cher mon commissaire,
danke für die Begrüßung, und im Gegenzuge meinen Wunsch, daß das Rückgrat alsbald wieder in Ordnung kommt.
Bernard schrieb:Dankeschön dafür, daß Du uns nicht vergessen hast...
nun, "Yogtze" und "Bodensee" fallen in "meine" Zeit, und sie eignen sich bestens, sich wieder in jüngere Jahre zurückzuversetzen. Wie war es damals noch? ... ach ...
Bernard schrieb:"Gedanken aus Chile"
noch nicht ganz Chile. Es hat nur bis Caracas gelangt. Aber ich schlage mich schon durch bis zur Atacama-Wüste, und dort hab ich ja meine Freunde im Observatorium.
Bernard schrieb:einen interessanten Aspekt dieses Kriminalfalles den wir zwar schon einmal gestreift hatten, der aber in dieser Ausführlichkeit dann doch nicht weiter erörtert worden ist - jüdische Vermögen in der Schweiz.
ja, ich habe das eingebracht letztes Jahr, und keiner ist mir so recht auf den Zug aufgesprungen.
Vielleicht, weil das Thema "Juden in Deutschland" und alles was dazugehört irgendwie tabu ist bei den Jüngeren, - ich weiß es nicht. Auf jeden Fall muß es einbezogen werden. Ich selber habe es früher noch oft miterlebt, wie sich Nachfahren von im Dritten Reich umgekommenen Juden immer wieder beklagt haben, wie ungeheuer schwer es ist, an nachweislich in Schweizer Banken vorhandes Vermögen der Vorfahren ranzukommen.
Gelungen ist es wenigen, denn es handelte sich meistens um anonyme Nummernkonten mit Paßwörtern. Und ohne Kenntnis derselben rückten die Bankiers nichts raus.
Man konte da nicht einfach mit einem Familienstammbaum und einem deutschen Erbschein hinfahren und abheben. Es waren (und sind noch heute) immense Akte.
Auf eine kurze Formel gebracht stehen die Schweizer Bankiers auf dem Standpunkt, daß es grundsätzlich undenkbar ist, daß X etwas ausbezahlt bekommt, was Y einbezahlt hat. Und wenn sie zehnmal verwandt miteinander sind.
Das Schweizer Gesetz gibt ihnen im Grunde Recht und dahinter verschanzen sie sich.
Es ist also sehr sehr schwer, erfordert sicher mehrere Besuche, Heranbringen von Dokumenten weiß Gott welcher Art, professionellen Beistand (der Mann aus Innsbruck?) usw.
Dazu noch erschwerend, und das muß ich der Gerechtigkeit halber zur Ehrenrettung der Schweizer Bankiers sagen.
Sie sitzen nicht nur wie die Spinnen auf dem Geld, weil sie es nicht herausgeben wollen, sondern weil sie es vielfach auch gar nicht können.
Oft ist ihnen der Name des damaligen Kontoinhabers ja auch wirklich gar nicht bekannt. Viele Juden (und nicht nur Juden) haben in Zürich ja anonyme Nummernkonten eröffnet. Nun kommt ein Herr Joseph L. aus Selbitz an den Schalter und sagt: "ich bin der Erbe vom im Dritten Reich umgekommenen Matthias L., der bei Ihnen ein Konto hatte. Bitte zahlen Sie aus."
Das muß der Bankier gar nicht einmal unbedingt wissen, wer der Matthias L. war, wenn das Konto anonym eröffnet und geführt wurde. Dann hat er keinen Matthias L. in seiner Kundeliste, niemals einen gehabt, - und kann wirklich nur bedauern.
Man sieht also, was für immense Schwierigkeiten das alles mit sich bringt.
Wir werden das hier auch nie ermitteln können, ob es mit dem Guthaben so war, wenn es nicht einmal die Bankiers sagen können. Es ist nur sehr sehr denkbar und auch wahrscheinlich.
Bernard schrieb:Daß es sich bei L. um einen Angehörigen der jüdischen Religion gehandelt hat ist nicht feststehend; zumindest der Nachname könnte aber darauf schließen lassen.
Nun, da habe ich wieder den Vorteil der "frühen Geburt". Ich bin in der frühen Nachrkiegszeit geboren und habe natürlich noch gelernt, wie man einen Juden erkennt. Der Nachname ist eine der vielen Formen des Namens "Levy", und damit ist es klar. (auch z.B. der Nachname "Kohn" oder "Köhn" ist jüdisch. Kommt von "Cohen"). Aber lassen wir das, es spielt für unser tägliches Leben heute keine Rolle mehr.
Ob L. noch offiziell diesem Glauben angehörte, ihn praktizierte oder auch nicht, oder sogar konvertiert war, spielt für uns aber keine Rolle. Fest steht und wichtig ist, daß er jüdische Vorfahren gehabt haben muß, und da liegt die Wahrscheinlichkeit eines Guthabens in der Schweiz sehr nahe.
Viel näher als die ganzen Homosexuellentheorien. Das ist Gegenwarts-Denke. Homosexuelle sind heute in aller Munde, hohe Politiker sagen, es sei sogar gut, - aber vor 40 Jahren - klar hat es das da auch schon gegeben, aber was war das für eine Schande, sogar strafrechtlich relevant unter Umständen, Du warst wehr-unwürdig als Schwuler, überall geschnitten, verlorst Deinen Job, oder war man freiberuflich, gingen viele Kunden nicht mehr hin - das hielt man also allerstrengst geheim. In England war's ganz schlimm. Da konnten sie Dir sogar eine Zwangsbehandlung mit Hormonen verschreiben.
Richtig ist wiederum, daß die Schweiz bereits viel früher als die Nachbarländer angefangen hat, diese Neigung liberaler zu sehen. Zürich war - und das stimmt (Ganymed Denkmal wurde hiern sehr treffend erwähnt) - in der Tat ein guter Treffpunkt, wo man - wenn man nicht zu sehr auffiel, seine Beziehungen zuindest in Ruhe pflegen konnte.
Mord gehörte allerdings nicht zu diesem Milieu.
Bernard schrieb:Den Aspekt mit dem entsprechenden, auf Schweizer Konten festliegenden Vermögen hatten wir schon erwähnt - gleichwohl nicht weiter diskutiert. Aber so, wie Du es ausführlich beschrieben hast, macht es tatsächlich -rechtlich und banktechnisch- Sinn.
ja, solche Fälle gibt es zu tausenden. Hätte L. dasselbe verscuht, wäre das keineswegs überraschend, und die Schweizer Poliei hat natürlich sofort auch daran gedacht. Nur erfahren die ja auch nichts vonm den Banken, und somit machte es keinen Sinn, das im Film zu erwähnen.
Betr.: Casino
Nur wenn nach Jahrzehnten der einzige Ansatzpunkt für unseren thread ein solcher Filmfall ist, welcher damals in erster Linie der Auflösung eines Gewaltverbrechens unter Zuhilfenahme großen Publikums dienen sollte, dürfen wir heute nicht mehr gewisse "Manipulations-Elemente" soweit verinnerlichen, daß wir alles, was nicht erwähnt wurde, auch als nicht geschehen in der Gesamtbetrachtung werten.
sehr richtig.
Ich versuche, den Fall auf ein Minimum zu reduzieren. Weg mit den ganzen modernen Komponenten heutiger Umstände und Denkweisen, streng zurück ins 1969. Das kann natürlich nur jemand, der diese Zeit bewußt erlebt hat.
Und wie ich es drehe und wende, ich lande beim Geld-Motiv.
Zürich - Bank - Geld /// Spielbankstandorte - jede Menge Existenzen, die Geld brauchen und sich auf jeden stürzen, den sie irgendwie dafür gewinnen könnten.
Ist zwar total einfallslos und unprickelnd und gänzlich unmysteriös, - das gebe ich zu.
Bernard schrieb:Zum Beispiel die Geschichte mit der Familie aus seinem Heimatort an der Ufer-
Promenade in Lindau.
Die habe ich im Zuge meiner Reduktionen längst eliminiert. Die sind unwichtig. Ob er sie nicht gegrüßt hat, weil er sie nicht mochte oder vielleicht gedankenverloren gar nicht einmal erkannt, und die Familie ihrerseits stand ihm nicht sonderlich nahe oder wartete einfach darauf, daß er zuerst grüße oder sonstwas. Die Familie war nicht der Mörder, und somit spielt sie für uns keine Rolle.
Die Szene hätten sie sich bei XY eigentlich sparen können. Die bringt uns nichts. Die Familie selber weiß, daß sie ihn gesehen hat, hat das auch zu Protokoll gegeben, und der Rest der Welt kann damit nichts anfangen.
Polizeitechnisch ist es allenfalls gut, daß man weiß, daß L. an einem genau definierten Zeitpunkt eben genau an dieser Promenade in Lindau war. Aber ansonsten spielt die Familie sicher keine Rolle.
Bernard schrieb:Irgendwie (mag daran liegen, daß es eben für mich seinerzeit als Kind vollkommen ungehörig war, sich Bekannten gegenüber so zu benehmen)
man hat damals gelernt, daß der Jüngere oder das Kind den Erwachsenen zuerst grüßt.
Das galt aber nur, wenn das Kind
alleine einem Erwachsenen begegnete.
Warst Du aber mit den Eltern unterwegs, so oblag die Entscheidung dem Familienoberhaupt, also dem Vater, den Gruß zuerst auszusprechen. Tat er dieses, so folgten die Kinder brav, grüßte er aber nicht, so schwiegen auch diese.
Es wäre sehr kompromittierend für einen Vater gewesen, wenn z.B. das 10-jährige Kind als erstes die Begrüßungszeremonie eröffnet hätte.
Das wußten wir als Kinder ganz instinktiv: Wenn der Vater einen Bekannten auf der Straße grüßt, dann tun wir das auch. Tut er es aber nicht, wird er seine Gründe haben.
Warum er es tut oder nicht tut, interessierte uns Kinder nicht - das waren eben die nebulösen Gepflogenheiten der Erwachsenenwelt.
Bernard schrieb:und gerade wenn "der gute Bekannte" Josef L. nun in Gedanken versunken an ihnen vorbei spaziert- doch zumindest eine Kontaktaufnahme durch Zuruf oder auch Berühren versucht worden sein muß.
jaaaa, da werde ich mir mal selber untreu und greife mal zur Homosexuellentheorie.
Wenn - was hier schon mehrfach gesagt worden ist, Herr L. in Selbitz tatsächlich als "Warmer Bruder" bekannt war, dann versteh ich das voll und ganz, warum man ihn nicht gegrüßt hat. Mit "so einem" wollte man nichts zu tun haben als "anständige Leute".
Fraglich nur, wie konnte er in einem so kleinen Dorf wie Selbitz überhaupt dann noch Kunden haben?
a) er hatte wohl so gut wie keine mehr in Selbitz, und hat sich drum in einem Aufwasch am Bodensee samt seinen Scheren und seinem Arbeitsbuch (Zunft-Ausweis oder wie sie es nennen im Film) auch noch einen Job und eine neue Existenz gesucht
b) es war früher mehr als heute so eine Art "Allgemeinwissen" (oder besser "Glauben"), daß es unter den Friseuren übedurchscnittlich viele Homosexuelle gibt. Ob das statistisch fundiert ist oder nicht, weiß ich nicht.
Denkbar ja, denn ein Frisuer kann z.B. einem männlichen Kunden völlig harmlos beim Haarewaschen und -schnieden schön sanft über den Kopf streicheln, was ihn sicher erregt, und was er in einem Beruf, wo er keinen Körperkontakt zu anderen Menschen hat, nicht kann. Das könnte also ein Grund dafür sein, warum früher, als Homosexualität noch stark tabuisiert und sogar strafbar war, eine solche Berufswahl zu treffen.
Man sieht wieder daraus, wie sich die Zeiten ändern:
Früher mußte man Friseur werden, um einen Typen mal "dienstlich" zärtlich anfassen zu können ohne Verdacht zu erregen, und heute dürfen sie sich sogar schon heiraten in einigen Ländern.
Wer von den Jungen kann sich das heute also noch vorstellen? Wie sie ihre sexuelle Orientierung verstecken mußten, ... Berufe ohne Neigung zu ergreifen, zum Schein Ehen schließen, nur um einigermaßen Ruhe zu haben.
Das war früher ganz normal, heute würde man sagen - das ist doch nicht menschenmöglich.
Es war aber so. Und dazwischen liegen nur wenige Jahrzehnte.
Bernard schrieb:Nun findet das oder die Casino/s aber keinerlei Erwähnung. Nicht als feststehende Tatsache - nicht als lose Vermutung.
ja. Die Polizei weiß es natürlich 100% sicher, ob er dort gewesen ist oder nicht. Das erfolgt aus der Registrierungspflicht eines jeden Besuchs in einer Spielbank, und dort haben sie in Konstanz und Lindau natürlkich zuerst nachgefragt. Das ist ja reine Routinearbeit.
Daß man es dem Publikum gegenüber nicht erwähnt hat, heißt wohl, daß es für die ERmittlungen nicht wichtig war.
Dazu noch ein kleines Casino.-interna am Rande (aus meiner aktiven Zeit):
Jede Spielbank hat eine etwas abgeschiedene ruhige Ecke.
Etwas ab der Bar und der Spieltische, und da sitzen meist immer "die, die immer hier sitzen". Herren in nicht mehr ganz neuen Anzügen mit Schreibblöcken und Taschenrechnern vor sich und mit in aller Regel recht langen Gesichtern.
Das sind das, was man so landläufig "Berufsspieler" nennt.
Man kennt sich, man ist jeden Tag da, man sitzt beinander, man tauscht Erfahrungen und Spielstrategien aus.
Gemeinsam ist ihnen allen die Geldnot, die Spielsucht, und der unerschütterliche Glaube, daß HEUTE der Tag ist, an dem man endlich alles zurückgewinnen kann.
ich bring mal ein Beispiel, was da so gesprochen wird:
"Kurti, guck mal, am Tisch 4 wirft jetzt der Robert!"
"Jaja, zum Teufel mit dem!"
"Neee, der bringt heute ständig die letzten sechs! Das muß man anspielen!"
"Nix, ich hab gestern bei ihm die 23-4-4 gespielt, und der Drecksack bringt nach dem zweiten Paroli die 17! Könnt ihr euch das vorstellen?"
"Was spielst auch Paroli, du Arsch? Hättste masse-égale gespielt und noch die 19-24 mit 3 Stücken belegt, wären die 4 Stücke geblieben!"
"Ist alles Quatsch, was ihr da probiert, ICH spiel nur noch die Finalen 4-6 mit Absicherung auf Zero - und damit fahr ich super."
"Aha, und mit wieviel biste schon im Plus?"
"Jaaaaa .... äähhh ... so ungefähr ..."
so geht das von Eröffnung bis Schluß.
Das hört sich schrecklich professionell an, und nun komm mal als Laie bei diesen Leuten dazu.
Laß noch durchblicken, daß Dich das Thema interessiert und daß Du nächstens zu einer angenehmen Summe Geldes kommst ... die wirst du nicht mehr so schnell los.
Wie die Schmeißfliegen stürzen sie sich auf Dich.
Womit ich nicht sage, daß diese Zocker Mörder sind, - im allgemeinen sind sie es natürlich nicht, - aber wer weiß?
Ich lese gerade ein spanisches Buch, da steht ein sehr netter Satz, der nicht merkbefreit ist:
"Hüte dich vor Feinden, die glauben, etwas gewinnen zu können, und hüte dich ebenso vor Freunden, die etwas zu verlieren haben."
das paßt da schon rein in diese Materie..
Also:
Ein ganz normaler Casinobesucher, der Herrn L. gesehen hat, kann sich zwar melden und sagen, "ja, den hab ich in Lindau auch im Casino gesehen". Das nützt aber nicht viel, da die Polizei das aufgrund der Registerkarte des Casinos sowieso genau ersehen kann, wann und wenn er dort gewesen ist.
Und den eventuellen Mörder, den er im Casino getroffen hat - der meldet sich sowieso nicht.
Bernard schrieb:Wünsche Dir in Chile eine dauerhafte angenehme Bleibe
danke, aber erstmal hinkommen ... Caracas ist erst die halbe Miete. ich hab noch genau 80 Euro, die mach ich mit meinem Mädchen hier drauf, und dann beehre ich meine Verwandtschaft mit einer Mail. sie könnten sich bei Gewogenheit mal zu Western Union verfügen und mir eine Kleinigkeit zukommen zu lassen - als Preis mfür meine Abwesenheit.
Wenn nicht, drohe ich halt wieder mal damit, zur deutschen Botschaft zu gehen und um den Heimatschuß zu bitten.
Das wirkt immer bei der Verwandtschaft. Es versetzt sie in Angst und Schrecken, und sie werden transferieren. :-]