Der Mensch Jens Söring
26.04.2017 um 14:06bellady schrieb:Außer dem befangenen Richter ......da ich erst kürzlich davon gelesen hatte, wie die Geschworenen vor der Verhandlung im Hinterzimmer "eingeschworen " wurdenDas Schöne an den original Prozess-Mitschnitten ist, dass wir einen Eindruck davon bekommen können, wie überzeugend bzw weniger überzeugend die einzelnen Prozess-Beteiligten so waren. Letztendlich musste die Jury überzeugt werden. Und mich wundert nicht, dass das der Anklage gelang (auch wenn wir natürlich nur kurze Ausschnitte kennen).
Der Staatsanwalt entfaltet eine ganz andere argumentative Kraft als die Verteidigung, indem er einfach die Schuld Sörings voraussetzt:
Er sagt: Söring zieht eine Show ab, grinst und lacht. Kaltblütig. (Dabei ist das kein Argument für Sörings Schuld, ein Zeichen von Kaltblütigkeit wäre es nur, wenn er die Tat begangen hat)
Er sagt: Söring hat seine Story geändert, das ist unanständig, unethisch. (Aber eben auch nur, wenn er für die Morde verantwortlich ist.)
Oder wenn er bei dem angeblichen Drogendealer nachfragt: Warum Söring jetzt diesen Namen erwähnt? Und damit suggeriert, Söring wolle dieser Person die eigene Schuld in die Schuhe schieben.
Der Verteidiger hingegen macht auf umständlich:
Er sagt: Der Scheck, von dem Söring sagt, er habe ihn eingelöst.
Er sagt nicht: Söring hat den Scheck eingelöst. (Ich als Jury-Mitglied hätte gedacht: der glaubt ja selber nicht so recht an Sörings Worte.)
Und er sagt: Es gibt stärkere Beweise, die auf Elizabeth als Täterin hindeuten. Sie war es allein oder mit einem Unbekannten.
(Und die Jury setzt in Gedanken ein: also vielleicht doch mit Jens Söring zusammen?)
Und er stellt mitunter Fragen so, dass man am Ende nicht mehr weiß, was wurde zugestimmt, was widersprochen?
- Did you ever tell Jens that Mrs M. knew about these photographs? and [~ that she] [...] said 'those photographs they are just lovely'. I was very embarrassed. Did you say that?Aber in der Verteidigung spiegelt sich auch nur Sörings umständliche, verkomplizierende Art wider, Dinge zu erklären. Ich bin mir sicher, niemand, weder Juroren noch die Leute im Publikum, hat Sörings Drogenkurier-Geschichte kapiert.
- Yes Sir
- Wasn't true, was it?
- I'm afraid it is so.
- You are saying here today that she knew about the photographs?
- As far as I know yes she did.
Die Anklage hatte natürlich auch die entsprechenden Indizien, um kraftvoll argumentieren zu können, es geht mir hier nicht nur um reine Rhetorik.
Wenn ich die Frage beantworten sollte: War die Anklage in ihrer Präsentation überzeugender als die Verteidigung? Dann würde ich sagen: Ja, sieht ganz so aus.