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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

455 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Film, Demenz ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Bauli ehemaliges Mitglied

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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

12.01.2015 um 14:32
@woundedheart

Lies meine vorherigen Beiträge durch, dann weisst du, das ich auch damit zu tun ha(tt)be.


@carla_______

Ich finde den Titel auch falsch gewählt.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

12.01.2015 um 14:54
@woundedheart
Danke für deine eindringlichen schilderungen. Ich bin zum glück nicht in einer situation, wo es um ein familienmitglied geht, aber der vater einer sehr guten, langjährigen freundin ist mit altersdemenz diagnostiziert und ich frage mich, wie ich mit der freundin darüber am besten sprechen kann. Da ich im ausland lebe, sehen wir uns nicht so oft und ich will keine platten oder oberflächlichen fragen stellen, bzw antworten geben, nur weiss ich nicht, wie man als Freund am besten das thema betrachten sollte, im hinblick auf die lage einer betroffenen angehörigen.
Kann jemand dazu vielleicht etwas sagen? Wie man "helfen" kann, bzw. ob es etwas gibt, womit man Hoffnung geben kann? Dankeschön.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

12.01.2015 um 15:54
@gruselich

Frag sie, wie es ihr damit geht, gib keine Tipps, sondern hör einfach zu.
Wenn sie merkt, dass dich das wirklich interessiert und du keinen Fragenkatalog abarbeitest, hilft das sehr.

Lass das Gespräch sich "natürlich" entwickeln, das heißt, als wenn du von neuen Kinofilm redest. Wenn es lustig oder skurril ist, lach, wenn du lachen musst, wenn es traurig ist, halte es aus.

Viel mehr braucht es nicht.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

12.01.2015 um 16:10
@carla_______
Zitat von carla_______carla_______ schrieb:Ich finde es unfassbar, welchen Anfeindungen man ausgesetzt ist, wenn man mit der Pflege eines Angehörigen überfordert ist! Mein Stiefvater hat meine Mutter mindestens 5 mal die Nacht geweckt, sie musste ihn wickeln, er hat mehrfach versucht sie zu schlagen, war unverschämt und gemein. In den letzten Jahren konnte er sich noch nichtmal ein Brot selber schmieren oder den Fernseher anmachen. Er hat in der Gegend rumgespuckt, gefurzt und seine Popel überall hingeschmiert und war, durch seine Hirnschädigung, absolut Empathielos! Ich bin mal neben ihm Ohnmächtig geworden, dass hat ihn überhaupt nicht interessiert. Nichts übrig von dem Menschen, der er mal war! Er hat stundenlang im Minuten-Takt immer die gleiche Frage gestellt! Er hat sich nackt auf die Straße gestellt um den Verkehr zu regeln! Er selbst hätte sich lieber das Leben genommen, wenn er gewusst hätte, was ihm und meiner Mutter blüht! Ich trauere zutiefst um ihn, aber um den gesunden Mann. Eine Erleichterung hat sich weder bei meiner Mutter noch bei mir eingestellt, aber ich sag es ganz ehrlich, dass das noch kommen wird.
Das alles sollen die, die groß rumtönen mal für eine Woche mitmachen und dann reden wir nochmal!
Danke, für die Darstellung, es ist wichtig zu betonen, dass das kein Spaß ist und sei es nur, damit Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, mehr Unterstützung bekommen, die sie dringend brauchen.

Es ist nicht falsch und nicht böse, auch zu denken: "Gott sei Dank", wenn ein dementer Mensch, den man lange gepflegt und der vielleicht lange gelitten hat, gestorben ist.

Man weiß nicht was einen erwartet, es kann sein, dass das gut über die Bühne geht und an dem Thread gefällt mir, dass er die ganze Spannbreite der Vorstellungen und Erfahrungen abbildet.
Im Zuge deiner Beschreibung fällt mir eine Situation mit einem alten Menschen, der auch dement war und einen künstlichen Darmausgang samt Beutel hatte. Mehrmals pro Schicht montierte er sich den Beutel ab und verteilte die Fäkalien im ganzen Bett.
In der Pflege ist man nach Feierabend aus der Nummer raus, Angehörige haben keinen Feierabend.


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Bauli ehemaliges Mitglied

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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

12.01.2015 um 17:43
@RoseHunter

Ich war manchmal ganz baff, das sich die Dementen in den Phasen, in denen sie hellwach waren, urplötzlich anfingen mitzureden, aber auf dem Stand, der möglicherweise schon ein paar Wochen alt ist, da sie zwischendurch nichts mehr mitbekommen haben.

Leider werden die Phasen, in denen man in frühen Jahren erlerntes wiedergeben kann immer länger und die Betroffenen können sich immer weniger an gerade Gesagtes erinnern.

Naja, wie dem auch sei. Es sollte derjenige glücklich sein, der/die eine Familie hat. Ich stelle es mir schlimm vor, wenn jemand neben dem Herd seine Toilette verrichtet und in wachen Augenblicken nicht weiß woher es kommt und meint, bei ihm oder ihr wurde eingebrochen.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

12.01.2015 um 18:20
@Bauli
Zitat von BauliBauli schrieb:Leider werden die Phasen, in denen man in frühen Jahren erlerntes wiedergeben kann immer länger und die Betroffenen können sich immer weniger an gerade Gesagtes erinnern.
Bei der Schwiegermutter (vaskuläre Demenz) hatten wir Phasen, in denen die Schwiergermutter wieder schöne Phase der Regeneration hatte. Auf einmal konnte sie sogar wieder lesen, sie hatte aber auch einer rundumglücklich Pflege, die in jeder Hinsicht viel gekostet hat.

Gute Pflege hat einen immensen Wert, aber sie ist in der Breite so nicht zu leisten.
Zitat von BauliBauli schrieb:Naja, wie dem auch sei. Es sollte derjenige glücklich sein, der/die eine Familie hat. Ich stelle es mir schlimm vor, wenn jemand neben dem Herd seine Toilette verrichtet und in wachen Augenblicken nicht weiß woher es kommt und meint, bei ihm oder ihr wurde eingebrochen.
Meiner Meinung nach liegt die Zukunft in Alt/Jung Wohnstätten, die nicht primär Pflegeeinrichtungen sind, sondern die die Großfamilie von damals in Form von Wahlverwandtschaften imitieren.


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Bauli ehemaliges Mitglied

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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

12.01.2015 um 19:22
@RoseHunter
Zitat von RoseHunterRoseHunter schrieb:Meiner Meinung nach liegt die Zukunft in Alt/Jung Wohnstätten, die nicht primär Pflegeeinrichtungen sind, sondern die die Großfamilie von damals in Form von Wahlverwandtschaften imitieren.
Haben wir hier im Ort. Nennt sich Mehrgenerationenhaus. Die Gemeinde will erst sehen, wie es anläuft, bevor sie sich auf weitere Häuser festlegt. Ist in Prinzip nichts anderes als eine gut funktionierende Nachbarschaft, wie es noch vor 10 Jahren Gang und Gäbe war.


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Scox ehemaliges Mitglied

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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 00:52
Ich habe beruflich viel mit allen Formen von Demenz zu tun. Den besagten Film habe ich jetzt nicht gesehen, aber würde mich den meisten hier anschließen, die ihn als verharmlosend befinden. Schon der Titel "Honig im Kopf" verniedlicht und bagatellisiert geradezu die vollkommene Zerstörung von Persönlichkeiten und Familienbünden, denn nichts anderes ist diese Krankheit.

Eine demenzielle Erkrankung braucht ziemlich lange, um ihr volles, hässliches Gesicht zu zeigen. Im Endstadium funktioniert schlicht nichts mehr - die Betroffenen sind wie wandelnde Körperhüllen, wie Zombies, bei denen nur noch das Essen hinhaut, und selbst das irgendwann auch nicht mehr. Sie erschafft nicht nur Abhängigkeiten, sondern auch Co-Abhängigkeiten, wodurch andere ihr Leben einschränken müssen, um Energie für den Betroffenen zu bündeln.

Kaputtgespartes Pflegepersonal in den mit Dementen vollgestopften Heimen ist stellenweise enorm überfordert, da wenige Pflegekräfte mehrere Betroffene gleichzeitig zu betreuen haben, und da sind diese oft genug schon in einem Zustand, der für die Angehörigen selbst lange nicht mehr tragbar ist.

Es ist nicht so, dass Demenzkranke einfach nur vergessen. Wer es darauf reduziert, verharmlost, und das kommt bei dem Film-Trailer so rüber, was dem Film die Aufklärungskompetenz nimmt. Keine Familie kommt damit klar, wenn der/die Betroffene erst hilflos, doch scheinbar getrieben, in totalvernudeltem Schlaf-Wach-Rhythmus nachts die Flure hin- und herwandelt, und, sobald man sie aus ihrem eigenen Mikrokosmos holen möchte, aggressiv und bösartig gegen eigene Familienmitglieder rebelliert, die sie als solche eh nicht mehr erkennt. Demenz ist nie gleich, sie ist immer anders. Jeder Demenzkranke ist anders. Insofern pauschalisiert der Film bzw. Filmtitel, denn was bei dem einen Betroffenen wie "Honig im Kopf" wirkt, erscheint bei dem anderen wie "Terror im Kopf", regelrecht psychotisch.

Aber positiv ist immerhin, dass ein Augenmerk auf ein immer größer werdendes Problem in der Gesellschaft gelegt wird, denn Demenzerkrankungen nehmen zu. Auch, wenn es ein Augenmerk durch die Schweiger'sche Brille ist. Und da sieht man (vielleicht) eben wie durch Honiggläser.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 11:10
@RoseHunter
Dass, mit diesen Wohnprojekten finde ich grundsätzlich gut, wobei ich denke, sowas funktioniert eher mit fitten alten Menschen und Familien mit Kindern. Wenn ein Mensch so krank ist, wie es z.B. mein Stiefvater war, wäre nur geschultes und bezahltes Pflegepersonal eine Möglichkeit. Hinzu kommt, dass meine Mutter finanziell auf ihre Jobs angewiesen war/ist und wegen ihres Alters einfach nicht mehr überall eingestellt wird.

Worüber ich mich gerne auch noch mit euch austauschen würde, sind die Zustände in Alten-und Pflegeheimen. Wobei ich nur Erfahrungen mit Alten-und Pflegeheimen habe, die eine geschlossene oder halb geschlossene Station haben. Mein Stiefvater kam auch einige Male im Notfall in geschlossenen Psychatrien unter, was eine absolute Katastrophe war. Boah, ich könnte euch Horrorstories erzählen! Mir ist wirklich schleierhaft, warum für kranke und alte Menschen so schlecht gesorgt wird. Die Einsparungen im Pflegepersonal stellt kommt für mich einem Verbrechen gleich!
Selten wurde er regelmässig und ausreichend gewickelt, oft sogar garnicht (er stopfte sich dann Klopapierballen in die Unterhose), so dass meine Mutter alle mitgebrachten Windeln unangetastet wieder mitnehmen konnte, nebst der völlig versifften Klamotten. Von dem Bett will ich garnicht sprechen. Er wurde nicht geduscht, was ich dann immer gemacht habe. Das Personal sagte dann: Er wollte eben nicht und ihn zu zwingen würde gegen die Menschenwürde verstoßen. Genau. Einfachster Trick: Komm, wir gehen jetzt duschen und danach gibts ein Stückel Mohnkuchen und einen Kaffee! Dann biste ganz frisch und dann noch lecker Kuchen! Das wird schön! Zack, hatte ich ihn in der Dusche.:)
Verdreckte Uhr, verdreckte Brille, unversorgte Verletzungen, wie z.B. ein ausgeschlagener Schneidezahn. Da wissen wir bis heute nicht, wie er den verlohren hatte. Seine Nase war zumindest auch blau und verletzt und da er damals noch nicht gestürzt ist, vermute ich, dass er geschlagen wurde. Er konnte ja sehr ausfallend werden. Ist aber im Pflegeheim niemandem aufgefallen, dass sein Vorderzahn fehlte. Also Zähne geputzt haben sie wohl auch nicht. Eine Patientin haben wir erlebt, bei der Maden unter dem Gebiss gefunden wurde.
Als es ihm zum Schluss so schlecht ging, haben 2 Krankenhäuser seine Aufnahme verweigert, weil sie mit ihm schon Erfahrung hatten. Er musste dann in ein drittes 100km weit weg mit dem Hubschrauber geflogen werden. Diese Geschichten sind nur die Spitze des Eisbergs.
Unter genannten Umständen hat meine Mutter es nicht fertig gebracht ihn in einem Heim unterzubringen.
Wie kann es sein, dass man so alleine gelassen wird, wenn man einen pflegebedürftigen Angehörigen hat? Meine Mutter war oft Anfeindungen von Ärzten und Pflegepersonal ausgesetzt, wenn sie, völlig verzweifelt, nach Rat um eine gute Lösung gefragt oder gebeten hat, ihn vielleicht doch noch ein paar Tage länger im Krankenhaus zu behalten, weil sie einfach nicht mehr konnte. Die Zeiten der Großfamilien sind ja leider vorbei...die Kinder und Geschwister meines Stiefvaters haben sich leider schon relativ früh in seiner Krankenzeit abgesetzt und den Kontakt abgebrochen. Erbe war ja irgendwann nicht mehr zu erwarten, da alles Gespartes für die Pflege drauf ging.

Was kann man da denn machen? Eine Petition einreichen? Demonstrieren? Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt, da muss doch gehandelt werden!


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 12:05
Zitat von carla_______carla_______ schrieb:Was kann man da denn machen? Eine Petition einreichen? Demonstrieren? Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt, da muss doch gehandelt werden!
Sorry, Geld gibt es nur für Banken, die sich gegen die Wand gefahren haben. Für die Schwächsten der Gesellschaft (Pflegebedürftige, Kinder, Flüchtlinge etc.) gibt es kein Geld.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 12:50
@carla_______
Zitat von carla_______carla_______ schrieb:Dass, mit diesen Wohnprojekten finde ich grundsätzlich gut, wobei ich denke, sowas funktioniert eher mit fitten alten Menschen und Familien mit Kindern.
Ich habe jemanden kennen gelernt, der in einer solchen Einrichtung wohnt (Rollstuhlfahrer), der trotz meiner skeptischen Fragen restlos begeistert war und sagt, dass tatsächlich ein echter Kontakt stattfindet.
Zitat von carla_______carla_______ schrieb:Worüber ich mich gerne auch noch mit euch austauschen würde, sind die Zustände in Alten-und Pflegeheimen
Das ist sehr individuell und nicht nur von Heim zu Heim, sondern von Station zu Station, in Heim und Krankenhaus verschieden.

Wichtig ist, dass Demenzkranke mit ausreichend Flüssigkeit versorgt werden, es reicht oft nicht, ihnen den Becher hinzustellen, da sie zum Teil nicht wissen, was sie damit machen sollen. Zudem bewirkt ausreichende Flüssigkeit oft eine Besserung der Symptome, die wie ein Wunder wirkt.

Ich erinnere mich mal eine Frau aufgenommen zu haben, die wirklich kernverwirrt war und auf mich den Eindruck einer ausgewachsenen Demenz machte. Nach einem Becher Wasser war die Frau in der Lage völlig adäquat zu antworten.

Das blöde ist, dass Demenzkranke individuelle Förderung bräuchten, das ist aber nicht zu leisten. Man wundert sich, wenn man sieht, dass so ein Zustand auch wieder besser werden kann, zumal die Ursachen der Demenz und ihrer Zunahme weiter ungeklärt sind.

Oft sind "softe" Faktoren viel wertvoller als man denkt und einer dieser Faktoren ist für mich - bis man mich vom Gegenteil überzeugt - der Wegfall einer sozialen Rolle für alte Menschen. Schön wenn, die womöglich 10 Jahre älter werden, als vor 50 Jahren, aber wozu, wenn man sie noch weniger braucht. Dass inzwischen 25% der alten Menschen ein Alkoholproblem haben ist ein Indiz was dafür spricht.
Zitat von carla_______carla_______ schrieb:Mir ist wirklich schleierhaft, warum für kranke und alte Menschen so schlecht gesorgt wird. Die Einsparungen im Pflegepersonal stellt kommt für mich einem Verbrechen gleich!
Mit den Einsparung bist du mMn auf dem richtigen Dampfer. Die PflegerInnen wissen ja selbst, dass das was sie leisten unzureichend ist, aber bei der Fülle der Arbeit die es zu tun gibt, gerade in Geriatrien (für uns Springer sind Geriatrieinsätze immer Hardcore). Der Grund ist so gut wie immer die Unterbesetzung.
Zitat von carla_______carla_______ schrieb:Selten wurde er regelmässig und ausreichend gewickelt, oft sogar garnicht (er stopfte sich dann Klopapierballen in die Unterhose), so dass meine Mutter alle mitgebrachten Windeln unangetastet wieder mitnehmen konnte, nebst der völlig versifften Klamotten. Von dem Bett will ich garnicht sprechen.
Geht eigentlich gar nicht, weil das zu den Basics der Pflege gehört, ich habe nur mit der Zeit aufgehört den Stab über den KollegInnen zu brechen, weil ich ihre Situation kenne.
Was ich allerdings gesehen habe, wie stinkend, versifft mit langen Nägeln, fettigen Haaren und Dekubiti (Liegestellen, die sich von leichten Rötungen zu kraterartigen und nie wieder heilenden eiternden Wunden verschlimmern können) Menschen aus Heimen ins Krankenhaus kamen, da kann man nur den Kopf schütteln. Beliebt auch, die Variante, dass die Schutzhose so lange drum war, dass der Urin schon wieder auskristallisierte.
Zitat von carla_______carla_______ schrieb:Verdreckte Uhr, verdreckte Brille, unversorgte Verletzungen, wie z.B. ein ausgeschlagener Schneidezahn. Da wissen wir bis heute nicht, wie er den verlohren hatte. Seine Nase war zumindest auch blau und verletzt und da er damals noch nicht gestürzt ist, vermute ich, dass er geschlagen wurde. Er konnte ja sehr ausfallend werden. Ist aber im Pflegeheim niemandem aufgefallen, dass sein Vorderzahn fehlte. Also Zähne geputzt haben sie wohl auch nicht. Eine Patientin haben wir erlebt, bei der Maden unter dem Gebiss gefunden wurde.
Hingucken und Fragen stellen, Augen und Nase aufmachen, das kann helfen.
Man kann sich ja mal dazusetzen. Wie wirken die Heimbewohner auf mich?
Eine letzte Sicherheit gibt es nicht.
Wir waren froh und glücklich für meine Schwiegermutter (als nichts mehr zu Hause ging), in einem Heim mit bestem Ruf untergebacht zu haben, sie hatte auch keine Dekubiti, allerdings gab man ihr dort nichts zu trinken (Trinkflaschen und Gläser standen zwar überall auf dem Tisch, aber demente Patienten wissen oft nicht, was sie damit anfangen sollen). Krankheitssymptome, die jede Pflegekraft kennen und erkennen muss wurden "übersehen" und als wir sie schließlich ins Krankenhaus brachten, war sie dehydriert (ausgetrocknet), hatte eine Thrombose und Fäkalkeime in der Scheide, alles klassische Pflegefehler. Der Arzt war ziemlich fassungslos.
Zitat von carla_______carla_______ schrieb:Wie kann es sein, dass man so alleine gelassen wird, wenn man einen pflegebedürftigen Angehörigen hat?
Alte Menschen haben keine Lobby. Natürlich der finanzstarke Rentner, mit dem man noch Geschäfte machen kann, aber die arme Omi an der man nichts verdient und die nur noch kostet.

Es bringt nur nichts den schwarzen Peter hin- und herzuschieben, wir müssen wissen, was wir wollen. Ich bin da wirklich nicht übermäßig politisch unterwegs, aber ich denke, unsere Fixierung auf Leistung und das stillschweigende Fallenlassen von "Minderleistern", ist ein fragwürdiges Ideal, um es mal zurückhältend auszudrücken.
Zitat von carla_______carla_______ schrieb: Die Zeiten der Großfamilien sind ja leider vorbei...die Kinder und Geschwister meines Stiefvaters haben sich leider schon relativ früh in seiner Krankenzeit abgesetzt und den Kontakt abgebrochen. Erbe war ja irgendwann nicht mehr zu erwarten, da alles Gespartes für die Pflege drauf ging.

Was kann man da denn machen? Eine Petition einreichen? Demonstrieren? Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt, da muss doch gehandelt werden!
Das hat mir gefallen: http://www.psyheu.de/6622/die-kraft-der-zehn-prozent/


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 12:58
@hallo-ho
Zitat von hallo-hohallo-ho schrieb:Sorry, Geld gibt es nur für Banken, die sich gegen die Wand gefahren haben. Für die Schwächsten der Gesellschaft (Pflegebedürftige, Kinder, Flüchtlinge etc.) gibt es kein Geld.
Und leider gibt es eine Tendenz zur Entsolidarisierung mit den Schwachen, Kranken und Gescheiterten, denen man gerne unterstellt irgendwie selbst schuld an ihrem Zustand zu sein.

Bei Dementen klappt diese Projektion nicht so gut, weshalb Verachtung und Entwertung in Entsetzen und eigene Angst umschlagen. Immerhin ne Chance, auch in einer zunehmend narzisstischer werdenden Gesellschaft, in der nur schockt, was auch mich mal betreffen könnte.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 13:52
Heftige geschichten, interessante diskussion! Vielen Dank Rosehunter, für den Tipp. Werde ich umsetzen.

Ich glaube, ich möchte, wenn's mal soweit ist nicht in Deutschland enden... Malta, oder Thailand vielleicht ... irgendwo, wo Menschen nicht unter der Macht des Geldes Zeitsklaven sind und Barmherzigkeit verbreitet und echt empfunden wird.
Hier in NL ist mir die Altenpflege ein Rätsel, aber ich hoffe, ich komme hier ebenso noch rechtzeitig wieder weg!


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 14:00
Gestern kam bei extra ein toller Beitrag. Diese Johanniter Einrichtung mit der Tagespflege war echt toll. Die mitarbeiterin war auch sehr motiviert.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 14:59
Zitat von RoseHunterRoseHunter schrieb:Bei Dementen klappt diese Projektion nicht so gut
doch, doch, die hätten 1. mehr fürs Hirn tun können, als es noch nicht zu spät war und 2. haben sie selbstverschuldet den Zeitpunkt des sozialverträglichen Ablebens verpasst.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 15:29
@hallo-ho
Zitat von hallo-hohallo-ho schrieb:doch, doch, die hätten 1. mehr fürs Hirn tun können, als es noch nicht zu spät war und 2. haben sie selbstverschuldet den Zeitpunkt des sozialverträglichen Ablebens verpasst.
Mehr fürs Hirn, da weiß man ja noch immer nicht, was hilft.
Das sozialverträgliche Ableben ist ja im Gange, Selbstmord und Depressionen unter alten Menschen sind leider keine Seltenheit.
Ist schon fast ein weng pervers, wenn man als Wunsch fürs Alter hat, niemandem zur Last zu fallen.

Wer begreift heute schon alte Menschen oder das Alter als Bereicherung?
Vom Alter von 20 an wird alles diskutiert, unter dem Aspekt, was nicht mehr geht.
Man wird nicht zwingend weise, wenn man alt ist, aber die Chancen sind sicher besser als mit 30.
Dazu kommen bestimmte Fähigkeiten die man erst im Alter gewinnt.

Diese Angst vor dem was nicht mehr geht ist insofern ziemlich gaga, weil man auch besitmmte Bedürfnisse schlicht nicht mehr hat. Es ist nicht so, dass man sich das schönredet, weil es nicht mehr geht, sondern man will einfach nicht mehr will.

Demenzen machen all dem natürlich einen Strich durch die Rechnung, aber irgendwie haben sie ja auch was für sich. Jeder Fall ist auf seine Art tragisch und ich will da nichts beschönigen, aber insgesamt ist es in einer vernunft- und leistungsorientierten Welt doch auffällig wie viele da bekloppt und leistungsunfähig werden und solche ironischen Brechungen haben in der Tat auch ihre eigene Komik.

Persönlich finde ich die alternative Welt der Kranken, Bekloppten, der Kuren und Heime mit ihren eigenen Regeln, ihrem eigenen Takt und so weiter attraktiv.


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 16:14
Zitat von RoseHunterRoseHunter schrieb:Ist schon fast ein weng pervers, wenn man als Wunsch fürs Alter hat, niemandem zur Last zu fallen.
Das ist ein Aspekt, den ich auch beim Thema aktive Sterbehilfe für nicht ganz unrelevant halte. Ich seh da schon die Möglichkeit bzw. Gefahr, dass jemand meint, er "müsse" die aktive Sterbehilfe nun endlich mal in Anspruch nehmen, um vermeintlich niemandem zur Last zu fallen. Aber OK, das ist eigentlich OT, ich wollte das einfach mal erwähnt haben.
Zitat von RoseHunterRoseHunter schrieb:Mehr fürs Hirn, da weiß man ja noch immer nicht, was hilft.
Sozialkontakte sollen gut und hilfreich sein, was ich mir als Laie persönlich gut vorstellen kann, denn fast nichts ist so komplex und verschieden wie Menschen. (Mein ich jetzt aber nicht im Sinne von "wer dement wird ist selber schuld, zu wenig Sozialkontkat blabla")


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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 17:07
@hallo-ho
Zitat von hallo-hohallo-ho schrieb:Das ist ein Aspekt, den ich auch beim Thema aktive Sterbehilfe für nicht ganz unrelevant halte. Ich seh da schon die Möglichkeit bzw. Gefahr, dass jemand meint, er "müsse" die aktive Sterbehilfe nun endlich mal in Anspruch nehmen, um vermeintlich niemandem zur Last zu fallen.
Den Gedanken hatte ich auch.
Zitat von hallo-hohallo-ho schrieb:Sozialkontakte sollen gut und hilfreich sein, was ich mir als Laie persönlich gut vorstellen kann, denn fast nichts ist so komplex und verschieden wie Menschen. (Mein ich jetzt aber nicht im Sinne von "wer dement wird ist selber schuld, zu wenig Sozialkontkat blabla")
Ja.
Sozialkontakte, Bewegung und abwechslungsreiche (immer andere), fordernde geistige Betätigung.
Ansonsten sind bestimmte Ernährungsweisen (die, die auch sonst als gesund gelten), und der Abbau von Stress statistisch relvant. Aluminium und Entzündungsprozesse werden als mögliche Verursacher (neben genetischen Formen) diskutiert, es gibt eine Korrelation, von 6x weniger Alzheimer bei Rheumapatienten, die lange und häufig entzündungshemmende Mittel nahmen.
Die Plaque-Hypothese ist was Monokausalität angeht vom Tisch, erfreuliche Ergebnisse gibt es mit einem schwach(!) dosierten Johanniskraut Präparat (bei Interesse findest du den link dazu in diesem Beitrag: Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf (Seite 8) ).
Mehrere links (ich hab jetzt der Einfachheit halber den ersten genommen) gibt es zu Kurkuma:
http://www.lifeline.de/news/medizin-gesundheit/alzheimer-curry-gewuerz-kurkuma-repariert-das-gehirn-id139440.html

Da es zahlreiche Studien git, die zeigen, dass bei der (absichtslosen) Meditation (sowas wie Zazen oder Vipassana) so ziemlich das ganze Hirn angeregt wird, kann auch das nur gut sein, ebenso wie Schlaf (wir schlafen statistisch immer weniger) und Musik machen.


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Bauli ehemaliges Mitglied

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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 17:31
@carla_______

Mein Vater war letztes Jahr in Kurzzeitpflege. Die haben ein Schweinegeld genommen und ihn einfach am Anfang mit seinen dreckigen Pullovern alleine in seinem Zimmer gelassen. Haben ihm wesentliche Dinge nicht erklärt und ihm nicht geholfen.

Meine Anwältin hatte ein paar Tipps parat. Die Pflegeleitung wurde von mir in einem ganz normalen Ton auf die Alternativen hingewiesen, reagierte postwendend. Nächsten Tag war ich wieder im Heim. Er war rasiert, sauber, hatte zu trinken, Bett wurde gemacht, er wurde geduscht Seine Kleidung ist wieder aufgetaucht. Die restlichen Wochen übrigens auch.

Ich bin aber wegen der Pflege meiner Mutter länger geblieben

Ferner sollten mit ihm 12 x Bewegungsübungen im Heim durchgeführt werden. Ich bestand darauf anwesend zu sein, bei den Terminen. Sie kamen nur zweimal insgesamt. Ich hatte im Vorfeld aber laut gesagt, ich würde anderntags wieder abreisen. Prompt kam eine Rechnung von 12 Sitzungen. Ein Anruf und die wollten nicht mal mehr die tatsächlichen zwei Sitzungen bezahlt haben.

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Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf

13.01.2015 um 17:43
@RoseHunter

Ich finde ja, solange man von Lebensqualität sprechen kann ok, wenn diese aber nimmer gegeben ist, sollte jeder das Recht haben auch über sein Sterben bestimmen zu dürfen. Für mich hört die Selbstbestimmung nämlich nicht mit dem erreichen des Alters auf!

Gerade deswegen beharre ich auf Patientenverfügung und Generalvollmacht und bin für das Recht (wenn alle relevanten medizinische Aspekte bedacht sind!) auch des selbstbestimmten Sterbens, dass man das Recht darauf hat auf lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten, wenn diese Verlängerung keine Qualität mehr hat!


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