Mutter der vermissten Kim M. bezeichnet Angeklagten als Lügner
Erstellt 10.09.2015
Kim M. aus Kerpen wurde 2012 zuletzt gesehen.
Seit März 2012 ist die Kerpenerin Kim M. verschwunden. Vor Gericht muss sich der Ehemann wegen Totschlags verantworten. Kims Mutter nennt ihn einen Lügner, der schwere Krankheiten vorgetäuscht haben soll.
Die Zeugin weinte leise. Die Mutter der vermissten Kim M., die am Donnerstag vor der fünften Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts aussagte, verlor die Fassung aber nur in wenigen Momenten. Ihre Tochter ist seit dem 12. März 2012 spurlos verschwunden.
Die Staatsanwaltschaft geht von einem Tötungsdelikt aus und klagte den 33-jährigen Ehemann der Vermissten wegen Totschlags an. Er bestreitet die Tat und sagt vielmehr, seine Frau habe das Haus in Kerpen nach einem Streit verlassen, sei in ein dunkles Auto gestiegen und seitdem verschwunden. Anfangs glaubte die Familie der damals 23-Jährigen dieser Darstellung. Gelegentliche Kurznachrichten von Kim M., die die Mutter sowie eine Cousine erhielten, sollen zwar die Sorge nicht geschmälert haben, allerdings sei man lange Zeit nicht von einem Gewaltverbrechen ausgegangen.
Zu Geburtstagen nicht gemeldet
Als jedoch zum ersten Geburtstag der kleinen Tochter der Vermissten im Juli 2012 kein Lebenszeichen von Kim M. kam, seien Zweifel am freiwilligen Verschwinden ihrer Tochter aufgekommen, sagte die 52-jährige Mutter im Zeugenstand. „Auch an meinem Geburtstag und am Geburtstag meiner Mutter haben wir nichts von meiner Tochter gehört.“ Das habe nicht gepasst. Die drei Frauen hätten ein sehr enges Verhältnis gehabt.
Über den Abbruch ihrer Ausbildung beim Landschaftsverband Rheinland, bei dem Kim M. eine Beamtentätigkeit im gehobenen Dienst anstrebte, habe die Tochter sie allerdings erst verspätet informiert. Auch die finanziellen Probleme der jungen Eltern, die letztlich sogar zur Zwangsversteigerung des Einfamilienhauses führte, habe Kim M. nie thematisiert, berichtete Zeugin.
Kim M. sei als junge Frau sehr lebhaft, kontaktfreudig und hilfsbereit gewesen. Mit ihrer offenen Art habe sie sich aber nicht überall Freunde gemacht, räumte die Mutter ein. In der Beziehung zum Angeklagten habe sie sich mehr und mehr aus dem einstigen Freundeskreis zurückgezogen und sei ohne ihren Partner kaum mehr ausgegangen.
Nach der Geburt ihres Kindes habe die junge Frau zunächst unter Schwangerschaftsdepressionen gelitten und keinen rechten emotionalen Zugang zu dem Baby gefunden. „Der Angeklagte“, wie die 52-Jährige den Mann ihrer Tochter durchweg nannte, habe sich in dieser Zeit um das Kind gekümmert.
Später allerdings sei ihre Tochter sehr liebevoll mit dem Kind umgegangen und habe es ganz offensichtlich sehr geliebt. Zu dem Zeitpunkt galt die Sorge der Familie dem Angeklagten, berichtete die Zeugin. Er soll damals an Magenkrebs, Lungenkrebs und Leukämie erkrankt sein. Teure Medikamente, die nach seinen Auskünften die Krankenkasse nicht bezahlt habe, soll Kim M.s Großmutter finanziert haben. Heute glaube sie an keine der Erkrankungen mehr, so die Zeugin. Perfekt habe er eine Lüge mit der nächsten verknüpft.
„Für mich steht fest, dass meine Tochter tot ist, aber ich will es aufgeklärt wissen“, sagte die 52-Jährige und weinte leise. „Für Lisa ist das ein Scheiß-Start ins Leben“, sagte sie über ihre kleine Enkelin.
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