@AggieAggie schrieb: Die Angst, dieses Versagen seinem Umfeld gegenüber einzugestehen, bewog ihn dazu, ein Lügengebäude zu konstruieren,
...Hmmm. Ich meine eher, die Angst zu versagen, bewog ihn dazu, zu seinen Prüfungen nicht anzutreten - obgleich er ja scheinfrei war und die formalen Voraussetzungen erfüllte. Komplett versagt - stelle ich mir dann noch anders vor.
Aggie schrieb: und als dieses letzlich einzustürzen drohte, war es wiederum die Angst vor nun noch gravierenderen negativen Konsequenzen (nicht nur als 'Versager', sondern auch als noch als dreister Lügner exponiert zu werden),
So argumentiert ja auch das Gericht. Das lässt aber die Möglichkeit außer acht, dass B. T. einfach weitergelogen hätte.
Aggie schrieb:welche ihn den furchtbaren Entschluss fassen ließ, die Tante zu ermorden,
um einer drohenden Enterbung zuvorzukommen.
Angenommen werden die zwei Teilelemente
a) Angst, vor Entdeckung der Lügengeschichte und
b) Angst, vor drohender Enterbung.
Die Theorie ist somit, dass B. T. mit dem Mord sozusagen "zwei Fliegen mit einer Klappe" schlagen konnte.
Was wir nicht wissen, also ich zumindest nicht, ist,
a) wie wichtig B. T. soziales Ansehen oder Ansehen bei seinen Freunden war und
b) ob B. T. überhaupt sicher wusste, dass er erben soll (ist nämlich auch nicht bewiesen) und
c) ob oder wie konkret die Enterbung überhaupt drohte (ist eine Annahme des Gerichts), bzw. wie B. T. das einschätzte.
Aber, wenn man das so liest, kann man schon denken: ja, so
könnte es gewesen sein. Was aber aus meiner Sicht nicht so ganz stimmig mit dieser Annahme ist, sind u. a. folgende Punkte:
a) es war für B. T. möglich, den Abbruch der Theaterwissenschaften und seine erfolglose Bewerbung an der Schauspielschule einzugestehen. Über die Reaktionen seines Umfelds hierauf wissen wir nichts.
b) wir wissen nichts darüber, wie drängend oder bedrohlich B. T. seine Situation tatsächlich erlebte. Jedenfalls weiß ich nichts darüber. Im Urteil steht nur, was das Gericht glaubt, wie B. T. die Situation erlebt hat.
c) aus dem bisschen, was über das beobachtbare(!) Verhalten von B. T. bekannt ist, lässt sich m. E. eher schließen, dass B. T. Problemen lieber aus dem Weg ging, deutlich zu Vermeidungsverhalten neigte, Probleme eher nach innen richtete und nicht unbedingt ein Mensch war, dem Karriere übermäßig viel bedeutete.
Aggie schrieb:m Urteil wird auch überzeugend argumentiert, dass der Angeklagte nach dem 'tragischen Tod' der Tante vorhatte, sich seinem Umfeld gegenüber als derjenige zu präsentieren, der selbstverständlich nun die Verantwortung übernimmt und die Parkgarage leitet, somit das Lebenswerk seines Onkels fortführt, und deshalb jeder dafür Verständnis haben würde, dass er aufgrund der neuen Lebensumstände (nun vollzeit berufstätig als geschaftsführender Eigentümer der Parkgarage) nun keine Zeit mehr haben würde, sein "zweites juristisches Examen" abzulegen ...
Du findest das überzeugend, nun gut. Wenn man aber schon ins Fabulieren kommt, denn mehr ist das nicht, müsste man dann nicht konsequenterweise mit berücksichtigen, dass er zunächst mal einfach stark damit rechnen musste, verdächtigt zu werden? Zumal die Diebstähle ja auch bekannt waren? Hatte er einen Plan, wie er mit seinem schlechten Gewissen umzugehen gedachte oder haben wir Hinweise darauf, dass B. T. ein Mensch ist, der eher skrupellos handelt? Gibt es Hinweise darauf oder Belege dafür, dass er Ch. B. abwertete? Ist aktives, planerisches Problemösungshandeln typisch oder untypisch für B. T.?