@Blondi23:
Wenn der Vernehmende den Beweiswert seiner Vernehmung nicht selbst entwerten will, dann versucht dieser, möglichst keine Fragen zu stellen, sondern den Aussagenden einfach nur berichten zu lassen ("Berichten Sie mal, möglichst konkret, was wann wo genau vorgefallen ist!). Man unterbricht den Aussagenden nicht und sagt allenfalls: "Und wie ging es dann weiter?" oder "Können Sie diesen Teilbereich Ihrer Aussagen noch einmal konkreter erläutern. Erzählen Sie dabei ruhig alles so konkret wie möglich, auch was Ihnen belanglos erscheint!"
Jede Nachfrage ist bereits steuernd und somit gefährlich in Bezug auf den Beweiswert der Aussage!
Wenn der Aussagende mit allem fertig ist und einem Dinge widersprüchlich vorkommen, dann sind die Nachfragen stets so zu stellen, dass mehr als ein Ja und Nein geantwortet werden muss.
Niemals ist eine Antwort vorzugeben, die den Widerspruch beseitigen würde! Bereits die Nachfrage ist steuernd, da der Aussagende daran erkennen kann, dass hier irgendetwas "fehlt".
Ist der Ermittler also z.B. der Ansicht, dass Ulvi gar nicht so schnell wie Peggy gelaufen sein kann, dann darf er NIE sagen: "Können Sie überhaupt so schnell laufen wie Peggy?" Denn alleine an dieser Fragestellung erkennt der Antwortende bereits, dass der Fragende Widersprüche erkannt hat, die der Antwortende durch eine passende Antwort beseitigen könnte. An einer derartigen Frage kann der Antwortende erkennen, das der Fragende Zweifel hat, dass Ulvi Peggy einholen konnte, so dass der Antwortende dann eine naheliegende Erklärung suchen und geben könnte ("über Stein gestolpert"). Derartige Fragen geben dem Aussagenden daher die Möglichkeit, seine Aussagen wieder passend zu machen.
Wenn der Aussagende daher auch auf die Bitte, die Verfolgung doch noch einmal möglichst konkret mit allen Belanglosigkeiten zu berichten, immer noch keine Erklärung dafür liefert, wie er Peggy einholen konnte, dann kann man diesen Punkt wie folgt versuchen, zu klären:
Man gibt dem Aussagenden die Antwort so vor, dass ein bloßes "Ja" die vorige Antwort nicht wesentlich verändert. Das sieht ungefähr so aus:
"Sie hatten eben erklärt, dass Sie Peggy bis zum Burgturm verfolgt und Sie dort dann eingeholt haben. Habe ich Sie dabei richtig verstanden, dass Sie Peggy eingeholt haben, weil Sie schneller als Peggy gelaufen sind?"
Wenn der Aussagende jetzt einfach nur "Ja" sagt, dann wird die ursprüngliche Antwort nicht verändert.
Wie gesagt, bereits diese Nachfrage ist schon nicht ungefährlich, weil Sie einem guten Lüger zu verstehen gibt, dass in diesem Bereich noch eine überzeugendere Erklärung erwartet wird.
Doch macht man es dem Aussagenden wenigstens einigermaßen schwer, um auf diese Weise zu erkennen, ob der Aussagende die Wahrheit spricht oder sich alles nur ausdenkt.
Derjenige, der die Wahrheit spricht, kann auf solche Nachfragen die noch notwendigen Details ohne Probleme nachliefern, ohne groß nachdenken zu müssen. Wenn der Aussagende daher ohne großes Nachdenken sagen würde: "Nein, so schnell wie Peggy kann ich nicht laufen, aber ich konnte Sie einholen, weil Peggy hingefallen war", dann spricht das dafür, dass er die Wahrheit spricht.
Muss der Aussagende hingegen erst einmal grübeln, weil er erst einmal nachvollziehen muss, weshalb der Fragende eine derartige Nachfrage überhaupt stellt und muss er sich dann auch noch eine Aussage ausdenken, weil keine passende vorgegeben wurde, dann braucht der Aussagende eine gewisse Zeit, um zu antworten.
Wenn man daher nicht gerade einen begnadeten Lügner vor sich hat, wird der Aussagende, der die Unwahrheit sagt, durchschnittlich länger Zeit benötigen, um auf derartige Fragen plausible Antworten zu geben.
Auf diese Weise kann man dann Aussagen darürber treffen, ob die Aussagen wahrscheinlich wahr oder nicht wahr sind, da ein widerspruchsfreies Lügen in allen Details gar nicht so einfach ist.
Wie aber bereits gesagt, nahezu jede Frage, die darüber hinausgeht, den Aussagenden einfach nur berichten zu lassen, steuert in einem gewissen Maße, so dass selbst die bloß klarstellende Frage ("Habe ich Sie richtig verstanden") in einem gewissen Maße suggestiv ist. Aber primär nur für wirklich begnadete Lügner.
Durch Nachfragen keine Steuerung zu betreiben, ist fast unmöglich, so dass man eigentlich nie sagen kann, es hätte "keine Anhaltspunkte" für suggestive Fragen gegeben.
Im Hinblick auf Ulvi ist eine derartige Behauptung durch einen Gutachter jedoch schon nahezu großkotzig. Der Gutachter will doch nicht ernsthaft vortragen wollen, Ulvi seien im Rahmen seines Geständnisses ausschließlich nur offene Fragen gestellt worden! Hat der Gutachter die Videos von der Tatbegehung nicht gesehen?
Gerade in Bezug auf Ulvi erscheint das doch schon fast undenkbar, ein Gespräch zu führen, ohne diesen steuern zu müssen. Kröber hat bei seiner Befragung von Ulvi doch selbst angeblich 226 Fragen stellen müssen (vgl.
http://www.ulvi-kulac.de/gutachter.html (Archiv-Version vom 10.05.2014)). Alleine die hohe Anzahl der Fragen von Kröber beweist doch schon, dass die Gesprächsführung durch entsprechende Fragen gesteuert werden musste und Kröber nicht nur sagen brauchte "Dann erzählen Sie mal!"
Und dann will Kröber ernsthaft behaupten, für suggestive Fragestellungen gäbe es keine Anhaltspunkte? Deutlicher kann ein Gutachter sich eigentlich gar nicht mehr outen, dass er von dem, worüber er schreibt, offenbar nicht den blassesten Schimmer hat oder sich den konkreten Sachverhalt überhaupt nicht angesehen hat!