Becky schrieb:- Sitznachbar guckt mal rüber - kein Ding
- Sitznachbar dreht sich um und taxiert einen von oben bis unten - leicht unangenehm bis creepy
- Sitznachbar macht damit solange weiter, bis man aussteigt und steigt dann ebenfalls aus und taxiert einen dabei weiter - definitiv creepy
- Sitznachbar läuft einem auch noch den ganzen Weg bis zur Haustür hinterher - spätestens da wäre mir sehr unwohl zumute.
Das ist schon Verfolgung und mehr als irgendwie belästigend. Das ist schon bedrohlich.
Ich bin aber jemand der, dem es nichts ausmacht, wenn man im Bus sitzt und man mich anguckt.
Grund: man sitzt sich Gegenüber und das ist die normale Blickrichtung.
Meine Blicke fallen ebenso oft auf das Gegenüber.
Aber keiner hat auch nur im Entferntesten irgendwas geplant, um den anderen zu schädigen.
Im Café genau dasselbe. Oft guckt man durch die Gegend, dann bleibt man mit einem Blick mal hängen, verfällt in Gedanken. Das bedeutet, man guckt, aber man guckt gar nicht. Jemand anders kann das als starren werten und sich dann fragen, was will der von mir? Dabei sitzt er einfach nur da und geht gedanklich die Monatskasse durch.
Man kann so vieles am eigenen Verhalten erkennen, manchmal auch fehlinterpretieren, ja, sich sogar einen echten Gruselfilm fahren, aber eigentlich ist das meiste harmlos.
Wir sind alle in einem öffentlichen Raum und treffen auch viele Menschen. Natürlich sind wir auch interessiert, Menschen beobachten ist eigentlich das normalste der Welt.
Die "Tarnkappen-Illusion" haben die Psychologen das Phänomen getauft, das sie in der Studie beschreiben. In zahlreichen Experimenten mit mehreren Hundert Teilnehmern zeigte sich, dass jeder mit Interesse andere Anwesende mustert und zugleich systematisch unterschätzt, wie sehr er selbst beobachtet wird. Das registrierten die Forscher sowohl in Befragungen als auch in Versuchen in einer Uni-Mensa. Sogar, wenn sich zwei Personen alleine gegenübersaßen, hielten sich die meisten Teilnehmer selbst für ungebührliche Beobachter, die andersherum kaum von dem jeweiligen Gegenüber gemustert würden.
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Wie Boothby zeigt, fühlen sich die meisten nicht nur unverstanden, sondern auch unbeobachtet. Das liege zum einen daran, dass Menschen gut darin sind, ihre Blicke zu kaschieren und zu verbergen, dass sie die anderen im Raum gerade beobachten.
Abschließend:
Und wenn sich die Blicke zweier Personen doch zufällig treffen, dann kapiert der Beobachtete es oft immer noch nicht: Dann fallen ihm zahlreiche andere Begründungen für den Blick des anderen ein. Über die eigenen Gedanken herrscht hingegen Klarheit: Wenn die anderen Personen im Raum Interesse in einem wecken, dann ist dem Beobachter das natürlich bewusst. So halten sich die meisten also fälschlicherweise für Glotzer, nicht aber für Angeglotzte.
https://www.google.de/amp/www.sueddeutsche.de/wissen/psychologie-warum-menschen-sich-so-gerne-beobachten-1.3303442!ampBeobachten ist normal, entweder selbst beobachtet werden oder selber zu beobachten.
Wenn man jetzt also einen Glotzer ausfindig macht, unterschätzt man eigentlich eine total normale Ausgangslage - und sich selbst.