atencion schrieb:Wie ist das eigentlich bei einem Wiederaufnahmeverfahren? Werden da alle Zeugen ganz neu gehoert und auch die Glaubwuerdigkeit neu geprueft? Oder kann jemand der einmal fuer unglaubwurdig erklaert wurde nicht nochmal als Zeuge auftreten? (dass er nicht dienen kann, wenn es ums Wiederaufnahmeverfahren geht, weiss ich, aber wenn das durch ist? Geht es dann?
Du hast mehrere Hürden, die es zu nehmen gilt.
Zunächst mal wird nur der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens geprüft. Im sogenannten Additionsverfahren wird die Zulässigkeit nach § 359 StPO geprüft, während das Probationsverfahren prüft, ob der Antrag ausreichend begründet ist. Hier scheitern die meisten Anträge auf Wiederaufnahme.
Bei erfolgreichem Abschluß des Probationsverfahrens ordnet das Gericht die Wiederaufnahme an.
Das Gericht, bei dem das Verfahren dann wiederaufgenommen wird, hat dann 2 Möglichkeiten:
Wenn bereits nach Aktenlage die neuen Beweise für die Unschuld des Verurteilten so erdrückend sind, dass auch bei einer erneuten Hauptverhandlung kein Schuldspruch mehr zu erwarten ist, kann das Gericht den Verurteilten im Benehmen mit der StA auch ohne Hauptverhandlung freisprechen. Wäre zum Beispiel der Fall, wenn Peggy morgen auftauchen würde.
Andernfalls wird die ganze Sache neu aufgerollt. Alle Zeugen gehört, neue Beweisanträge gestellt, neue Gutachten etc etc etc. Das ursprüngliche Urteil und die dortigen Bewertungen der Zeugen spielt -offiziell- dabei keine Rolle. Vielmehr ist auch das "neue" Gericht daran gebunden "über das Ergebnis der Beweisaufnahme das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der
Verhandlung geschöpften Überzeugung" zu entscheiden. (§ 261 StPO).
Einzig das Strafmaß kann da eine gewisse Bindungswirkung haben. Wie bei der Berufung gibt es eine "reformatio in peius", was bedeutet, dass wenn die Wiederaufnahme des Verfahrens seitens des Verurteilten erwirkt wird, dieser nicht "härter" verurteilt werden darf. Allerdings sind gegen das neue Urteil auch alle entsprechenden Rechtsmittel wieder zugelassen.
Wer sich dafür interessiert, dem lege ich den Fall "Monika Weimar" ans Herz. Frau Weimar ist ja auch zunächst verurteilt worden und mit Revision und Verassungsbeschwerde gescheitert. Ihrem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde stattgegeben und Frau Weimar zunächst freigesprochen. Die darauffolgende Revision der Staatsanwaltschaft war erfolgreich, so dass der BGH eine dritte Verhandlung anordnete. In dieser wurde Frau Weimar wieder des Mordes an ihren beiden Töchtern schuldig gesprochen.
Ein sehr interessantes Beispiel zum einen für den Rechtsweg und seine Möglichkeiten, zum anderen, dass eben nicht alle Verurteilungen "sicher" und 100% bewiesen sind. Oft genug sind einfach auch Indizienprozesse. Schlimm genug, aber umso dankbarer bin ich, dass es in diesem Land zumindest keine Todesstrafe mehr gibt.