eldec schrieb:Ich weiss nicht, warum Herr R. so etwas gemacht haben sollte, kann ja z.B. auch nur einfaches Geltungsbeduerfnis gewesen sein. Ich will auch nicht unterstellen, dass Herr R. mit den Taten, die dem KWW jetzt zur Last gelegt werden, irgendwas zu tun hat. Sondern nur darauf hinweisen, dass die Gegenstaende, die gefunden wurden, jahrelang einer Manipulation zugaenglich waren und nicht die Beweiskraft besitzen, die man ihnen gern zuschreiben wuerde.
Vielleicht sollte man das Ganze vor dem Hintergrund betrachten, vor dem die neuen Ermittlungen zu diesem Fall gestartet wurden. Es ergaben sich Hinweise darauf, nicht zuletzt aus KWWs Abschiedsbrief, dass er aller Voraussicht nach Mitwisser oder gar einen Mittäter hatte. Einer, von dem man definitiv weiß, dass er in direktem Kontakt zu KWW stand und als Verdächtiger gilt, ist noch am Leben. Wenn die These mindestens eines Mittäters oder auch Mitwissers korrekt ist, dann dürfte dieser seit dem Tod von KWW ein hohes Interesse gehabt haben, dass seine Beteiligung nicht offenbar wird. Und dieses Interesse dürfte solch ein Mensch auch weiterverfolgen, solange er selbst am Leben ist.
Wirft man einen Stein ins Wasser, schlägt das Wellen. Ist es also Zufall, dass nun offenbar Sensationsfunde an die Oberfläche dringen, nachdem 2015 die Ermittlung wiederaufgenommen und im Zuge der Suche nach Birgit Meier auch ein eindeutiger Bezug zu den Göhrdemorden und Wiechmann hergestellt werden konnte? Oder ist da jemand unruhig geworden?
Ich denke, in der Doku wurde ein wichtiges Schlüsselelement genannt, das zu beachten ist - auch und gerade, wenn man sich fragt, was es nun mit dem Koffer auf sich hat, welche Rolle Rudloff in dem Ganzen hat und weswegen KWWs geheimes Zimmer bis 2015 nahezu jungfräulich erhalten blieb...wenn der klare Menschenverstand doch eigentlich erwarten ließe, dass dies das erste Zimmer ist, das ein Neubesitzer wie Rudloff als erstes unter die Lupe und auseinandernehmen würde - allein schon aus Neugierde.
KWW scheint zwanghaft kontrollbedürftig gewesen zu sein. Alles an einem Ort zu bewahren, über den er absolute Kontrolle hat. Und posthum überträgt er in seinem Abschiedsbrief die Aufgabe, seinen Besitz penibel zu verwalten, flehte regelrecht darum, den Besitz "in der Familie zu belassen". Wer also gehörte noch zu dieser "Familie"? Nur sein Bruder und Alice?
Im Artikel aus "Die Zeit - Verbrechen" gibt es interessante Zitate und Angaben seitens Rudloff, die aufhorchen lassen. Zum Beispiel zum Leben von Wiechmann und Alice, die von seinem "geheimen Leben nicht viel mitbekommen habe". Er sagt: "Wenn was los war, hat er sie weggeschickt für ein paar Tage". Das lässt bei mir zumindest schon mal den Eindruck entstehen, dass sie erstens wusste DASS etwas "los" war und zweitens zumindest eine Ahnung bestanden haben dürfte, was mit "WAS" gemeint war. Aber das nur am Rande. Viel interessanter ist etwas Anderes, bei dem man sich fragen kann, ob es Zufall ist, was nach KWWs Tod ablief:
"Er selbst (Anm.: Rudloff) hat Alice kurz nach dem Selbstmord seines Vorgängers kennengelernt. ""
Eine nette, hübsche Frau"", sagt er. Und sie hatte Schulden. Also kaufte Rudloff ihr das Haus ab. Später hätten sie sich dann ""
zusammengetan"". Über Wiechmann hätten sie nie viel gesprochen."
Ein großer Menschenfreund also, der einer Witwe ein Haus abkauft, die er gerade zufällig kennengelernt hat und mit der man Mitleid hat, weil sie verschuldet ist. Dann irgendwann irgendwie tut man sich "später" zusammen und spricht auch nicht großartig über den Menschen, dem mindestens ein Mord zur Last gelegt wurde und dessen Grundstück man begonnen hat, umzugraben, um ihm dies nachweisen zu können. Der sich umbrachte, unmittelbar nachdem man sich Zutritt zu seinem geheimen Zimmer verschaffte - ein Zeichen dafür, dass dieses Zimmer mehr als "heiß" gewesen war und ist. Ein Menschenfreund, der sich nicht sonderlich dafür zu interessieren schien, dass mindestens ein Opfer, das über Jahrzehnte verschwunden blieb, auf dem Grundstück, wo er selbst nun lebte, vermutet wurde. Denkwürdig.
Mit dem Grundsatz, dass die Ermittlungen mit dem Tod des Verdächtigen eingestellt werden, scheint also nicht nur die damalige Staatsanwaltschaft ihren Frieden gefunden zu haben, sondern auch die damaligen Hausbewohner.
Ein Mensch, der, wie KWW skizziert wurde, einen parasitären Lebensstil pflegt, zeichnet sich für gewöhnlich dadurch aus, dass er Andere nicht nur benutzt, sondern auch auf Andere angewiesen ist, was seine Versorgung angeht. Ein solcher Mensch lebt davon, Andere einzuspannen und sie dazu zu bringen, ihm zu Diensten zu sein.
Hat er also den Sportwagen auf seinem Grundstück ganz allein vergraben? Verfügte er über das technische Know-How, eine Abhöranlage zu installieren und sich in tagelanger Fummelarbeit selbst in dieses Unterfangen hineinzuknien? Hielt er bei Alice einfach nur die Hand auf, um sich selbst die Vielzahl an Waffen und Autos selbst zu kaufen oder bekam er diese auch von anderer Seite womöglich "zugetragen", einer Seite, die sowohl über Netzwerke als auch Know-How verfügt? Diese Wagen, mit denen er "unzählige Kilometer" geschrubbt hat - hat er die selbst repariert, wenn sie eine Panne hatten? Wenn es Wagen gab, mit denen er womöglich Opfer transportierte oder auf denen Tatspuren zu entdecken waren - Wohin ist er mit diesen Wagen gefahren, wenn er zuvor den betreffenden Sitz aus- bzw. den Kotflügel abbaute und die er dann in seinem Garten verscharrte? Hat er die Wagen verschrotten lassen oder hatte er eine Werkstatt, die sich nicht wunderte, wenn er alle paar Monate mit einem Wagen vorfährt, dem ungewöhnliche Parts fehlen?
Ein solcher Mensch wie KWW, insbesondere wenn er als "narzisstischer Charakter" beschrieben wird, hat für gewöhnlich ein "Versorgungs-" Netzwerk, das sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass es ihn versorgt, aber ansonsten beschützt, indem es gern auch mal die Augen vor den hässlichen Seiten desjenigen verschließ, den man versorgt. Und einen solchen Menschen zeichnet i.d.R. auch aus, dass er Vorsorge darüber trifft, dass die Versorgung auch langfristig sichergestellt bleibt.
Gesetzt der Hypothese, dass es mehr als einen Mitwisser gab, der zumindest erahnen konnte, dass KWW an den ihn zu Last gelegten Taten tatsächlich schuldig ist: Wer sagt, dass von diesen Personen heute nur noch einer am Leben ist?