Zitronenfisch schrieb:Bei einem gewaltsamen Überfall am hellichten Tag in einer nicht unbelebten Gegend gibt es normalerweise immer jemanden, der irgendetwas gesehen oder gehört hat. Und eine sich sträubende, vermutlich schreiende (junge, sportliche) Frau überwältigen und in einem Fahrzeug verstauen, dazu noch das Fahrrad (warum?) - das ist schon ein ziemlicher Akt, der auch irgendwelche Spuren hinterlassen müsste. Mal angenommen, der Täter war auf der Suche nach einem weiblichen Opfer, das er vergewaltigen wollte: Zur morgendlichen Rush-hour eine Radfahrerin anzugreifen, ist dann doch so ziemlich die dümmste Idee, die man haben kann. Da hätte er besser in der Dunkelheit bzw. in den ganz frühen Morgenstunden nach einer Fußgängerin Ausschau gehalten. Hinzu kommt, dass Triebtäter so ein Verbrechen in der Regel nicht nur einmal begehen. Die erfolgreiche Durchführung hätte eigentlich Folgetaten nach sich ziehen müssen. Dass sie aus anderen Gründen verschleppt wurde, ist auch unwahrscheinlich. Es gab nie eine Lösegeldforderung oder dergleichen. Das kann man vergessen.
Deinen Ausführungen kann ich vollumfänglich folgen und zustimmen. Ich sehe es genauso, es gäbe da für einen Vergewaltiger sehr viel günstigere Zeitpunkte ein Opfer abzugreifen, nämlich Morgens vor Beginn der Rush-Hour, oder Abends, wenn die Berufsrückkehrer mehrheitlich wieder zu Hause angekommen sind und bereits beim Abendessen und vor ihren Fernsehern saßen.
Ich stimme Dir auch zu, dass ein solche Vergewaltigung erfolgreich ausgeübt, an sich Folgetaten hätten folgen müssen. Aber weder in der Umgebung von Hannover in der Folgezeit, noch sonst in Deutschland, findet man einen vergleichbaren Fall.
Zitronenfisch schrieb:Ich bin immer wieder an zwei Punkten hängengeblieben: Erstens bei ihrer Doktorarbeit und dem Job an der MHH. Sie fühlte sich offenbar überfordert bzw. überlastet und kam nicht so gut klar. Eine naturwissenschaftliche Promotion ist in der Regel Stress pur. Die Doktorandinnen und Doktoranden arbeiten meist auf Drittmittelstellen in einem Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Qualifikationsstufen. Man muss für sein Projekt brennen, sonst ist das nicht zu schaffen. Arbeit bis in die Nacht ist normal, und wer schwache Leistung bringt, gefährdet den Erfolg des Teams. Das kann ein vernichtendes Gefühl sein. Nach eigenen Aussagen hatte Inka mit ihrem Doktorvater über ihre Probleme gesprochen und er hatte ihr vorgeschlagen, etwas weniger zu arbeiten. Das halte ich angesichts des Erfolgsdrucks, unter dem diese Forschungsteams stehen, für unwahrscheinlich. Ich frage mich, ob man dem wirklich gründlich nachgegangen ist. Vielleicht hatte er sich kritisch geäußert und ihr womöglich nahe gelegt, ihr Promotionsprojekt abzubrechen? Vielleicht hat sie sich für ihr Versagen so geschämt, dass sie es niemandem erzählen konnte? Vielleicht hat der Prof., geplagt von Gewissensbissen, der Polizei nicht erzählen wollen, dass Inka eine problematische Doktorandin war und es ein unangenehmes Gespräch gegeben hatte? Was sagen die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen dazu? Man merkt doch, wenn es mit einem im Team nicht so richtig läuft?
Ich kenne mehrere, promovierte Naturwissenschaftler, allerdings haben diese vor dem Jahr 2000 promoviert. Einer von denen war am Fachbereich Chemie, die Diss dauerte 3 Jahre, ich hatte jetzt nicht den Eindruck, dass er sehr unter dem Stress gelitten hatte, aber er war auch jemand der m.E. mental und psychisch sehr belastbar war.
Das mit dem Arbeiten bis in die Nacht kam schon durchaus vor, auch bei den anderen Doktoranden. Aber da denke ich, dass man diesen Stress in dem noch jungen Alter um die 25-35 Jahre noch gut wegstecken kann, sofern man noch keine eigenen Kinder oder pflegebedürftige Eltern zu versorgen hat.
Ich wüsste nicht, dass man den für die Diss zuständigen Erstgutachter mehrmals befragt hätte, daran glaube ich irgendwie nicht. Ob man ihre Promotionskollegen überhaupt persönlich befragt hat, weiß ich nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Polizei mit den Aussagen des Doktorvaters begnügt hat. Was den Doktorvater anbelangt, sehe ich aber kein Hindernis, der Polizei zu sagen, dass er den Eindruck hatte, das Inka als Doktorandin überfordert war. Er ist Beamter, er verliert nicht seinen Job und seine Reputation und Inka wäre nicht die erste Doktorandin, die abbricht, weil sie überfordert ist. Wenn der Prof ihr nahe gelegt hätte, die Diss abzubrechen, hätte sie aber ihren Ehemann diesbezüglich angelogen, da sie diesem ja sagte, der Prof habe ihr vorgeschlagen, dass sie weniger arbeiten solle.
Möglich, dass ihr der Erwartungsdruck mehr zu schaffen gemacht hat, als sie ihrem Umfeld gegenüber einräumen mochte und dass sie sich dafür geschämt hat.
Aber wenn Du daraus auf einem möglichen Suizid schliessen wolltest, eben wegen der Scham....wäre es doch sehr ungewöhnlich, dass weder ihre Leiche noch ihr Fahrrad wieder aufgetaucht sind. Selbstmörder werden in der Regel eher früher, als später gefunden und machen sich oft gar keine Mühe, ihren Suizid zu verbergen.
Und selbst wenn sie ein abgelegenes Waldstück zu diesem Zweck aufgesucht hätte, sie könnte sich nicht selbst mit Laub oder Ästen abdecken oder verbuddeln...da reicht ein Spaziergänger mit Hund, Pilzsammler oder Jäger und die Leiche wird entdeckt.
Wasserleichen tauchen auch fast immer wieder auf, es war Sommer, bei warmen Wasser eher früher als später. Einen so perfekten Suizid, ohne jegliche Spuren hätte sie sehr akribisch vorbereiten müssen und daran kann ich irgendwie auch nicht so ganz glauben.
Zitronenfisch schrieb:Auch wenn dies mit religiösen Prinzipien begründet wird, kann man doch vermuten, dass sie kein sonderlich entspanntes Verhältnis zur Sexualität hatte. Hat dies zu Konflikten mit ihrem Mann geführt? Wollte sie womöglich die Ehe nicht fortsetzen?
Das wäre schon vorstellbar, wobei eine Scheidung wegen ihrer religiösen Überzeugungen auch ein Problem dargestellt hätte.
Zitronenfisch schrieb:ber ein geplantes Verschwinden mit dem Ziel, an einem anderen Ort mit neuer Identität weiterzuleben. Letzteres ist schwer, aber nicht unmöglich, wie der Fall Petra P. beweist. Es ist vermutlich weniger schwer, wenn man Unterstützer hat.
Ausser Petra P. gibt es kaum einen ähnlichen Fall. Das erscheint mir sehr unwahrscheinlich, zumal die Polizei da auch sämtliche religiösen Kreise und Klöster diesbezüglich unter die Lupe genommen hat.