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Mordfall Charlotte Böhringer

29.243 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, München, 2006 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Charlotte Böhringer

Mordfall Charlotte Böhringer

20.01.2025 um 10:35
Zitat von LentoLento schrieb:Die "normale" Tötung wird auch schon durch die normalen Strafen berücksichtigt.
Ich finde die Einordnung des Bundesrichter a.D. Thomas Fischer auch hilfreich.
Dennoch wird fuer mein Empfinden zu haeufig 'Totschlag' statt 'Mord' geurteilt.
Gerade bei sog. Beziehungstaten gab/gibt es erstaunlich milde Urteile (fuer mein Empfinden), obwohl hier die Opfer kaum eine Chance haben zu entkommen (gerade der Umstand, dass sie sich von ihrem Partner trennen, wird als Ausloeser fuer den ihre Toetung gesehen - das ist doch ein Teufelkreis).

Ich halte es fuer angemessen, dass BT wegen Mordes verurteilt wurde und rund 17 Jahre Gefaengnisstrafe absitzen musste.

Das liegt auch so im ueblichen Bereich:
https://www.bag-s.de/aktuelles/aktuelles0/wie-lang-ist-lebenslang-eine-annaeherung-1#:~:text=Eine%20l%C3%A4ngere%20unbestimmte%20Mindestdauer%20ergibt,Jahr%202022%20die%20lebenslange%20Freiheitsstrafe.


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Mordfall Charlotte Böhringer

20.01.2025 um 11:52
Zitat von JustsayingJustsaying schrieb:Gerade bei sog. Beziehungstaten gab/gibt es erstaunlich milde Urteile (fuer mein Empfinden), obwohl hier die Opfer kaum eine Chance haben zu entkommen (gerade der Umstand, dass sie sich von ihrem Partner trennen, wird als Ausloeser fuer den ihre Toetung gesehen - das ist doch ein Teufelkreis).
Gerade diese Beziehungstaten sind eben schwierig einzuschätzen. Ist es im Streit erfolgt, war es wirklich Vorsatz etc.? Wenn die Situation nicht geklärt werden kann, was gerade bei Bezeihungstaten häufiger vorkommen wird, dann muss in dubio pro reo entschieden werden. Gleiches Problem entstehen natürlich bei der Frage einer Vergewaltigung innerhalb der Partnerschaft, es ist schwierig nachweisbar, dort gibt es dann sogar Freisprüche. Dagegen gibt es bei Totschlag schon auch empfindlcihe Freiheitsstrafen, welche auch nicht ganz ohne sind.


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20.01.2025 um 12:05
Zitat von JustsayingJustsaying schrieb:Dennoch wird fuer mein Empfinden zu haeufig 'Totschlag' statt 'Mord' geurteilt.
Naja, wenn keine Mordmerkmale vorliegen bzw. nachweisbar sind, ist es eben kein Mord, sondern ein Totschlag.

Hast du ein paar konkrete Beispiele?


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emz ehemaliges Mitglied

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20.01.2025 um 13:13
@Justsaying

Diese Liste bringt so gar nichts. Da müsste man zu jedem Fall abklären, warum nicht Mord sondern Totschlag geurteilt wurde.
Und der Fall mit der angezündeten Ehefrau, der wurde nicht in Deutschland verhandelt.


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20.01.2025 um 13:58
Zitat von LentoLento schrieb:Hier hat Fischer im Podcast "Sprechen wir über Mord" seine Sichtweise erörtert, die ich sehr gut nachvollziehen kann.
In welcher Folge des Podcasts ist diese Aussage denn zu finden?


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Mordfall Charlotte Böhringer

20.01.2025 um 14:41
So generell:
So ein menschlicher Koerper ist ja nicht gleich tot, wenn man mal ein bisschen draufschlaegt (es sei denn, es trifft ein Kind oder einen alten Menschen).
Dazu ist schon ein gutes Stueck mehr Gewalt noetig.
Fuer mein Empfinden sollte es sich bei den meisten Faellen, bei denen jemand durch Gewalt zu Tode kommt, daher um Mord und nicht um Totschlag handeln.
Oder anders gesagt: unter 15 Jahre sollte jemand, der jemand anderen toetet, i.d.R. nicht davonkommen - wie gesagt, nach meinem Empfinden.

@Lento
@Cassandra71
@emz

ok, dann eins aus der Liste im Detail:
Den erneuten Prozess hatten Verwandten der getöteten 24-Jährigen nach einer Revision beim Bundesgerichtshof erwirkt. Das Landgericht Verden hatte den 36-Jährigen im März vergangenen Jahres wegen Totschlags zu zehn Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt - und keine Hinweise auf einen Mord festgestellt. Die Frau habe gewusst, dass der Angeklagte sie töten wollte, argumentierten die Richter damals. Sie sei deshalb nicht arglos gewesen und der Angriff nicht heimtückisch erfolgt.
Quelle:
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/lueneburg_heide_unterelbe/Frau-mit-20-Messerstichen-getoetet-Ex-Partner-erneut-vor-Gericht,verden790.html

Das ist doch ein Zirkelschluss. Wenn das Opfer bereits wusste, dass es getoetet werden soll, ist es dann nur noch Totschlag....

oder hier:
Ein Cellist aus Bonn ist gestern wegen der Tötung seiner Frau zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Der 55-Jährige hatte die Konzertpianistin im vergangenen Oktober zu Boden gestoßen, ihr eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und sie dann erdrosselt, wie das Bonner Landgericht gestern urteilte.
Quelle:

https://rp-online.de/panorama/ehefrau-getoetet-bonner-cellist-muss-ins-gefaengnis_aid-21869365

Und hier noch ein ganz besonders fieser Fall:
Patrick S. hat Wehrmanns Tochter Alexandra auf der Nordseeinsel Juist umgebracht, das Landgericht Aurich verurteilt den 24-Jährigen zu sieben Jahren und neun Monaten Haft - wegen Totschlags.
/quote]

Quelle:
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/totschlag-auf-juist-familie-des-opfers-kaempft-fuer-mordurteil-a-982456.html


So, genug Off-Topic.



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Mordfall Charlotte Böhringer

20.01.2025 um 14:55
Zitat von GrillageGrillage schrieb:In welcher Folge des Podcasts ist diese Aussage denn zu finden?
Es koennte die Folge 'Brudermord in Ebersbach' sein. Zumindest der Aspekt Heimtuecke wird da diskutiert.

https://www.ardaudiothek.de/episode/sprechen-wir-ueber-mord/brudermord-in-ebersbach-true-crime-spaziergang-in-den-tod/swr-kultur/13810949/


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20.01.2025 um 16:39
Zitat von JustsayingJustsaying schrieb:So ein menschlicher Koerper ist ja nicht gleich tot, wenn man mal ein bisschen draufschlaegt (es sei denn, es trifft ein Kind oder einen alten Menschen).
Dazu ist schon ein gutes Stueck mehr Gewalt noetig.
Fuer mein Empfinden sollte es sich bei den meisten Faellen, bei denen jemand durch Gewalt zu Tode kommt, daher um Mord und nicht um Totschlag handeln.
Oder anders gesagt: unter 15 Jahre sollte jemand, der jemand anderen toetet, i.d.R. nicht davonkommen - wie gesagt, nach meinem Empfinden.
Das Problem ist einfach, dass Du dann das kapitaldelikt Totschlag abschaffst.

Und Mord bedeutet nicht einfach 15 Jahre, sondern lebenslänglich.

Das ist eben ein grundsätzliches Problem, man kann immer Argumente finden, etwas härter zu bestrafen, als es aktuell gesetzlich vorgeshen ist. Die Unterschied zwischen Totschlag und Mord besteht darin, dass man bei Mord nur die Abstufung der festgetellten Schwere der Schuld im Urteil differenzierbar ist. Mehr geht nicht, abgesehen von Sicherungsverwahrung.

Ich persönlich würde da lieber sehen, dass es diese harte Trennung nicht gäbe und man fallspezifisch die Strafe schon im Urteil besser definieren könnte. Anderseits kann man natürlich der aktuellen Regelung auch etwas abgewinnen, dass der Entlassungstermin von der Gefährlichkeitsprognose abhängig ist, wie im vorliegenden Fall.

Ich denke das sollte man hier im Thread nicht weiter diskutieren, hier hatte der Täter - bis auf die Sicherungsverwahrung -das volle Programm erhalten. Und wegen einer wahrscheinlich geringen Gefährlichkeit (gute Sozialprognose) ist er uinter Berücksichtigung der Schwere der Schuld doch recht früh entlassen worden.


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20.01.2025 um 16:54
Zitat von JustsayingJustsaying schrieb:Ich halte es fuer angemessen, dass BT wegen Mordes verurteilt wurde und rund 17 Jahre Gefaengnisstrafe absitzen musste.
Was jeder subjektiv für angemessen, oder besser "gerecht" hält, ist sehr individuell. Ich persönlich halte Freiheitsstrafen von über 10 bis 12 Jahren für ziemlich sinnlos, general- wie spezialpräventiv, wissenschaftlich erwiesen. Aber das ist meine Sicht.

Was Recht ist, folgt dagegen dem Gesetz und der Rechtsprechung. Die ist bekanntlich unabhängig. Dogmatisch ist mit dem § 211 StGB niemand wirklich glücklich, seine NS-Vergangenheit kommt hinzu. Die Rechtsprechung hat versucht, damit klar zu kommen. Es gab immer wieder Kritik an Urteilen. Aber auch nicht an allen. Und auch der BGH berichtigt sich. Im Groben sind 50% der Tötungsdelikte Totschlag und 50% Mord, von denen ein gewisser %-Satz dann nochmals den strafverschärfenden "besondere Schwere der Schuld"-Satz enthält.

Man könnte ewig streiten, ob das zu viel, zu wenig, zu hart, zu weich geurteilt ist. Es urteilt das Gericht, nicht eine Abstimmung im Internet.

Es ist ein legitimer Grund, dass der Gesetzgeber ein Gesetz ändert, weil es die Rechtsprechung mit Ergebnissen angewendet hat, die dem demokratisch legitimierten Verfassungsorganen nicht gefallen.

Deshalb hat das Bundesjustizministerium vor einigen Jahren eine Kommission eingesetzt, die alles hin- und hergewälzt hat. Und schließlich blieb es bei den §§ 211, 212 StGB, wie wir sie seit 1941 haben. Obwohl 2023 wieder ein Anlauf genommen wurde, dürfte durch die Bundestagswahl auch dieses Vorhaben der Diskontinuität zum Opfer fallen. Das spricht dafür, dass die Ergebnisse, die die Rechtsprechung aus einer doch recht verkorksten Norm extrahiert, letztlich gesellschaftlich und politisch ziemlich akzeptiert sind. Auch wenn die Kritik nicht abreist:

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/dav-deutscher-anwaltverein-mord-totschlag-toetungsdelikte-reform


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Mordfall Charlotte Böhringer

21.01.2025 um 11:26
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Ich persönlich halte Freiheitsstrafen von über 10 bis 12 Jahren für ziemlich sinnlos, general- wie spezialpräventiv, wissenschaftlich erwiesen
Als praeventive Massnahme sicherlich ja.
Zudem toeten die allermeisten Moerder ja 'nur' einmal.
Und auch die Anzahl der Menschen, die einem Mord oder Totschlag zum Opfer fallen, ist zum Glueck nicht so gross.
Aber neben dem Aspekt der Praevention gibt es noch den Aspekt der Suehne. Und hinter der Tat steht ein Menschenleben, dass mutwillig ausgelöscht wurde. Dies ist eben auch fuer das Strafmass zu beruecksichtigen.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Im Groben sind 50% der Tötungsdelikte Totschlag und 50% Mord
Hast Du hier eine Quelle? Ich habe versucht, hierzu etwas zu finden, demnach waeren es mehr 'Totschlag' als 'Mordfaelle' (aber das Statistische Bundesamt fasst Totschlag und Toetung auf Verlangen in einer Zahl zusammen)


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Mordfall Charlotte Böhringer

21.01.2025 um 13:44
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Was jeder subjektiv für angemessen, oder besser "gerecht" hält, ist sehr individuell. Ich persönlich halte Freiheitsstrafen von über 10 bis 12 Jahren für ziemlich sinnlos, general- wie spezialpräventiv, wissenschaftlich erwiesen. Aber das ist meine Sicht.
Die Frage ist, was genau unter präventiv verstanden wird. Zum einen gibt es die abschreckende Funktion der Strafe. Jemand der sich überlegt, seine Tante umzubringen, soll halt vorher überdenken, ob es ihm das wert ist, ggfls. "lebenslänglich" oder eben entsprechend kürzer, wenn "nur" ein Todschlag dabei rauskommt, im Gefängnis zu hocken.

Wenn in der anderen Waagschale halt ein Millionen-Vermögen, der heiß ersehnte GF-Job und zudem noch das drohende Auffliegen der Lebenslüge liegt, dann wiegt die abschreckende Wirkung vom 15 oder mehr Jahren Gefängnis vielleicht nicht mehr ganz so schwer. Vor allem wenn die alternative Aussicht darin besteht, mit Anfang 30 ohne Ausbildung und Job dazustehen und eine auf Familiengründung drängende Verlobte an der Backe zu haben, die bis dahin dachte, sie habe einen Goldfisch an der Angel.

Was meiner Meinung nach im Fall BT zudem die präventive Wirkung der in aussicht stehenden Strafe massiv geschwächt hat, war, dass er sich für zu klug hielt und dachte, er sei so raffiniert, dass man ihm schon nicht draufkommen würde. Er dachte, er könne sich bei der Polizei souverän rauslabern und dachte tatsächlich bis zur allerletzten Minute des Prozesses, er käme damit davon, weil er es halt besonders schlau angestellt hatte. Und diesbezüglich hätte ihn auch die Aussicht auf eine dreimal so hohe Strafe wohl nicht von der Tat abgeschreckt.

Und wenn jemand nach 17 Jahren Gefängnis so gar keine Reue zeigt, die Tat immernoch leugnet, dann hat die Strafe natürlich in dem Sinne auch keinerlei präventive Wirkung gehabt. Aber ich bin mir sicher, dass dieser Mörder wäre auch nach 30 oder 40 Jahren Gefängnis mit dem gleichen Sprüchen durchs Gefängnistor stolziert wäre.

Insofern kann man schon sagen, dass eine präventive Wirkung nicht erzielt wurde. Aber wenn ich mich auf den Punkt stelle, dass eh die allerwenigsten Mörder einen zweiten Mord in ihrem Leben begehen, kann ich auch gleich darauf verzichten, Gutachten zur Rückfallwahrscheinlichkeit erstellen zu lassen, bevor eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.
"Die böse Tante ist tot, jemand zweites, der ihm das Leben ähnlich schwer machen könnte, gibt es nicht, und die Lebenslüge ist auch aufgeflogen und längst verziehen. Also hat BT keinen grund mehr, einen weiteren Mord zu begehen." Mit dem Argument hätte man ihn aber auch nach 2 jahren schon wieder auf freien Fuß setzen können.
Zitat von JustsayingJustsaying schrieb:Und auch die Anzahl der Menschen, die einem Mord oder Totschlag zum Opfer fallen, ist zum Glueck nicht so gross.
Aber neben dem Aspekt der Praevention gibt es noch den Aspekt der Suehne. Und hinter der Tat steht ein Menschenleben, dass mutwillig ausgelöscht wurde. Dies ist eben auch fuer das Strafmass zu beruecksichtigen.

Das sehe ich auch so. Wer einem anderen Menschen mutwillig das Leben nimmt, der soll dafür bitte eine angemessene Strafe bekommen. 17 Jahre finde ich dafür ehrlich gesagt zu wenig.


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Mordfall Charlotte Böhringer

21.01.2025 um 14:08
Zitat von JustsayingJustsaying schrieb:Hast Du hier eine Quelle?
Es gibt zwei Primärquellen:

1. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Erfasst aber nur die Verdachtsfälle, zudem wird zwischen Versuch und Vollendung nicht unterschieden. Eine kurze Zusammenfassung für 2023:

Wikipedia: Polizeiliche Kriminalstatistik (Deutschland)#Straftaten gegen das Leben

2. Die Verurteiltenstatistik des Bundesministeriums (für 2021).

https://www.statistischebibliothek.de/mir/servlets/MCRFileNodeServlet/DEHeft_derivate_00074064/2100300217004.pdf
(dort Seite 24)

Auch hier wird zwischen Versuch und Vollendung nicht unterschieden. Mord=157, Totschlag=508.

Ich lag also etwas daneben, das Verhältnis ist ist 1:2.

Das zeigt auch mir, dass die "gefühlte" Wirklichkeit und die statistisch erfasste Wirklichkeit ziemlich auseinander klaffen. Morde sind in der Öffentlichkeit einfach präsenter, so dass auch ich subjektiv den Eindruck habe, es gäbe fast nur Morde. Und ziemlich viele davon. Zumeist wird die Zahl der Taten und ihre Zunahme viel höher eingeschätzt, als es in Wirklichkeit der Fall ist.

Die Zahlen der Straftaten gegen das Leben sind seit 1993 um 41% gesunken.
Zitat von JustsayingJustsaying schrieb:Aber neben dem Aspekt der Praevention gibt es noch den Aspekt der Suehne. Und hinter der Tat steht ein Menschenleben, dass mutwillig ausgelöscht wurde.
Die Straftheorien, also Sinn, Zweck und Rechtfertigung von Strafe füllen Bibliotheken. In der Strafrechtfertigung des liberalen Rechtsstaats des Grundgesetzes sind "Rache" oder "Sühne" als Maßstab nicht vorgesehen. Das ergibt sich auch aus den Strafzumessungsregeln:

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__46.html

Es gilt das Schuldprinzip, da kann man gedanklich Rache/Sühne-Erwägungen mit reinpacken (z.B. bei der "Gesinnung, die aus der Tat spricht", § 46 Abs. 2 StGB), wenn man will. Wie auch beim Gedanken der Generalprävention und der Höhe der Strafandrohung als Solcher (Mord = zwingend lebenslang). Aber entscheidend bleibt die persönliche Schuld, nicht der Rache- oder Sühnegedanke. Denn der kann ja völlig entgrenzt sein (man denke an die Leibstrafen des Mittelalters oder die Todesstrafe in den USA). Zudem könnte Rache oder Sühne auch schuldlosen oder schuldunfähigen Tätern (Herrn A. in Magdeburg z.B.) zuteil werden.

Es gab Anfang der 1960er Jahre sogar Wissenschaftler, die die Strafe abschaffen und an ihre Stelle Maßnahmen setzen wollten, die allein präventiven Maßstäben gehorchen. Da der Schutz von Rechtsgütern Verfassungsauftrag ist, hätte sich mehr dogmatisch denn praktisch geändert. So ist das Leben höchstes Rechtsgut und effektive Prävention bedarf per se einer hohen Strafandrohung.

Und erst kürzlich (ich hatte es oben verlinkt) wurde vom Deutschen Anwaltsverein wieder gefordert, bei Mord einen Strafrahmen "nicht unter 10 Jahren oder lebenslang" vorzusehen. Auch die "besondere Schwere der Schuld" ist ein Problem, weil sie de facto straferhöhend ist, ohne dass das StGB in § 211 eine solche Differenzierung vorsieht, sondern nur in den Regeln zur vorzeitigen Entlassung auf Bewährung (§ 57a StGB).

Durchschnittlich 20 Jahre Inhaftierung empfinde ich als ziemlich lange, zumal wir im Jugendstrafrecht nur 10 Jahre Höchststrafe habe, was theoretisch auch noch 20jährigen zu Gute kommen kann. Ich denke, die Symbolwirkung der "Höchststrafe" ist viel entscheidender als die tatsächliche Zeit in der Zelle. Immer vorausgesetzt, der Delinquent hat sich gut geführt und ist ungefährlich.


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Mordfall Charlotte Böhringer

21.01.2025 um 14:32
Zitat von GrillageGrillage schrieb:Und wenn jemand nach 17 Jahren Gefängnis so gar keine Reue zeigt, die Tat immernoch leugnet, dann hat die Strafe natürlich in dem Sinne auch keinerlei präventive Wirkung gehabt. Aber ich bin mir sicher, dass dieser Mörder wäre auch nach 30 oder 40 Jahren Gefängnis mit dem gleichen Sprüchen durchs Gefängnistor stolziert wäre.
Du hast ja selbst die Frage nach der Prävention gestellt.

Wenn BT fröhlich pfeifend sein Verließ verlässt, bin ich nach 17 Jahren der Ansicht: Der wurde ausreichend bestraft. Generalpräventiv sehe ich jetzt da kein Defizit, es wird kaum einer sagen: "Das ist lächerlich gering, Mord wird viel zu milde bestraft. Der Staat schützt das Leben nicht, 17 Jahre Knast schrecken Keinen ab und brüskieren die Angehörigen." Und hinsichtlich der Person BT auch keine spezialpräventiven Probleme. Sinn des Strafvollzuges ist es ja nicht, Reue herbeizuzwingen, sondern:
Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.
Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/stvollzg/__2.html

Und bei der Strafaufsetzung zur Bewährung auch bei "lebenslang" (§§ 57, 57a StGB):
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.
Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__57.html

Also: Alles gut für die Prävention. Wir haben kein Gesinnungsstrafrecht, der nemo-tenetur-Grundsatz gilt auch im Knast und danach.

Bedeutung kann er nur bei den Tätern erlangen, deren Gefährlichkeit für die Allgemeinheit in Frage steht. Da kann fehlende Unrechts- bzw. Tateinsicht dazu führen, dass sich der Täter nicht ausreichend mit seinen Defiziten auseinander gesetzt hat und deshalb Wiederholungsgefahr besteht. Das sind Sexualstraftäter, Typen mit disozialen Persönlichkeitsstörungen oder sonstigen therapiebedürftigen Einschränkungen, ohne dass sie schuldunfähig wären.

Das war bei BT nicht der Fall. Er hat zwar eine Macke, keine sehr sympathische, aber zum Täter wurde er in einer außerordentlichen Konfliktsituation, die die meisten von uns so noch nie erlebt haben dürften. Da hat er sich zwar selbst hinein manövriert, aber der Druck von Außen war auch enorm. Er ist nicht gefährlicher als Du oder ich. Und wie sagte KOR Wilfling: "Jeder kann zum Mörder werden."


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