Ich habe mir fast alle Posts durchgelesen, mir aber die XY-Sendung erst danach angesehen.
Wenn man weiß, auf was man evtl. achten muss, guckt man sich so einen Bericht halt anders an.
Hier ein paar allgemeine Anmerkungen zu verschiedenen Aspekte die behandelt wurden.
1. Autoerotische Verletzung mit Staubsauger
1969 waren primär Standsauger in Verwendung. Ganz besonders im gewerblichen Bereich, zu dem auch Hotels gehören.
Es dürfte also einige Kraftanstrengung gekostet haben, sich mit so einem Standgerät selbst befriedigen zu wollen.
2. Leiche aus dem Hotel verschwinden zu lassen
Der noch größere Skandal wäre es, wenn die Polizei herausbekäme, daß der Hotelier sich dazu
hätte hinreißen lassen
3. Die Kleidung aus der Schweiz
Er ist ja statt nach Innsbruck nach Zürich gefahren. Die Möglichkeit, daß er sich in dieser Zeit für den Aufenthalt am Bodensee dort mit Kleidung eingedeckt hat ist sehr hoch.
4. Herkunft aus dem Sudetenland/ Gestohlene Identität
Aus einem Bericht, den ich erst vor kürzerer Zeit auf Phoenix gesehen habe, weiß ich, daß
die Bundesregierung nach dem Krieg und der Vertreibung der Sudetendeutschen in Regionen, die nahe der Zonengrenze lagen, und die nicht dicht besiedelt waren, ganze Ortschaften dort für Flüchtlinge hat hochziehen lassen. Ebenso wurde berichtet, daß die Sudetendeutschen sich damals in größeren Gruppen, die sich schon vorher aus den gleichen Dörfern/Städten kannten, in diesen Ortschaften niedergelassen haben.
Eine gestohlene Identität wäre da schon innerhalb der Gruppe aufgefallen. Eine gestohlene jüdische Identität wäre u.U. den deutschen Behörden aufgefallen. Denn man hat auch diese Leute (egal ob deutsche oder jüdische Flüchtlinge) kontrolliert und überprüft. Man darf nicht vergessen, daß die Flüchtlinge für eine ganze Zeit in Flüchtlingsheimen gelebt haben, bevor man sie dann auf die verschiedenen Regionen verteilt hat.
5. Jüngeren Liebhaber in der Schweiz kennengelernt und mittels Scherenverkauf gesucht
Das halte ich für relativ unwahrscheinlich, da es damals nur wenige Orte gab, wo sich Homosexuelle getroffen haben. Wäre L. homosexuell gewesen, hätte er diese Orte gekannt, und hätte nicht durch Friseurgeschäfte tingeln müssen. Und er hat die Scheren nur in 2 Geschäften angeboten, um den geheimnisvollen Liebhaber XY zu suchen, hätte er mehr Geschäfte aufsuchen müssen.
6. Kleidung und Schuhe
Er ist ja jeden Tag, egal in welchem Hotel er gewohnt hat, morgens aus dem Haus gegangen und erst abends wieder zurückgekommen. Bis auf die Besuche auf der Insel Reichenau, wo er gefrühstückt hat, weiß man nicht, was er tagsüber unternommen hat.
Aber das regelmäßige Gehen und Kommen, gerade in der beschriebenen Kleidung, könnte dafür sprechen, daß er tagsüber "gearbeitet" hat. Fragt sich nur als was. Es wurde ja schon die Möglichkeit angesprochen, daß er ein Spieler war.
Was aber, wenn er eine Art Croupier gewesen ist. Auch diese trugen bis auf die Schuhe damals eine solche Kleidung.
Könnte es sein, daß er tagsüber als Croupier in illegalen Casinos unterwegs war?
Dafür dürfte man üppig bezahlt worden sein. Er hätte also kein weiteres Geld z.B. von seiner Frau benötigt. Und es erklärt die Tatsache, daß er tagsüber nirgendwo aufgefallen ist. Dazu gehört dann meiner Meinung nach auch
7. Der Brief
In dem Bericht wird erwähnt, daß er den Brief bekam und danach noch einmal auf die Insel Reichenau fuhr, obwohl er sich von dort schon verabschiedet hatte. Könnte es sein, das man
ihn noch einmal als Croupier (o.ä) dabei haben wollte?
Die Herkunft des Briefes konnte nicht nachvollzogen werden, möglich, daß er persönlich von jemand direkt im Hotel abgegeben, oder in einem Moment wo der Empfang unbesetzt, oder der Empfangschef abgelenkt war, einfach auf den Thresen gelegt wurde.
Nach diesem letzten Besuch auf der Insel Reichenau hat ihn niemand mehr lebend gesehen.
Es könnte also durchaus zu einem Mord in einem Privathaus oder einer Wohnung auf der Insel gekommen sein. Privathaus, oder Wohnung deshalb, weil das Opfer ja geblutet haben muss.
Solche Spuren lassen sich in einer Wohnung wesentlich besser und unauffälliger beseitigen, als in einem Hotelzimmer. Es würde auch die Damenstrumpfhose erklären.
Dafür spricht auch der Waschhandschuh. Wir hatten zu der Zeit ähnliche in unserem Haushalt.
Jetzt mal zum Aussehen des L. Damals sahen alle Männer in etwa so aus, wenn sie in ähnlichem Alter waren. Auch mein Vater der ebenfalls Jahrgang 1913 war. Es hätte also völlig ausgereicht, wenn ein anderer Mann sich die Kleidung von L. angezogen hätte und das Schiff bestiegen hätte.
An Bord zieht er sich um, inklusive der auffälligen Schuhe und geht als jemand anders von Bord.
Mit einem der nächsten Schiffe fährt er wieder zurück nach Reichenau und beseitigt die Leiche, die über Nacht vom 15.9. auf den 16.9. in der Wanne lag und der man wieder ihre eigene Kleidung angezogen hat.
Unabhängig vom Mordmotiv wäre ein solches Szenario auch mit der Komponente Agententätigkeit vorstellbar. In diesem Falle hätten die Scheren durchaus der Kontaktaufnahme oder Nachrichtenübermittlung dienen können. Das "Nein" der Friseure kann dann eine ganz andere Information beinhalten.
Gegen die These der Geldnot spricht, daß er mit 2000 DM aufgebrochen ist. Aus dem XY-Bericht wissen wir auch, daß er für eine Woche in Konstanz eine RG von 150,50DM beglichen hat. Das hört sich heute wenig an, war aber Ende der 1960er Jahre viel Geld. Ein Durchschnittsgehalt lag damals bei ungefähr 800DM brutto. 2000DM war eine enorme Summe damals.
Wenn man berücksichtigt, daß er ja in mehreren Hotels gewohnt hat, kann man auch da die Summe, je nach Klasse des Hotels zwischen 200DM und 300DM ansetzen. Abzüglich der Summe, die er für die Kleidung in Zürich ausgegeben hat, plus Verpflegung jeweils könnten die 120DM durchaus die Restsumme darstellen.
Kommen wir zu möglichen Mordmotiven.
1. Croupier-Szenario
Hier könnte es durchaus um eine größere Summe Geld gegangen sein, oder möglicherweise hat der Croupier auch gezinkt. Es kam zu einem Streit, im Verlauf dessen der Mord geschah. Vielleicht ging eine Art Unfall voraus. Nicht auszuschließen ist auch, daß L. der Agressor war.
2. Agenten-Szenario
Blicken wir kurz zurück:
1968 Niederschlagung des Prager Frühlings
http://www.planet-wissen.de/laender_leute/tschechien/tschechien/prager_fruehling.jsp1969 Begannen die ersten Ost-West Gespräche zur Entspannungspolitik
http://www.bpb.de/izpb/10339/vom-kalten-krieg-zur-aera-der-entspannung?p=allNicht zu vergessen, im September wurde in Deutschland unter Willy Brandt eine sozial-liberale Koalition gewählt, die sich ebenfalls intensiv der Ost-West Beziehungen, und zwar zur DDR verschrieben hatte. Da dürften auch in der damaligen DDR die Alarmglocken geläutet haben.
Es ist also absolut nicht so, daß 1969 aus politischer Sicht unbedeutend war.
8. Schließen der Akten
Das ist damals durchaus so behandelt worden. Ich sehe da keine ungewöhnliche Sache drin. Ebenso wurde in fast allen XY-Sendungen darauf hingewiesen, daß man, wenn man neue Erkenntnisse habe, dies den Zuschauern mitteilen würde. Das geschah aber äußerst selten.
Woran ich mich aber erinnern kann, daß, wenn Fälle so gelöst wurden, immer in den Zeitungsberichten erwähnt wurde, daß der jeweilige Fall in XY-ungelöst gezeigt wurde.
Das sind meine Vorschläge zu dem Bodensee-Fall.