Fast alle Handlungen des Täters waren im Grunde von einem durchgängigen Anliegen bestimmt:
Vom Tatort ablenken!- Trotz enormen Risikos kehrte er zum Tatort zurück (oder verweilte dort) mit dem Ziel, diesen zu "verlegen".
- Die erstaunlich weite Fahrt nach Nürnberg.
- Die Vernichtung des Films, auf dem Rückschlüsse auf den eigentlichen Aufenthaltsort der Opfer sich hätten finden können (oder vielleicht auch gefunden haben, das wissen wir genausowenig wie der Täter).
(- Meiner persönlichen Meinung nach war bereits die Ermordung der Langendonks von der Maxime bestimmt, Aufmerksamkeit vom Hölzl abzulenken, aber stellen wir das mal zurück).
Ich finde, diese Handlungsmaxime kommt sehr deutlich heraus. Eigentlich kann es dafür nur zwei mögliche Gründe geben:
1. Der Täter kam aus allernächster Umgebung oder hatte sonst eine bekannte Beziehung zum Hölzl, so dass man ihn dort oft gesehen hat (Arbeitsplatz auf der Deponie oder dergleichen, einer der Hobbyflieger, so was in der Richtung).
2. Vom Hölzl selbst musste abgelenkt werden. Was dort vor sich ging, durfte keiner sehen, weder die Langendonks, noch die Polizei.
Eins von beiden. Ich bevorzuge eher Variante (2), da ich einen wildgewordenen Bauern für nicht ausgeschlossen, aber doch sehr unwahrscheinlich halte
@Xy-Fan @heideblume. Woher sollte der z.B. spontan eine illegale Tokarew herhaben? Aber egal, die Frage (1) oder (2) will ich in diesem Post nicht beantworten.
Dass es NUR um Spurenbeseitigung ging, glaube ich nicht. Was hätten das für Spuren sein sollen? Reifenspuren (wie
@RAIDHO meint)? DNA auf der grünen Wiese? Unangenehm, gewiss, aber letzlich hätten die von Kreti und Plethi stammen können. Und Spuren im Wohnmobil hätte er auch auf die Weise beseitigen können, dass er es an Ort und Stelle angezündet hätte.
Erstaunlich finde ich aber immer wieder die Professionalität des Täters. Immer wieder wird auf seine "Fehler" hingewiesen. Abgesehen davon, dass es m.E. gar nicht so viele gab, sollte man mal das Augenmerk darauf richten, was er alles (aus seiner Sicht) "richtig gemacht hat. Klar war er nervös und musste oft spontane Entscheidungen treffen, aber im Großen und Ganzen staunt man über seine Abgeklärtheit:
- Wie gesagt, er folgte JEDERZEIT stringent und konsequent seinem Ziel, vom Tatort abzulenken.
- Er war von Anfang an schwer bewaffnet (illegale Pistole, zusätzlich Messer).
- Als er sich zu töten entschlossen hatte, folgte er diesem Plan bis zum bitteren Ende (Kehlschnitte).
- Statt panisch den Tatort zu verlassen nahm er BEWUSST das hohe Risiko in Kauf, dort zu bleiben oder dorthin zurückzukehren, um von diesem abzulenken. Ein "normaler", durchschnittlicher Täter hätte das nicht gemacht. Man muss sich das vorstellen: Er verlud die Leichen und sonstige Überreste, trotz Sichtbarkeit in viele Richtungen, trotz der weithin zu hörenden Schüsse, trotz der Gefahr, dass Spaziergänger kommen könnten, trotz der sichtbaren Nähe der vielbefahrenen Bundesstraße, trotz Tageslicht! Das nenne ich Kaltblütigkeit!
- Richtigerweise fuhr er das Wohnmobil nicht nur 20 km weit weg, sondern 300. Das war eine große Mühe, diese war aber notwendig. Andernfalls wäre im Lokalblättchen von dem Womo zu lesen gewesen und alle Anwohner Litzlwalchens hätten sich an die gehörten Schüsse erinnert.
- Möglicherweise hat er sich getarnt (Perücke, Anzug u.s.w.).
- Er besorgte sich Benzin als Brandbeschleuniger und möglicherweise den Kanister, wurde dabei aber nicht gefilmt. Vermutlich suchte er sich eine Tankstelle abseits der Autobahn aus.
- Er
versuchte nicht nur ein Wohnmobil abzufackeln, sondern es gelang ihm auf Anhieb perfekt.
- Er beseitigte zuverlässig ALLE Spuren, die auf ihn hätten hinweisen können (DNA, Fingerabdrücke, eventuell persönliche Gegenstände).
- Das Entweden der Geldbeutel, um einen Raub vorzutäuschen. Tatsächlich hatte er an dem Geld wenig Interesse, im Geldbeutel blieb einiges zurück, den Rest investierte er in die Taxifahrt.
- Selbst auf der Flucht, in stressiger Situation, machte er keine Fehler: Er nahm sich die Zeit, den Film herauszuspulen. Und zwar so, dass darauf keine Fingerabdrücke verbleiben.
- Aus Zeitgründen wollte er mit Taxis heimfahren. Aber an der erstbesten Telefonzelle ging er vorsichtshalber vorbei, suchte sich eine andere!
- Er wechselte auf der Flucht die Taxis. Er wollte sogar noch öfter wechseln (bei München), aber aus Erschöpfung und weil er es nicht mehr für unbedingt nötig befand, tat er das dann nicht. Das war vielleicht sein einziger "Fehler".
- Er ließ sich direkt zum Tatort fahren. Das erscheint zunächst idiotisch, ist aber durchaus klug: Hätte er sich ins Dorf Litzlwalchen fahren lassen, wäre das zwar für den einen Zeugen, den Taxifahrer etwas weniger verdächtig gewesen, dafür hätten ihn einige anderen Zeugen (Dorfbewohner) gesehen und sich gefragt, was der (möglicherweise) fremde Mann im Anzug am Sonntagmorgen hier will und warum er Richtung Hölzl geht. Auch hier hat der Täter gepokert und es war eine kaltblütige (und vermutlich richtige) Risikoabwägung.
- Er ist bis heute nicht gefasst worden, es gibt nicht einmal eine echte Spur. Er hat sich nie verplappert, ist nie auffällig geworden etc. Schon eine Leistung!
- Auch die Tatwaffe wurde wahrscheinlich sofort entsorgt (und sich vermutlich eine andere beschafft).
Ich habe "professionell" oben nicht in Anführungszeichen geschrieben, weil ich exakt dies meine. Kein gewöhnlicher notorischer Krimineller, sondern meinem Empfinden nach einer, der geradezu eine Ausbildung genossen hat. (und auch Ausbildung schreibe ich nicht in Anführungszeichen). Geheimdienst? Terrororganisation? Waffenhändler?
Vielleicht täusche ich mich, aber ich kann mich dieses Eindrucks nicht erwehren.
Die Einleitung von Ede Zimmermann, die bei vielen hängengeblieben ist, dass der Täter konfus und widersprüchlich gehandelt hat, ist jedenfalls völliger Blödsinn.
Okay, seinen Weg zurück nach Litzlwalchen konnte die Polizei rekonstruieren, aber da war schon viel Glück und Mühe dabei. Ohne die gewissenhaften Taxifahrer wäre das ja nicht möglich gewesen. Und anscheinend haben die zwei Wochen Verzögerung dem Täter gereicht, WICHTIGE Spuren dort zu beseitigen.
@krimifan. Ein Phantombild ohne lange Haare würde mich auch mal interessieren.