Vomü62 schrieb:Die Frage ist: wie lernt man sich vorher (vor dem Ernstfall) kennen? Geht ja irgendwie gar nicht. Selbst ein "Training" unter nahezu realen Bedingungen ist ja immer noch ein Training. Das hat man ja immer im Hinterkopf.
Ich denke schon, dass einem selbst ein Training einen guten ersten Eindruck verschaffen kann. Ich habe z. B. mal bei einem Überlebenstraining mit einer gemischten chinesischen / europäischen Gruppe in der Inneren Mongolei teilgenommen, wo es im Winter verflixt kalt werden kann. Die Instruktoren fuhren uns mit ein paar LKW mitten in die Pampa, luden einige riesige chinesische Militärzelte ab, schauten auf die Uhr und sagten: "In zwei Stunden ist Sonnenuntergang. Wenn ihr die Nacht im Zelt schlafen möchtet, solltet ihr die Dinger bis dahin aufgebaut haben."
Der Aufbau der Zelte war wirklich eine erstklassige Lektion in Menschen- und Völkerkunde. Die Chinesen legten sofort los, schleppten Zeltbestandteile bienenfleißig mal hierhin, mal dorthin, machten sich dabei jedoch überhaupt keine Gedanken darüber, wie man diese je einmal zu einem Zelt zusammenfügen könnte. Es ging ihnen einfach nur darum, etwas zu tun und dabei gesehen zu werden. Derweil stand eine kleine Gruppe europäischer "Experten" beisammen und ergründete im Dialog mittels Papier und Bleistift, wie die einzelnen Teile zusammenpassen könnten. Ihre Überlegungen wurden jedoch gestört durch einen ebenfalls europäischen kleinen Napoleon, der sich offenbar für eine natürliche Führungspersönlichkeit hielt und beide Gruppen, Chinesen und Europäer, gleichermaßen zusammenbrüllte.
Am Ende haben sich die "Experten" knapp durchgesetzt, gerade noch rechtzeitig – was jedoch den kleinen Napoleon nicht im Mindesten beeinträchtigte; er war und blieb auch in den nächsten Tagen der selbsterklärte Chef vom Ganzen. Dieses Phänomen habe ich auch bei anderen Gelegenheiten erlebt: Die meisten Menschen lassen sich problemlos führen, sind sogar froh darüber, wenn man ihnen klare Ansagen macht. Auch unter denjenigen, die über vertieftes Fachwissen verfügen, den von mir so genannten "Experten", gibt es wenige, die sich in einer Führungsrolle wohlfühlen oder sich durchsetzen können. Dagegen ist in jeder Gruppe immer eine Flachzange dabei, welche die Gunst der Stunde nutzt, um ihre vermeintlichen "Führungsqualitäten" auszuleben. Diese Typen muss man frühzeitig erkennen und loswerden, dann klappt das auch mit dem Teamwork.