Langeweile von Senioren
08.01.2024 um 11:29Ich habe bei mir in der Verwandtschaft einen Fall eines Ende 80jährigen demenzkranken Herren, bei dem viele Problem im Umgang direkt auf Langeweile zurückzuführen sind. Es fing damit an, dass er in der Wahrnehmung seiner Demenz anfing viele Hobbies komplett einzustellen. Das waren bewusste Enscheidungen, nur sind die Folgen sehr bitter. Sein geistiger Verfall hat sich darauhin massiv beschleunidgt Seine Beschäftigung besteht nur noch darin, dass er den ganzen Tag Fernsehen schaut, was er früher immer ablehnte. Solange seine Frau dabei ist geht es, weil er dann "mit seiner Frau schauen" als adäquate Beschäftigung sieht, was er früher schon gemacht hat. Es fällt ihm allerdings schwer, komplexere Zusammenhänge zu verstehen. Man merkt aber, dass er ständig eine Beschäftigung sucht, aber keine finde. Er scannt den Raum regelrecht danach ab. Teilweise werden bereitsgestellte Getränke runtergeschlungen, damit er einen Vorwand hat aufzustehen und das Gefäß wegzubringen.
Ganz schwierig ist das Thema Rauchen als letzte Beschäftigung. Im Sommer ist das kein Problem, weil er dann gut auf den Balkon gehen kann, dann die Beschäftigung Rauchen offenkundig ist gerechtfertigten Zeitvertreib wahr nimmt und sich nicht hinterfragt und dann eine Weile draußen sitzen bleibt. Jetzt im Winter ist es eine Katastrophe, weil er teils vergisst eine Jacke anzuziehen und eigentlich nach 2 Minuten fertig ist mit dem Rauchen und sofort wieder rein möchte; aufgrund der Kälte ist das Reinkommen behaftet mit einem Unfallrisiko, weil sein Kreislauf das nicht abkam und seine Frau bringt ihn quasi rein. Seit einigen Wochen hat sich eingespielt, dass er sofort zum Rauchen aufspringt, sobald seine Frau den Raum verlässt, weil er dann keine Rechtfertigung mehr hat vor dem Fernseher zu sitzen. Da ihn seine Frau ja quasi vorher seine Jacke anziehen muss und dann wieder reinholen muss, ist das für sie eine starke Belastung, weil sie quasi nicht aus dem Zimmer gehen kann.
Früher hat er übrigens kaum geraucht, aber wie gesagt, die Langeweile.Gelangweilte Senioren beschäftigt zu wissen, da hatte ich schon mit einigen älteren Verwandten Erfahrung, ist im Alltag nicht gerade trivial. Man kann alles und jeden aktiv mit eigenem Zeiteinsatz bespaßen, aber wenn die Menschen sich nicht mehr mit sich selbst beschäftigen können, dann ist das richtg quälend für alle Beteiligten. Bei dem Herren oben habe ich die Erfahrung gemacht, dass ihm vieles einfach zu blöd ist, bzw. er das als Demütigung empfindet. Ich kann das aufgrund seines früheren Bildungs- und Gesellschaftsstands auch nachvollziehen, aber eigentlich macht er sich damit selber schwer. Diese Langeweile ist inzwischen ein größeres Problem, also die wohlgemerkte zeitintensive Pflege.
Ist das Phänomen hier überhaupt bekannt, kennt ihr das auch im Bekanntenkreis und sind euch da vielleicht realistische Lösungswege für den Alltag bekannt?
Hier mal ein allgemeiner Artikel dazu:
https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article144962656/Langeweile-ist-der-Burn-out-der-Senioren.html