Sollecito in Villach: "Ich wollte nicht flüchten"
Der wegen Mordes an der Britin Meredith Kercher zu 25 Jahren Haft verurteilte Italiener Raffaele Sollecito hat sich am Donnerstag kurz vor seiner Verurteilung durch ein Berufungsgericht in Florenz in Villach aufgehalten. Mit dem Auto seiner Freundin Greta sei er von Florenz nach Kärnten gefahren, berichtete Sollecito im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" am Samstag. Sollecito versicherte aber, dass er nicht aus Italien flüchten wollte.
"Greta und ich waren in Villach, einer Stadt, die wir beide sehen wollten. Ich wollte nicht flüchten, ich hatte keinen Grund dazu. Ich war überzeugt, dass man mich freisprechen würde. Ich habe einen Großteil der Gerichtsverhandlungen im neuen Berufungsprozess in Florenz verfolgt. Ich war naiv, ich dachte, dass die Richter begriffen hatten, dass ich nichts mit Merediths Mord zu tun hatte, und dass man mich freisprechen würde", so der 29-jährige Süditaliener.
"Nach der kurzen Rundfahrt in Kärnten wollten ich und Greta zurück zu ihrem Vater in Ponte di Piave bei Treviso, doch es schneite sehr stark. Nachdem wir die Autobahn in Potebba verlassen haben, haben wir in Venzone im ersten Hotel übernachtet, das wir gefunden haben. Die Polizei hat uns am Freitag um 6.30 Uhr aufgeweckt. Ich wusste, dass ich Pass und Ausweis abgeben musste. Ich wollte es am Freitagvormittag tun", erklärte Sollecito.
"Schon jetzt bin ich kein freier Mensch mehr"
Nachdem er in der Polizeikaserne in Udine seinen Pass abgegeben hat, sind Sollecito und seine Freundin mit dem Auto nach Bisceglie in Apulien gereist, wo der Italiener lebt. "Ich bin wegen eines Delikts verurteilt worden, für das ich nicht verantwortlich bin und für das ich bereits vier Jahre Haft abgesessen habe. Ich habe keine Zukunft mehr. Die einzige Perspektive, die vor mir steht, ist, mehr als 20 Jahre Haft im Gefängnis zu verbringen. Schon jetzt bin ich kein freier Mensch mehr. Bis jetzt konnte ich reisen, um eventuell auch im Ausland eine Arbeit zu finden, das ist jetzt aus", so Sollecito.
Die US-Amerikanerin Amanda Knox und ihr Ex-Freund Sollecito sind am späten Donnerstagabend wegen des Mordes an der Britin Meredith Kercher zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Ein Berufungsgericht in Florenz verurteilte Knox in Abwesenheit zu 28 Jahren und sechs Monaten Haft, Sollecito zu 25 Jahren Gefängnis. Die damals 21-jährige Britin war am 2. November 2007 halbnackt und mit durchgeschnittener Kehle in der Wohnung im italienischen Perugia entdeckt worden, die sie sich mit Knox teilte. Ihre Leiche wies 47 Messerstiche auf, die Studentin war zudem vergewaltigt worden.
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