Demenz-Hölle - wäre es doch "nur" Honig im Kopf
12.01.2015 um 14:19
Mein Stiefvater hatte vor 15 Jahren einen schweren Herzinfarkt und wurde mehrfach reanimiert. Er erlitt eine schwere Hirnschädigung durch den Sauerstoffmangel. Sein Zustand war mit schwerer Demenz zu vergleichen. Eine Demenz und Parkinson kam später hinzu, ebenso wie 4 Bypässe, 3 Stents und ein Herzschrittmacher. Die ersten Jahre ging es in kleinen Schritten Bergauf, aber nach etwa 5 Jahren wurde es immer und immer schlechter. Kein Langzeit-, und kein Kurzzeitgedächnis, Verfolgungswahn, Schlaflosigkeit, Aggressionen, Depressionen, Stuhl-, und Urininkontinenz etc.pp.. 15 Jahre lang hat meine Mutter ihn gepflegt, ich habe geholfen, wie ich konnte. Eigentlich wäre ein Heim für ihn das Beste gewesen, eine Rundumbetreuung, Förderung, usw., aber da er zum Einen, durch lebenslange Selbstständigkeit, nur eine minimale Rente erhielt und wir, zum anderen, kein einziges Heim in diesen 15 Jahren gefunden haben, in das wir ihn mit gutem Gewissen hätten geben können, war dies nicht möglich. Meine Mutter hatte zwischenzeitlich, durch die anstrengende Pflege, einen Schlaganfall und ist in einem schlechten körperlichen Zustand.
Nun ist er am zweiten Dezember an akuter Leukämie gestorben. Völlig plötzlich und mit großen Qualen. Es zerreisst mir buchstäblich das Herz, dass dieser wirklich unglaublich feine, liebe, intelligente und warmherzige Mensch, der er mal war, diese Qualen und 15jähriges Sterben erleiden musste. Es zerriss mir das Herz, wie sehr meine Mutter kämpfen musste, mit der Pflege und zwei Jobs um sie über Wasser zu halten. Aber sie hatte keine Wahl! Sie konnte sich nicht scheiden lassen, weil er nicht Vertragsfähig war und selbst wenn, wäre sie Unterhaltspflichtig gewesen und hätte auch das Heim zahlen müssen. Mindesten 1300€ Eigenbeteiligung im Monat. Oder alles wird abgezogen bis auf des Sozialhilfesatz.
Ich finde es unfassbar, welchen Anfeindungen man ausgesetzt ist, wenn man mit der Pflege eines Angehörigen überfordert ist! Mein Stiefvater hat meine Mutter mindestens 5 mal die Nacht geweckt, sie musste ihn wickeln, er hat mehrfach versucht sie zu schlagen, war unverschämt und gemein. In den letzten Jahren konnte er sich noch nichtmal ein Brot selber schmieren oder den Fernseher anmachen. Er hat in der Gegend rumgespuckt, gefurzt und seine Popel überall hingeschmiert und war, durch seine Hirnschädigung, absolut Empathielos! Ich bin mal neben ihm Ohnmächtig geworden, dass hat ihn überhaupt nicht interessiert. Nichts übrig von dem Menschen, der er mal war! Er hat stundenlang im Minuten-Takt immer die gleiche Frage gestellt! Er hat sich nackt auf die Straße gestellt um den Verkehr zu regeln! Er selbst hätte sich lieber das Leben genommen, wenn er gewusst hätte, was ihm und meiner Mutter blüht! Ich trauere zutiefst um ihn, aber um den gesunden Mann. Eine Erleichterung hat sich weder bei meiner Mutter noch bei mir eingestellt, aber ich sag es ganz ehrlich, dass das noch kommen wird.
Das alles sollen die, die groß rumtönen mal für eine Woche mitmachen und dann reden wir nochmal!