Astralreisen
21.08.2015 um 09:57Für mich sind diese "Astralreisen" nach wie vor eine Form von Luziden Träumen, allerdings mit der Einschränkung, daß der "Reisende" keine volle Kontrolle über sie hat, sondern nur ein passiver Beobachter ist.
"Die Erlebnisse im Klartraum sind so intensiv, als ob sie Wirklichkeit wären. Das unterscheidet den luziden Zustand vom Tagtraum, dessen Fantasiebilder blasser als echte Sinneseindrücke erscheinen, und von einem Kinofilm, der nur auf einem Stück Leinwand zweidimensional an uns vorüberzieht, und auch von einem Computerspiel, das wir ebenfalls nur in einem Ausschnitt unseres Blickfelds erleben. Im Klartraum dagegen taucht man mit allen Sinnen in eine selbst erzeugte Realität ein.
Oft erscheinen die Wahrnehmungen sogar noch wirklicher als die Tagesrealität. Die Farben leuchten in einer Intensität, der Raum hat eine Tiefe, wie man es wach niemals erlebt. Das Licht ist klar, die Kanten der Gegenstände rasierklingenscharf. An den Hängen einer weit entfernten Bergkette erkennt man die einzelnen Nadeln der Tannen. Jeder Ton klingt so sauber, als ob er aus einem schwingenden Eiskristall käme.
Der britische Psychologe Hugh Callaway hat diese Erfahrungen in eindringlichen Worten beschrieben:
»Die Qualität des Traumes veränderte sich auf eine Weise, die man nur sehr schwer jemandem mitteilen kann, der dieses Erlebnis noch nie hatte. Sofort nahmen Klarheit und Lebendigkeit hundertfach zu. Das Meer, der Himmel und die Bäume hatten noch nie solch eine zauberhafte Schönheit ausgestrahlt; selbst die gewöhnlichen Häuser waren von innerem Leben erfüllt und auf eine mystische Art schön. Nie habe ich mich so wohl gefühlt, so klar im Kopf, und so frei.«
Allerdings lässt sich bezweifeln, dass dieses Empfinden von Hyperrealität nur Klarträumen vorbehalten ist. Vermutlich nehmen wir mitunter auch in gewöhnlichen Träumen alles überdeutlich wahr und sind nur unfähig, uns die Bilder in ihrem ganzen Reichtum zu merken. Der luzide Zustand zeichnet sich nicht unbedingt durch stärkere Erfahrungen aus; vielmehr zählt, dass uns plötzlich bewusst wird, wie bemerkenswert das ist, was wir erleben.
[...]
Wie andere ungewöhnliche Traumerfahrungen, von denen frühere Kapitel dieses Buchs handeln, kommen auch Klarträume durch eine besondere Konstellation aktiver und abgeschalteter Hirnzentren zustande. Es handelt sich um einen einzigartigen Zwitter aus REM-Schlaf und Wachen. Wie üblich sind jene Hirnareale außer Betrieb, die Signale von den Sinnesorganen empfangen. Darum machen keinerlei Eindrücke von außen den Traumvorstellungen Konkurrenz, die in den höheren Zentren der Seh- und Hörrinde entstehen. Verglichen mit gewöhnlichen Träumen ist aber die Tätigkeit bestimmter Areale am seitlichen Hinterkopf, die zur bewussten Wahrnehmung von Bildern beitragen, erhöht. Das könnte erklären, warum Menschen in luziden Träumen oft überklar sehen.
Doch das auffälligste physiologische Merkmal des Klartraums ist, dass das Stirnhirn erwacht. Plötzlich zeigen sich im EEG die schnellen elektrischen Wellen mit 40 Schwingungen pro Sekunde, die sonst tagsüber auftreten: Das Wachbewusstsein bricht in den Schlaf ein. Eine besondere Rolle für das Dämmern der Geistesgegenwart spielt der dorsolaterale präfrontale Cortex, ein Bereich des Großhirns über der Stirn. Dieser ist normalerweise im Schlaf heruntergeregelt, tagsüber und im luziden Zustand dagegen aktiv. Plötzlich kann der Träumer kritisch denken, seine Aufmerksamkeit lenken und hat Zugriff auf die autobiographische Erinnerung. Dadurch hat er ein genaueres Gefühl für sich selbst als im Traum üblich; während man sonst blindlings Ziele verfolgt und das Wissen um die eigene Identität allenfalls aufblitzt, ist das Ich im Klartraum fast durchgehend präsent. Zusätzlich erwacht der Precuneus, eine Region am oberen Hinterkopf, die uns befähigt, den eigenen inneren Zustand zu analysieren. So bemerkt man erstaunt, dass man träumt.
Viele luzide Träumer nutzen diese Einsicht, um das Geschehen nach ihrem Willen zu lenken. Allerdings ist uns nicht in jedem Klartraum Gestaltungsfreiheit vergönnt. Ich selbst habe oft nur staunend und voll Spannung die Schönheit der Traumbilder bewundert – kam aber nicht einmal auf die Idee, sie zu verändern."
aus: "Träume - Eine Reise in unsere innere Wirklichkeit" von Stefan Klein
"Die Erlebnisse im Klartraum sind so intensiv, als ob sie Wirklichkeit wären. Das unterscheidet den luziden Zustand vom Tagtraum, dessen Fantasiebilder blasser als echte Sinneseindrücke erscheinen, und von einem Kinofilm, der nur auf einem Stück Leinwand zweidimensional an uns vorüberzieht, und auch von einem Computerspiel, das wir ebenfalls nur in einem Ausschnitt unseres Blickfelds erleben. Im Klartraum dagegen taucht man mit allen Sinnen in eine selbst erzeugte Realität ein.
Oft erscheinen die Wahrnehmungen sogar noch wirklicher als die Tagesrealität. Die Farben leuchten in einer Intensität, der Raum hat eine Tiefe, wie man es wach niemals erlebt. Das Licht ist klar, die Kanten der Gegenstände rasierklingenscharf. An den Hängen einer weit entfernten Bergkette erkennt man die einzelnen Nadeln der Tannen. Jeder Ton klingt so sauber, als ob er aus einem schwingenden Eiskristall käme.
Der britische Psychologe Hugh Callaway hat diese Erfahrungen in eindringlichen Worten beschrieben:
»Die Qualität des Traumes veränderte sich auf eine Weise, die man nur sehr schwer jemandem mitteilen kann, der dieses Erlebnis noch nie hatte. Sofort nahmen Klarheit und Lebendigkeit hundertfach zu. Das Meer, der Himmel und die Bäume hatten noch nie solch eine zauberhafte Schönheit ausgestrahlt; selbst die gewöhnlichen Häuser waren von innerem Leben erfüllt und auf eine mystische Art schön. Nie habe ich mich so wohl gefühlt, so klar im Kopf, und so frei.«
Allerdings lässt sich bezweifeln, dass dieses Empfinden von Hyperrealität nur Klarträumen vorbehalten ist. Vermutlich nehmen wir mitunter auch in gewöhnlichen Träumen alles überdeutlich wahr und sind nur unfähig, uns die Bilder in ihrem ganzen Reichtum zu merken. Der luzide Zustand zeichnet sich nicht unbedingt durch stärkere Erfahrungen aus; vielmehr zählt, dass uns plötzlich bewusst wird, wie bemerkenswert das ist, was wir erleben.
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Wie andere ungewöhnliche Traumerfahrungen, von denen frühere Kapitel dieses Buchs handeln, kommen auch Klarträume durch eine besondere Konstellation aktiver und abgeschalteter Hirnzentren zustande. Es handelt sich um einen einzigartigen Zwitter aus REM-Schlaf und Wachen. Wie üblich sind jene Hirnareale außer Betrieb, die Signale von den Sinnesorganen empfangen. Darum machen keinerlei Eindrücke von außen den Traumvorstellungen Konkurrenz, die in den höheren Zentren der Seh- und Hörrinde entstehen. Verglichen mit gewöhnlichen Träumen ist aber die Tätigkeit bestimmter Areale am seitlichen Hinterkopf, die zur bewussten Wahrnehmung von Bildern beitragen, erhöht. Das könnte erklären, warum Menschen in luziden Träumen oft überklar sehen.
Doch das auffälligste physiologische Merkmal des Klartraums ist, dass das Stirnhirn erwacht. Plötzlich zeigen sich im EEG die schnellen elektrischen Wellen mit 40 Schwingungen pro Sekunde, die sonst tagsüber auftreten: Das Wachbewusstsein bricht in den Schlaf ein. Eine besondere Rolle für das Dämmern der Geistesgegenwart spielt der dorsolaterale präfrontale Cortex, ein Bereich des Großhirns über der Stirn. Dieser ist normalerweise im Schlaf heruntergeregelt, tagsüber und im luziden Zustand dagegen aktiv. Plötzlich kann der Träumer kritisch denken, seine Aufmerksamkeit lenken und hat Zugriff auf die autobiographische Erinnerung. Dadurch hat er ein genaueres Gefühl für sich selbst als im Traum üblich; während man sonst blindlings Ziele verfolgt und das Wissen um die eigene Identität allenfalls aufblitzt, ist das Ich im Klartraum fast durchgehend präsent. Zusätzlich erwacht der Precuneus, eine Region am oberen Hinterkopf, die uns befähigt, den eigenen inneren Zustand zu analysieren. So bemerkt man erstaunt, dass man träumt.
Viele luzide Träumer nutzen diese Einsicht, um das Geschehen nach ihrem Willen zu lenken. Allerdings ist uns nicht in jedem Klartraum Gestaltungsfreiheit vergönnt. Ich selbst habe oft nur staunend und voll Spannung die Schönheit der Traumbilder bewundert – kam aber nicht einmal auf die Idee, sie zu verändern."
aus: "Träume - Eine Reise in unsere innere Wirklichkeit" von Stefan Klein