Ich verfolge den Fall schon länger seit ich eine Fernsehsendung dazu gesehen habe.
Nun habe ich kürzlich einen Zeitungsartikel entdeckt, der den Sachstand hervorragend wiedergibt:
http://www.newyorker.com/magazine/2015/11/09/blood-tiesDer Artikel ist sehr ausführlich und aus meiner Sicht sehr gut recherchiert und geradewegs spannend zu lesen. Ich finde ihn auch recht ausgewogen. Ich habe auch einiges erfahren, dass für mich neu war.
Auch nach vielem Überlegen kann ich mir keinen Reim darauf machen wie sich die Tat abgespielt hat. Ich kann mir weder vorstellen, dass es JS alleine war, oder EH alleine war. Ich finde es auch schwer vorstellebar, dass es im Hintergrund Mittäter gibt, die keiner kennt. Aber irgendwie muss es sich ja zugetragen haben.
Ich finde es schon interessant, wie sich hier Lager gebildet haben, aus JS-Freunden und JS-Hassern. Damit setzt sich die Gemeinschaft hier im Wesentlichen auch gar nicht so sehr ab von allen anderen, die irgendwie damit zu tun haben. ob nun als Richter, der ja schon vor Prozessbeginn sagte, dass seiner Meinung nach JS schuldig ist. Oder als etwa seine „Freunde“, die sich interviewen lassen und dabei einfach JSs Sicht der Dinge, teils Wort für Wort, wiedergeben.
Für mich ist mehr von Interesse was für oder gegen die Beweisbarkeit von JS Schuld spricht. Es war immerhin ein Indizienprozess und folglich gibt es auch keinen Beweis für seine Schuld
Fakt: Es gibt es bis heute einige Ungereimtheiten:
- das anfängliche Geständnis ohne Anwalt: Es wird bezweifelt, dass dieses überhaupt je vor Gericht hätte verwendet werden dürfen. Auf dieses Geständnis wird jedoch immer wieder, auch durch das Berufungsgericht, Bezug genommen.
- Der Sockenabdruck. Aussagekraft von Sockenabdrücken allgemein wird wohl nach heutigem Kenntnisstand in Zweifel gezogen. Unliebsame Gutachten wurden vom Staatsanwalt den Geschworenen vorenthalten. Selbst der Chefermittler sagt heute der Sockenabdruck hätte keinen Wert und sie hätten vor Gericht nie behauptet, dass es sich um den Abdruck von JS handelt. Und wenn man mal z.B. die Staircase Murders Reportage schaut, kann man außerdem sehen, wie da mitunter nachgeholfen wird, um solche Expertenaussagen bzw. Ergebnisse von Nachstellungen zurechtzubiegen.
- Täterprofil: Es gibt ein FBI-Täterprofil, dass ebenfalls unter den Teppich gekehrt wurde und zumindest dagegen spricht, dass sich die Tat so wie im Urteil beschrieben, von JS allein, ausgeführt wurde..
- EH wirkt durchtriebener. Sie hat Erfahrungen mit Drogen und Sexorgien, hat/hatte viele Sexpartner und sie hat wohl auch eher Kontaktmöglichkeiten mit Leuten, die sagen wir mal eher fähig sind jemanden abzuschlachten als ein im goldenen Käfig aufgewachsener Diplomatensohn
- Es wurden keine Fingerabdrücke, oder DNA-Spuren , oder sonstige Spuren von JS am Tatort gefunden. Gleichsam wurden Spuren, Blut und Fingerabdrücke und Schuhabdrücke, gefunden, die noch nicht zugeordnet wurden.
- Unmittelbar nach der Tat wurden in Tatortnähe 2 verdächtig erscheinende Männer von einem Streifenpolizist überprüft. Diese haben bereits vorher einen Menschen getötet. Evtl. hatten sie auch ein Messer. Trotzdem wurden sie nicht näher überprüft.
Diese Liste ist sicher unvollständig. Unabhängig davon, ob ich persönlich an die Schuld oder Unschuld von JS glaube, denke ich, dass es nicht möglich sein dürfte auf Grundlage dieser Beweislage JS die Tat nachzuweisen. Denn so fair muss man sein: Gerade da es sich um einen Indizienprozess handelt, ist es nicht korrekt die einzelnen Indizien unterschiedlich zu gewichten. Dies ist hier aber allem Anschein nach geschehen. Und es ist beileibe kein Einzelfall. Gerade in USA, aber auch in anderen Ländern, z.B. Deutschland, ist das wiederholt vorgekommen. Aus rechtsstaatlicher Sicht sicher ein Albtraum.