das als normaler Deutscher meistens nicht. Außer er kommt zufällig regelmäßig an einem vorbei. Wir Deutschen sind ja nicht so waffenverrückt wie etwa die Amis.
Und ja, Antisemitismus war anno 1930 absolut normal. Produkt der christlichen, chronisch antisemitischen Vergangenheit, mit Judenpogromen und allem, die Faschisten haben nichts neues erfunden.
Gewalt als politisches Mittel war damals ebenso normal.
... man merkt, daß schon fast ein Jahrhundert seitdem ins Land gegangen ist. Und die Einstellungen zu manchem sich inzwischen geändert haben. Eine neue, ganz andere Normalität. Oder?

... interessant daß sich das Wort "Schlechtmensch" nie im allgemeinen Sprachgebrauch manifestieren konnte, nur jetzt als vermeintlicher Gegensatz zum Gutmenschen? Weil da differenziert wird, warum einer schlecht ist, als Verbrecher, Diktator oder Haustyrann, Ideologe, Terrorist, Anarchist oder einfach nicht kümmernder Nihilist ...

@Rao

Es ist allerdings nicht so, dass Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Faschismus hierzulande ausgestorben wären wie die Dinosaurier. Kein Grund, zufrieden zu sein in dem Glauben, die Menschheit hierzulande und heutzutage sei zivilisierter als ihre Vorfahren.

"Ihr aber lernet, wie man sieht, statt stiert
Und handelt, statt zu reden noch und noch.
So was hätt' einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert –
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch."

(Noch mal Herr Brecht)

Ausgestorben nicht, das wird wohl nie sein, solange die Menschheit ist wie sie ist, aber zumindest eingedämmt. Antisemitismus etwa verliert seine Wurzeln, wenn er sich nicht mehr auf "Christusmord" (die religiöse Begründung) und Rassentheorie (die pseudowissenschaftliche) berufen kann, heute sind es Israel und die Verhältnisse im Nahen Osten, an denen er sich festklammert. Ist alles eine Frage der Aufklärung, auch der psychologischen Hintergründe, der instinktiven Programmierungen, die man schon an Schimpansen beobachten kann (auch die führen bekanntlich Vernichtungskriege gegen konkurrierende Gruppen).

Der Unterschied zwischen Gutmenschen und Schlechtmenschen ist,
dass Gutmenschen ihre Gedanken für sich behalten
und
Schlechtmenschen, was ihnen einfällt, sogleich laut hinausposaunen,
um noch mehr Menschen zu verleiten, es ihnen gleich zu tun.

Also, Merkel hat ihr "Wir schaffen das" definitiv nicht für sich behalten... (und sie selber hat die Flüchtlinge ja nicht in ihr Eigenheim aufgenommen...) macht sie das zum Schlechtmenschen?

@Rao

Offenbar sind die Schimpansen unter uns:

https://www.morgenpost.de/politik/article213397327/Vier-antisemitische-Straftaten-pro-Tag-im-Jahr-2017.html

Sorry muß weg, weitere interessante Diskussionen nächste Wo. ...

@Rao

Die Aufnahme und Unterstützung von Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens vor Verfolgung, Hunger und Krieg fliehen ist natürlich schlecht.

Soll der blöde Flüchtling doch im Mittelmeer ersaufen. Wir haben schliesslich schon genug Probleme. Beispielsweise liegen an unseren Urlaubsstränden ersoffene Neger herum. Da ist einem der Urlaub schon ganz schön versaut, kann ich Euch sagen.

Rao schrieb:Die Empathen sind meistens die ersten, die in diesen Berufen ausbrennen.

Ohne etwas Empathie ergreift man solche Berufe in der Regel nicht. Die Bezahlung ist es doch eher nicht.

Doors schrieb:Soll der blöde Flüchtling doch im Mittelmeer ersaufen.

Was ganz konkret schlägst Du vor, um zu verhindern, dass weiterhin Tausende von Flüchtlingen im Mittelmeer ertrinken ?

Rao schrieb:Das Gegenteil des Gutmenschen ist nicht der "Schlechtmensch". Sondern einfach nur der NORMALE Mensch.

Venom schrieb:Not really, das Gegenteil wäre tatsächlich ein "Schlechtmensch" der halt alles negativ sieht, alles böse etc.

Ich dachte, das Gegenteil von "Gutmensch" wäre der "besorgte Bürger".

@Pan_narrans
Kann man auch so sagen. Wobei die finden nicht alles schlecht, zb die Braunen :'D

@Rao
Wodurch zeichnet sich der "normale" Mensch aus?

schtabea schrieb:Was ganz konkret schlägst Du vor, um zu verhindern, dass weiterhin Tausende von Flüchtlingen im Mittelmeer ertrinken ?

Schwimmkurse,Lieferung besserer Rettungswesten,am besten aber die Erteilung von Visa und Platznummern in Flugzeugen

Rao schrieb:Gewalt als politisches Mittel war damals ebenso normal.
... man merkt, daß schon fast ein Jahrhundert seitdem ins Land gegangen ist. Und die Einstellungen zu manchem sich inzwischen geändert haben. Eine neue, ganz andere Normalität. Oder?

Was gibts an Doors Post nicht zu kapieren?

Wir haben diese humane heutige "Normalität" nur weil diese "Gutmenschen" sich eben nicht mit der Scheiße von damals abgefunden haben sondern den Mist bekämpft haben. Gäbe es nur deine tollen "Normalen" die sich dem Status Quo hingeben weil sie zu feige oder zu faul oder einfach zu stumpf sind sich für irgendwas einzusetzen oder auch nur zu interessieren dann wären wir heute noch auf dem Niveau der Steinzeit.

Entwicklung geht nur wenns genug Leute gibt, die eben keinen Bock auf den Status Quo haben und davon gibts genug. Keine Ahnung wo du das mit deiner Normalität und dem Nichtstun und Nicht-Sozial-Engagieren hast, das ist vielleicht in deinem Wohnort so, aber sicherlich nicht Usus, nicht die Deutschen, also sag nicht "die Deutschen", denn ich kenne das komplett anders. Die meisten unter 35 hier waren zumindest zeitweise, oft aber sehr lange oder immernoch sozial-unentgeltlich aktiv, die meisten engagieren sich irgendwie, politisch oder für Soziales oder für die Wissenschaft und die allerwenigsten sagen "jo ist alles gut wies ist jetzt reichts auch mal lass uns für die nächsten 100 Jahre so weitergammeln".

Es gibt dauernd Fortschritt, weils genug Leute gibt die Dinge ändern - nur könnten wir schon viel weiter sein und alles schon viel besser sein, wenns nicht einen Teil der Bevölkerung gäbe, der jede noch so kleine Änderung stoppen wollte, egal wie positiv sie ist. Das hat weder mit Intelligenz noch mit Lebensweisheit zu tun, sondern ist instinktives Verhalten, das Tiere oft besitzen - nur sind wir keine Tiere sondern Menschen die des logischen Denkens fähig sein sollten.