Mark_Smith schrieb:Ich habe nur gesagt, wo m.E. die metoo-Kampagne über das Ziel hinausschiesst und das ist m.E. genau dort, wo Straftaten oder auch zivilrechtliches Verhalten längst verjährt sind und keine rechtsstatliche Instanz mehr prüfen kann, was Sache ist. Ausserdem ist es eine Empörungskampagne, die nicht auf Verstand und Aufklärung setzt, sondern ich würde das teilweise Bauchstalinismus und Empörungsbewirtschaftung nennen und vor allem an die niederen Instinkte der Menschen appelliert.
Nochmals: Es geht nicht (nur) um die juristischen Folgen, sondern um eine Veränderung von Verhaltensweisen, eine gesellschaftspolitische Frage.
Mark_Smith schrieb:Schlussendlich legt der Staat, bei sexueller Belästigung das Arbeitsrecht, das Strafrecht und das Zivilrecht verbindliche Muss-Normen auf. Alles andere sind Soll- bzw. Kann-Normen und eben viel weniger verbindlich.
Mark_Smith schrieb:Eine Firma kann schon andere Normen aufstellen, es stellt sich dann nur die Frage, ob diese Normen überhaupt verbindlich sind und überhaupt solche Konsequenzen haben, dass diese rechtlich verbindlich sind.
In einer Firma, einem Forum, einem Verein u.s.w. sind solche Regelungen natürlich bindend, da gilt das Hausrecht und wer sich nicht daran halten will, kann rausgeworfen werden.
Davon abgesehen geht es um
Umgangsformen,
Mark_Smith schrieb:M.E. bringt es nix, in der Arbeitswelt Normen aufzustellen, die dann rechtlich nicht verbindlich sind,
Natürlich bringt das was, andere geläufige Umgangsformen bringen ja auch was. Zum Beispiel wird nicht akzeptiert, laut zu furzen, Popel in der Öffentlichkeit aufzuessen oder sich über Menschen, die offensichtlich behindert sind, lustig zu machen. Das ist alles nicht strafbar, aber als mieses Verhalten bekannt.
Sexuelle Belästigung fängt genau da an, wo andere Umgangsformen längst funktionieren und jeder weiß, dass Verstöße vielleicht keine juristischen, aber gesellschaftliche Folgen haben.
Ganz abgesehen von Fällen, in denen die Belästigung strafbar ist.
Magdalena74 schrieb:Bestes Beispiel ist aber „me too“.
Hat sich nicht letztens einen Praktikantin beschwert, weil über sie schweinische Witze gerissen wurden? War das nicht bei Dustin Hoffmann?
Achgottchen... neulich beschwerte sich jemand möglicherweise ungerechtfertigt? Was ist mit all denen, die Übergriffe mit voller Berechtigung öffentlich machten? Müssen die die ganze Kampagne verlassen, weil jemand sie missbrauchen könnte?
Magdalena74 schrieb:Manche Kerle müssen in ihre Schranken gewiesen werden, weil sie sich zu mächtig fühlen. Ja, es sind üble Gesellen. Aber nicht erst 20 Jahre später. Und ich meine damit NICHT Cosbys oder Weinsteins Taten. Die sind entsetzlich.
Das ist ja das entsetzliche, dass bislang geschwiegen wurde und sich die Opfer alleine gelassen fühlten. Darum: Gerade auch 20 Jahre später! Denn das zeigt, dass es nicht nur ein Problem mit einzelnen Personen ist, sondern ein strukturelles. Anders hätte jemand sich nicht 20 Jahre und länger so verhalten können.
Magdalena74 schrieb:Wo fängt für euch sexuelle Belästigung an?
heute um 09:34
Hm... Ich revidiere. Hoffmann scheint nicht mehr das passende Beispiel abzugeben. Habe es gerade erst gelesen.
Kein Problem. Oder vielleicht doch: Es zeigt das allgemeine Misstrauen gegenüber Belästigungs-Vorwürfen.
RedBird schrieb:Blödes Anbaggern nervt, ist aber keineswegs traumatisierend. Wir können das verkraften. Wenn man es richtig macht und den Spieß umdreht, kann es sogar recht unterhaltsam werden.
Klar, dann schlage das doch mal der 16-jährigen Schülerpraktikantin vor, einfach total cool zu reagieren.
knopper schrieb:nach der Argumentation müsste sich ja auch jede Frau am FFK Strand belästigt fühlen da sie die ganzen nackten Männer ansehen muss.
Das ist mal wieder totaler Quatsch, denn wenn es allgemeine Übereinkunft ist, nackt zu sein, dann ist es keine aufdringliche Belästigung, sich nackt zu zeigen.
In der Sauna,in der ich mal jede Woche war, ist aber ein Typ rausgeflogen, der sich am Anblick der rauen aufgeilte und seinen Ständer nicht verbergen konnte.
In den Thermen bei Berlin hatte man aber Nachsehen mit einem, der tief eingeschlafen war und im Schlaf einen Ständer hatte. Da hat einfach jemand ein Handtuch drüber gelegt.
Leute sind auch nicht blöd und merken, was beabsichtigt ist.
Mark_Smith schrieb:Das ist aber für das konkrete Handeln im Alltag rechtlich nicht verbindlich.
Nochmals: Es geht nicht (nur) um juristische Kategorien.
knopper schrieb:anaja wie @Mark_Smith schon schreibt entscheidet am Ende die Justiz aufgrund von Gesetzen... ist nicht immer optimal aber nun mal Tatsache in einem Rechtsstaat.
Nein, da wo die Justiz nicht greift, gelten gesellschaftliche Normen.
Mark_Smith schrieb:Ich würde immer den konkreten Fall anschauen. Es gibt immer wieder Falschbeschuldigungen etc, und nicht zu knapp.
Statistik bitte!
Eine Untersuchung dazu aus Bayern zeigte, dass es nur sehr, sehr wenige Fälle von Falschbeschuldigungen bei Vergewaltigungen gibt.
Den allermeisten Menschen ist bewusst, dass Falschgeschuldigung und Rufschädigung eine Straftat sind.
Mark_Smith schrieb:bereits 100 mal gesagt: rechtlich nicht relevant.
Und nochmals: Es geht nicht nur um juristische Kategorien.
Regelst Du Deine Umgangsformen im Alltag auch nur danach, was strafbar ist und was
nicht?
Es hat auch lange gedauert, bis Mobbing als falsches Verhalten wahrgenommen wurde. Anfangs hieß es auch immer, dass manche sich aber über jeden Unfug aufregen und vermutlich selbst nerven.
Inzwischen werden Anti-Mobbing-Regeln in den Betrieben aufgestellt und durchgesetzt.
Früher konnte man sich nach Herzenslust über Behinderte lustig machen... heute tun das nur noch Vollidioten. Umgangsformen ändern sich, und #metoo setzt genau da an, wo Vergewaltigungs-Paragrafen noch nicht greifen, Taten verjährt sind oder bislang argumentiert wurde, dass die Schauspielerin sich ja freiwillig prostituiert - sie könne ja einen anderen Job machen.
Das alles wird endlich als so zum kotzen ausformuliert, dass vielleicht in ein paar Jahren die Leute, die dachten, dass sie ja juristisch nicht angreifbar sind, merken dass sie moralisch als A****löcher gesellschaftlich unten durch sind.
Die Männer, mit denen ich bislang darüber sprach, hatten überhaupt kein Problem damit, denn den allermeisten ist sowieso schleierhaft, wieso man sich gegenüber Frauen übergriffig verhalten sollte. Die Kampagne konnte vielleicht gerade darum solchen Wind machen, weil so viele Menschen sie nicht bräuchten.