Origines schrieb:Was jeder subjektiv für angemessen, oder besser "gerecht" hält, ist sehr individuell. Ich persönlich halte Freiheitsstrafen von über 10 bis 12 Jahren für ziemlich sinnlos, general- wie spezialpräventiv, wissenschaftlich erwiesen. Aber das ist meine Sicht.
Die Frage ist, was genau unter präventiv verstanden wird. Zum einen gibt es die abschreckende Funktion der Strafe. Jemand der sich überlegt, seine Tante umzubringen, soll halt vorher überdenken, ob es ihm das wert ist, ggfls. "lebenslänglich" oder eben entsprechend kürzer, wenn "nur" ein Todschlag dabei rauskommt, im Gefängnis zu hocken.
Wenn in der anderen Waagschale halt ein Millionen-Vermögen, der heiß ersehnte GF-Job und zudem noch das drohende Auffliegen der Lebenslüge liegt, dann wiegt die abschreckende Wirkung vom 15 oder mehr Jahren Gefängnis vielleicht nicht mehr ganz so schwer. Vor allem wenn die alternative Aussicht darin besteht, mit Anfang 30 ohne Ausbildung und Job dazustehen und eine auf Familiengründung drängende Verlobte an der Backe zu haben, die bis dahin dachte, sie habe einen Goldfisch an der Angel.
Was meiner Meinung nach im Fall BT zudem die präventive Wirkung der in aussicht stehenden Strafe massiv geschwächt hat, war, dass er sich für zu klug hielt und dachte, er sei so raffiniert, dass man ihm schon nicht draufkommen würde. Er dachte, er könne sich bei der Polizei souverän rauslabern und dachte tatsächlich bis zur allerletzten Minute des Prozesses, er käme damit davon, weil er es halt besonders schlau angestellt hatte. Und diesbezüglich hätte ihn auch die Aussicht auf eine dreimal so hohe Strafe wohl nicht von der Tat abgeschreckt.
Und wenn jemand nach 17 Jahren Gefängnis so gar keine Reue zeigt, die Tat immernoch leugnet, dann hat die Strafe natürlich in dem Sinne auch keinerlei präventive Wirkung gehabt. Aber ich bin mir sicher, dass dieser Mörder wäre auch nach 30 oder 40 Jahren Gefängnis mit dem gleichen Sprüchen durchs Gefängnistor stolziert wäre.
Insofern kann man schon sagen, dass eine präventive Wirkung nicht erzielt wurde. Aber wenn ich mich auf den Punkt stelle, dass eh die allerwenigsten Mörder einen zweiten Mord in ihrem Leben begehen, kann ich auch gleich darauf verzichten, Gutachten zur Rückfallwahrscheinlichkeit erstellen zu lassen, bevor eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.
"Die böse Tante ist tot, jemand zweites, der ihm das Leben ähnlich schwer machen könnte, gibt es nicht, und die Lebenslüge ist auch aufgeflogen und längst verziehen. Also hat BT keinen grund mehr, einen weiteren Mord zu begehen." Mit dem Argument hätte man ihn aber auch nach 2 jahren schon wieder auf freien Fuß setzen können.
Justsaying schrieb:Und auch die Anzahl der Menschen, die einem Mord oder Totschlag zum Opfer fallen, ist zum Glueck nicht so gross.
Aber neben dem Aspekt der Praevention gibt es noch den Aspekt der Suehne. Und hinter der Tat steht ein Menschenleben, dass mutwillig ausgelöscht wurde. Dies ist eben auch fuer das Strafmass zu beruecksichtigen.
Das sehe ich auch so. Wer einem anderen Menschen mutwillig das Leben nimmt, der soll dafür bitte eine angemessene Strafe bekommen. 17 Jahre finde ich dafür ehrlich gesagt zu wenig.