Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

@schluesselbund

Gibt es für die Drei einen besonderen Grund, außerhalb der EU zu leben? Ich weiß ehrlich nicht, ob nach ihnen international gefahndet wird. Sie sind weder auf Interpols Seite, noch auf Europe's Most Wanted. Ob man dennoch per internationalem Haftbefehl gesucht werden kann?

Wer den Schengenraum verlässt, wird einer genauen Datenüberprüfung ausgesetzt. Aber wenn sie über ausgezeichnete Pässe verfügen, dürfte es kein Problem sein.

Vielleicht haben sie früher lange im nahen Osten oder Indien oder Südostasien gewohnt. Das könnte ihren verhältnismäßig bescheidenen Kapitalbedarf erklären, denn dort kann man ja sehr billig essen und wohnen. Wer weiß, Ernst-Volker ist vielleicht gerade als Backpacker in Kambodscha unterwegs ;).

Wir sollten nicht denken, dass die Drei jeweils nur ein Domizil haben.
Sollte ihr Aufenthaltsort verbrannt sein, werden sie vorgesorgt haben. Dann sind sie nicht gezwungen, in irgendeinem Hotel unterzukommen, sondern haben ihre Wohnungen, wohin sie sich unauffällig zurückziehen können.

@emz

Da bin ich anderer Meinung. Mehrere Domizile anzumieten, wird aber kostspielig. Die Summen, die sie bisher erbeutet haben, und der Zeitraum zwischen den Überfällen, sprechen dagegen.

@borchert

borchert schrieb:Vielleicht haben sie früher lange im nahen Osten

Oder Nordafrika. An solchen Orten mietet man nichts. Dort kauft man gleich. Was übrigens auf viele Länder zutrifft. So auch im heutigen Osteuropa. Vermutlich dürften die dort auch eine bescheidene Einkunft erwirtschaftet haben.

Das würde voraussetzen, dass sämtliche, von dem Trio verübten Überfälle zugeordnet werden konnten, der Öffentlichkeit davon berichtet wurde und uns sämtliche "eingenommenen" Summen offengelegt wurden.

Wer sagt uns denn, dass sie nicht auch noch über andere Einnahmequellen verfügen, ob nun legal oder illegal? Die Vorstellung, sie sitzen den ganzen Tag zuhause rum und langweilen sich, die kann ich nicht teilen.

In Nordafrika fallen fremde Weiße viel zu sehr auf, das würde ich ausschliessen.
Außerdem kommt man nicht aus Nordafrika nach Deutschland, um hier Überfälle zu machen, das ergibt auch keinen Sinn.

Und auch andere relevante Einnahmequellen würde ich ausschließen, denn wozu dann noch die riskanten Überfälle?
Bisher nicht zugeordnete weitere Überfälle in all den Jahren sind natürlich gut möglich.

Was genau hinter der Story beim Autokauf steht, wissen wir nicht. Das Vermeiden einer Führerschein-Kopie wäre ein plausibler Grund. Vielleicht ist es aber auch was ganz anderes.

Alles in allem ist da halt noch vieles unklar, sie scheinen einfach sehr gute Methoden entwickelt zu haben.

@Procrastonon

Procrastonon schrieb:In Nordafrika fallen fremde Weiße viel zu sehr auf, das würde ich ausschliessen.

Ja und? Wen interessiert das schon? Das wäre wohl in anderen Länder auch der Fall. Wenn du Kohle bringst wird dir nur geholfen. So sieht's aus.

Meinst du nur weil Deutschland ein paar förige Terroristen hat, würde sich da Otto normal Bürger in Nordafrika darum scheren.

Procrastonon schrieb:Außerdem kommt man nicht aus Nordafrika nach Deutschland, um hier Überfälle zu machen, das ergibt auch keinen Sinn.

Warum nicht? Eben genau macht das Sinn. Weil dir sonst nicht mehr geholfen wird in Nordafrika. Und vermutlich falls es schief läuft der Knast in Deutschland vorzuziehen ist.

emz schrieb:Die Vorstellung, sie sitzen den ganzen Tag zuhause rum und langweilen sich, die kann ich nicht teilen.

Nein die langweilen sich nicht. Die warten nur bis sie wieder müde sind. Und wenn dann das liebe Geld zu Ende geht, hacken sie einen Plan aus um In Deutschland einen Banküberfall zu machen. Danach warten sie bis sie sterben können.

Procrastonon schrieb:Und auch andere relevante Einnahmequellen würde ich ausschließen, denn wozu dann noch die riskanten Überfälle?

An relevant dachte ich auch nicht, aber möglichweise hat man sich auf so was wie vielleicht das Fälschen von Papieren spezialisiert. Denn mit irgendetwas werden sie sich mit Sicherheit beschäftigen.

emz schrieb:An relevant dachte ich auch nicht, aber möglichweise hat man sich auf so was wie vielleicht das Fälschen von Papieren spezialisiert. Denn mit irgendetwas werden sie sich mit Sicherheit beschäftigen.

Davon gehe ich auch aus. Also zur Zeit wäre das Einschleppen von Asylanten sicher auch ein gutes Geschäft.

@emz

Andere Einnahmequellen schließe ich aus, denn sie haben ja so viele Raubüberfälle gemacht. Legal haben sie kaum was verdient. Und illegal? Nein, nur um Beschäftigung zu finden tun sie so was nicht, denn jede Straftat bedeutet ja ein Risiko. Sie sind vermutlich sehr selbständig, und arbeitslos zu sein, dürfte für sie kein Problem ausmachen. Sie widmen sich ihren Hobbies - vielleicht diskutieren sie sogar in Internetforen mit ;)?

Ich würde keinesfalls davon ausgehen, dass sie sich langweilen. Warum auch?! Es ist doch vermessen anzunehmen, dass jeder der nicht im regulären Arbeitsprozess steht, Langeweile ertragen muss. Die Drei werden Hobbys haben, vielleicht haben sie Haustiere, schrauben an Autos herum, lesen "das Kapital", sind künstlerisch aktiv, schreiben....wer weiß das schon?!

Die drei mögen zwar dem bewaffneten Kampf abgeschworen haben, nicht aber ihren politischen Idealen. Ich kann mir darum nur schwer vorstellen, dass sie jetzt privatisieren und den ganzen Tag vor der Playstation hocken. Vielmehr gehe ich davon aus, dass sie sich weiterhin für ihre politischen Ziele engagieren, z. B. in der Hausbesetzerszene Barcelonas.

Auch die Beute aus den Raubüberfällen dürfte zumindest teilweise für ihre politischen Zwecke draufgehen, beziehungsweise dürften sie diese Taten vor sich selbst mit ihrem fortgesetzten Engagement für die gute / linke Sache rechtfertigen. Einfach nur Raubüberfälle zu begehen, um damit die eigene Existenz als Terror-Rentner zu sichern, das wäre doch ziemlich kläglich. Manche würden zwar argumentieren, dass Raubüberfälle per se ein revolutionärer Akt und damit eine feine Sache sind, aber dieses infantile Stadium dürften die drei lange hinter sich gelassen haben.

Nein, ihre psychische Stabilität und ihre Integrität als Team verdanken sie meines Erachtens mit hoher Wahrscheinlichkeit ihren übergeordneten Zielen. Eine aus der bloßen Not geborene Überlebensgemeinschaft wäre längst auseinander gebrochen. Ihr Hauptproblem dürfte vielmehr darin liegen, die Finger stillzuhalten und nicht andauernd Einschätzungen zur politischen Weltlage abzusondern, bzw. dies nur in einer Weise zu tun, die keine Rückschlüsse auf die Verfasser zulässt. Eigentlich alle RAF-Ehemaligen leiden unter chronischer Logorrhoe, und ich glaube nicht, dass die drei diesbezüglich Ausnahmen sind.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-01/raf-nsu-leben-im-untergrund

Dieser Artikel versucht ein Bild zu entwickeln, wie man sich ganz allgemein das Leben im Untergrund vorstellen könnte.

@VanDusen

Ein sehr interessanter Beitrag! Woher weißt du, dass eigentlich alle Ex-RAFler unter chronischer Logorrhoe leiden? Nicht wenige Ex-RAFler sind, meines Wissens, nach der Haftstrafe verschwunden.

Dass die Drei andere linke Gruppierungen finanziell unterstützen, halte ich aber für fraglich. Wenn ja, dürfte es kaum um größere Summen gehen.

Schließlich geben manche Linke ihre Ideale auf. En konkretes Beispiel ist Horst Mahler.

@borchert 

Abgesehen von ideologisch wenig bis gar nicht gefestigten Mitläufern aus dem Bereich der Roten Hilfe, Anti-Folter-Komitees usw., die irgendwann mal eine juristische Grenze überschritten hatten und daraufhin von der "vollen Härte des Gesetzes" getroffen wurden wie von einem Bus, liest sich ein Who-is-Who der Ex-RAFler wie ein publizistisches Jahrbuch.

Horst Mahler ist eigentlich ein Gegenbeispiel zu deiner These, dass manche Linke ihre Ideale aufgeben. Meines Erachtens ist das politische Meinungsspektrum eine Ellipse, an deren Enden sich die Pole berühren, sodass es nur ein kleiner Schritt von der einen bescheuerten Ideologie zur anderen ist. Siehe z. B. auch die Antiimperialistischen Zellen (noch zu Zeiten ihres Wirkens als "Krieg dem Schnitzel" verspottet), die sich inzwischen dem Salafismus verschrieben haben.

Wie auch immer, ich glaube nicht, dass es bei den "Enteignungsaktionen" der drei primär darum geht, andere linke Gruppierungen finanziell zu unterstützen. Eine blosse finanzielle Unterstützung ginge gegen das Ethos, sich selbst die Finger schmutzig zu machen, ganz vorne als Avantgarde mitzumischen. Ich vermute vielmehr, dass sie sich irgendwo bei einem im weitesten Sinne linken Projekt einbringen, und dabei gelegentlich auch auf ihre alten Fähigkeiten und Ressourcen zurückgreifen.

Was die politische Wende Horst Mahlers anbelangt, so sehe ich diese in seiner Sozialisation begründet.

Ich denke, dass sich die politischen Ziele unseres Trios mittlerweile moderater darstellen dürften. Wenn ich nur bedenke, wie seinerzeit die der ersten und zweiten Generation Nahestehenden tönten und wie angepasst sie heute sind.

@emz
Ganz sicher wird das so sein - die politischen Ziele des Trios sind weitaus moderater mittlerweile, wenn überhaupt noch vorhanden. Den Gedanken, dass die linke Weltanschauung ein wenig zum Zusammenhalt beiträgt, finde ich aber einen interessanten Gedanken, der durchaus zutreffend sein könnte. Der schnöde Mammon kann doch nicht alles sein, was die drei noch zusammenhält...

Also, die Drei haben ja viel zusammen durchgemacht. Eine gemeinsame Vergangenheit - und Gegenwart. Das alles trägt absolut zum Zusammenhalt bei. Die sind nicht nur "Partners in crime", sondern ich vermute eine echte Freundschaft. Wie sie sich in politischer Hinsicht entwickelt haben? Vermutlich sind sie noch Linke. Die neuen Fahndungsbilder entsprechen mMn den klassischen Kommunarden-Konterfeis. ;)

Vielleicht habe ich eine ungewöhnliche Definition des Begriffs "moderat", aber ich habe Mühe, eine Weltanschauung als moderat zu verstehen, in der bewaffnete Raubüberfälle mit Kriegswaffen auf Angestellte von Geldtransportunternehmen als legitim angesehen werden. Insbesondere deshalb, weil es sich bei diesen Angestellten nicht um typische Schergen des Systems handelt, sondern mehrheitlich um miserabel bezahlte umgeschulte Langzeitarbeitslose, und weil es sich bei jenen Überfällen um paramilitärisch geplante Angriffe handelt anstatt um Taten der Selbstverteidigung. Zumindest in ihrer Wahl der Mittel würde ich die Drei somit nach wie vor als alles andere als "moderat" bezeichnen.

Ferner kann mir niemand weismachen, dass sie diese Überfälle begehen, weil sie das tun "müssen". Selbstgestellung und Übernahme der Verantwortung für das eigene Tun wäre zwar zu viel verlangt, aber es gäbe durchaus andere Optionen für die Drei. Länder wie Venezuela wären sehr wahrscheinlich bereit, ihnen politisches Asyl zu gewähren, ebenso wie einige quasi-staatliche Rebellenorganisationen, die eigene Gebiete beherrschen. Offensichtlich haben die Drei jedoch keine Lust (mehr) dazu, sondern bevorzugen ein Setting, in dem sie Raubüberfälle begehen "müssen". Ich vermute, dass sie das tun, weil sie ganz nah dran sein möchten an Entwicklungen, die ihre revolutionäre Weltsicht verspätet als zutreffend zu beweisen scheinen: die wirtschaftlichen Fehlentwicklungen und sozialen Verwerfungen in Griechenland, Spanien, in geringeren Maße auch in Italien, demnächst womöglich in Frankreich, lassen Ultralinke Morgenluft wittern. Aus ihrer Sicht muss es so scheinen, als ob die Revolution dort unmittelbar bevorsteht.

@VanDusen

Politisches Asyl in Venezuela? Das wäre vielleicht eine Option. Jedoch ist die politische Lage dort recht unsicher. Wer weiß, ob jemand, der politisches Asyl bekommen hat, das Land als sicheren Hafen betrachten kann?

Eine moderate Weltanschauung haben die Drei wohl kaum, da gebe ich dir recht. Und viele Linke wittern vermutlich Morgenluft, weltweit.

Ubrigens: Gestern Abend wurde ein GWT in Berlin überfallen. Ein Wachmann wurde schwer verletzt, dennoch scheiterte der Überfall. Leider kann ich den Artikel nicht mehr bei Welt.de finden. Naja, Staub und Co. hatten wohl damit nichts zu tun. Sie waren ja früher nicht in Berlin tätig, und brauchen kaum dringend Geld.