Nochmal was zur
RAF-Historie, weil die (angebliche?) Massa-Aktion, Duisburg 1990, oben von bb37 angeschnitten wurde:
Bekennerschreiben zu reinen Beschaffungsaktionen waren absolut unüblich für die RAF, eigentlich gab es das so gut wie nie (Maxdorf, Kaiserslautern, Zürich etc.), die Bekenntnis zu der Massa-Aktion 1990 fiel also voll aus der Reihe, und war vermutlich schon ein Zeichen der Schwächung und langsamen Ausblutung der RAF - ein demonstratives "Wir sind noch da, und wir sind auch noch handlungsfähig".
Damals waren sie schon stark unter Druck geraten, die ganzen Aussteiger in der DDR waren verhaftet worden, zwei Bewohner der Hafenstraße (Gerum und Kammermeier) waren als angebliche RAFler verhaftetet worden, und die RAF wollte der Öffentlichkeit zeigen, daß sie noch da sind. Das war ja auch kein Bekennerschreiben, sondern nur ein Satz, en passant in einer längeren Erklärung zur allgemeinen Lage.
Die Diktion richtete sich ganz klar an die "Szene":
"Jetzt im Rahmen der Hetze gegen den Hafen kochen sie die wildesten Konstruktionen zusammen, da sollen wir dann in jeder Küche sitzen. Da wo wir wirklich waren, halten sie diese Tatsachen zurück, wenn es ins politische Kalkül paßt. Über die lange geplanten Verhaftungen von Ex-Militanten in der DDR sollte wieder einmal der angebliche Endsieg über uns gefeiert werden; da paßte es natürlich überhaupt nicht, daß wir einige Tage vor der Verhaftungswelle dort, die Pfingsteinnahmen aus einem Massa-Markt bei Duisburg enteignet hatten (der ganze Ablauf war so, daß das BKA sofort Bescheid wußte."Quelle:
http://www.socialhistoryportal.org/sites/default/files/raf/0019900924_0.pdfRichtig schräge wurde die ganze Sache dann dadurch, daß aus Kreisen der Sicherheitsorgane später gestreut wurde, der Massa-Überfall sei gar nicht von der RAF, sondern von Tätern aus dem Rotlichtmillieu begangen worden. Schlug hier das BKA im Propagandakrieg mit Fake-News zurück, oder hat die RAF aus Angeberei vorher eine rein kriminell motivierte Tat für sich reklamiert (ähnlich dem IS heutzutage)?
Dazu heise.de:
"Ebenfalls im Jahr 1990, am 5. Juni, ereignete sich ein beinahe alltäglicher Überfall auf einen Supermarkt der "Massa"-Kette in Duisburg. Während die Polizei zunächst von einem völlig "normalen" Raub ausging, tauchte dazu plötzlich ein Bekennerschreiben der RAF auf - und die Sache nahm schnell groteske Züge an. Die rund 300.000 D-Mark (etwa 150.000 Euro) Beute, so die Verfasser, habe man kurzerhand enteignet. Merkwürdig in diesem Zusammenhang: Der Überfall wird völlig ohne Zusammenhang in dem Schreiben genannt, dass sich zuvor ausschließlich mit den Verhaftungen der RAF-Rentner in der ehemaligen DDR beschäftigt. Während das BKA aufgrund des Briefes die Täter in den Reihen der Terroristen ansiedelte, kam die Kripo in Duisburg zu ganz anderen Ergebnissen. Ihren Ermittlungen zufolge wurde der Raub von Angehörigen des Düsseldorfer Rotlicht-Bezirks an der Rethelstraße begangen, die keinerlei Verbindungen zur Terrorszene hatten. Folgerichtig gingen die Verdächtigen erst einmal in U-Haft. Dennoch hielt das BKA an der RAF als Tätergruppe fest. Und so öffneten sich für die Düsseldorfer nach einem Haftprüfungstermin wie von Geisterhand die Gefängnistore. Die angeblichen Räuber aus den Reihen der Rote Armee Fraktion wurden indes bis heute nicht gefunden."Quelle:
https://www.heise.de/tp/features/40-Jahre-Baader-Befreiung-und-andere-Gedenkdaten-des-Terrors-3384126.html