@cejar Naja ich denk mal, dass da so Sachen wie der Wohnort usw. mit reinspielen dürften, wenn es um die Entscheidung Geldstrafe oder FS-Entzug geht. Angesichts der Tatsache, dass die meisten erstvergebenen Haftstrafen eh zur Bewährung ausgesetzt werden und nicht jeder wegen Lolli klauen in den Knast kommt, find ichs übereilt und auch vom gesunden Menschenverstand her nicht notwendig, den FS-Entzug gleich mit realem Gefängnis aufwiegen zu wollen, wer wirklich ohne Bewährung in den Knast geht, bei dem hätte auch kein Richter, der noch ganz gesund ist auf FS-Entzug erkannt. Es soll ja kein Ersatz für eine FS sein sondern eine Lösung zwischen der Haftstrafe, die zu hart wäre und der Geldstrafe, deren Höhe dem individuellen Delinquenten keine wirkliche Strafe wäre. Die Tagessatzhöhe wird zwar am Einkommen festgemacht aber ich hab nen Einkommen, mit dem komm ich super klar, manch anderer kratzt an der Hungergrenze. Mich würde eine daran bemessene GS damit weniger treffen als einen vergleichbaren Verurteilten, der auf einmal nen kompletten Lebensstandard aufgeben müsste um es zu berappen.
Sind wir doch mal ehrlich, mit 50 Euro weniger im Monat, weil man Ratenzahlung bewilligt bekommt, also damit kann sich jeder arrangieren. Oder 100, je nach Einkommen, man beantragt ja die Raten dann selber so, dass sie auch dann nicht wehtun, wenn die Vollstreckungsabteilung eine ihrer Meinung nach angemessene höhere Ratenhöhe anweist. Geldstrafenraten sind oft niedriger als Raten für ein finanziertes Automobil. Die Strafe soll aber nicht spurlos an demjenigen vorübergehen sondern er soll sie merken. Und die Umgewöhnung vom bequemen Automobil hin zum engen Stadtomnibus, mit dem man in die hinterste Pampa fahren muss, die wird viele dann nicht so kalt lassen. Außerdem können die Leute auch aufs Fahrrad ausweichen und somit was für die Gesundheit tun, es hilft ihnen unter Umständen sogar.
Und wenn man schon die Leute nicht in den Knast steckt, weil damit oft ein Jobverlust einhergehen kann und man den Leuten damit das Leben versauen würde, dann würde diese Einsicht auch bei der Vergabe von FS-Entzügen eine Rolle spielen und ein LKW-Fahrer würde kaum bei einem Vergehen, dass kein versautes Leben rechtfertigt, den Führerschein weggenommen bekommen. Andererseits, wenn er betrunken fährt, würde ihn dieses Schicksal durchaus ereilen. Oder bei Geschwindigkeitsübertretung, also einer ganz anderen Kategorie von Verstoß, nämlich "nur" einer OWi.
Bis jetzt steht ja nur die Idee im Raum aber mit etwas gesundem Menschenverstand kommt man schon auf die Idee, dass einem Städter, der bequem mit Bus und Bahn überall hinkommt der FS-Entzug ebenso wenig betreffen würde, wie den Berufskraftfahrer, für den die Existenz aufm Spiel steht. Der Erstere würde es gar nicht spüren, der andere hingegen wäre damit u.U. härter bestraft als man es rechtfertigen könnte. Hingegen jemand, der irgendwo aufm Dorf wohnt, wo früh und Abend mal ein Bus fährt, bei dem könnte so eine Strafe dann durchaus Wirkung zeigen. Bis jetzt ist ja auch die Möglichkeit bei den meisten Straftaten gegeben, sie als FS oder GS auszusetzen. Was spräche aber auch gegen eine Kombination?
Also, mal zusammengefasst seh ich das Problem nicht, den FS-Entzug mit Gefängnis vergleichbar machen zu müssen. Denn jemanden, den man heute wirklich in den Knast steckt, bei dem begnügt man sich mit Sicherheit nicht mit FS-Entzug.
Ich find es als Mittelding und Instrument ganz nützlich, denn eine Geldstrafe ist vielleicht schockierend, wenn man den Strafbefehl erhält aber ab dann nur noch ein Posten aufm Kontoauszug. Die Entscheidung drüber, ob GS oder FS-Entzug, die würde in jedem Fall dann individuell fallen müssen. Und da finde ich nicht, dass es eine Verkomplizierung ist sondern lediglich ein Mittel, was bei OWis ja schon seit Jahrzehnten angewandt wird und was definitiv zieht. Jeder, der jemanden kennt, dem schon mal der Lappen abgenommen wurde, der weiß, wie angepisst die Leute sind. Und zwar jedes mal, wenn sie sich wackligerweise aufs Notfahrrad setzen, was 20 Jahre lang im Keller oxidierte
;)Wir reden ja nun nicht über Kreativität im Sinne von anprangern und anspucken oder Daumenschrauben sondern über eine Einschränkung der persönlichen Freiheit, wie sie die Strafe in jedem Fall darstellt. Und wie es auch nicht unüblich ist, siehe VOWi-Vergehen.
Das Strafrecht wandelt sich doch seit Jahrhunderten stetig. Es kommen immer wieder Strafmethoden, wie sie zu einer bestimmten Zeit angemessen erscheinen, der Strafvollzug wurde über die Jahrhunderte immer milder bis hin zur zinsfreien Finanzierung der Geldstrafe. Es scheint als würden die einzigen erlaubten Strafrechtsneuerungen die sein, die den Wert oder Sinn der Strafe immer weiter abschwächen. Man ist auf einem Level, auf dem man sagen kann, dass Straftäter keine große Angst mehr haben müssen. Die Aussetzung zur Bewährung ist nichts anderes als "benimm dich und besuch ab und zu mal Oma (BwH) und sag uns wenn du umziehst und such dirn Job" (Bewährungsauflagen lesen sich wie eine Moralpredigt von Muttern). Die wirkliche Einbuchtung kommt bei harten Vergehen oder bei so oft wiederholten Straftaten, dass man einen Lynchmob erzeugen würde, würde man erneut aussetzen. Die Verhängung von Geldstrafen für Straftaten wie z.B. vorsätzlicher Körperverletzung finde ich persönlich den größten Hohn und die zynischste Pointe im StGB. Der eine muss in einem Zivilprozess 5000 Euro für ein runtergeladenes Album bezahlen und der Schläger, der einem das Jochbein zertrümmert hat, kommt mit nicht mal der Hälfte davon.
Noch absurder wird es, wenn wir uns anschauen, dass Leute, die 5 mal schwarz gefahren sind locker über 1000 Euro an Geldstrafe zahlen müssen, wenn sie verurteilt werden und im Saal nebenan wird einer, der jemanden bewusstlos gehauen hat dazu verurteilt, sich 10 Monate jede Woche bei der Bewährungshilfe zu melden.
Ich sehe den FS-Entzug auch nicht als "Universallöschmittel" aber er hilft sicher dazu beizutragen, ne Differenzierung zu treffen und einige Delikte auf eine Weise zu sanktionieren, die ein einigermaßen gesundes Verhältnis bildet. Für oben angesprochene KV-Problematik bin ich eh ein strikter Verfechter vom Steinbruch. Wer so viel Kraft übrig hat, jemandem wehzutun, der kann auch den ganzen Tag lang eine Spitzhacke bedienen. Aber das dann ja auch wieder ach so böse und so.